Thema: so nett neu
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Alt 15.10.2012, 18:23   #3
Walther
Gelegenheitsdichter
 
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lb. eky,

in der tat stellte sich die frage, als ich das gedicht postete, gehört das hier hin oder besser unter "experimentelles"? wenn ich dich richtig verstehe, dann wäre eine verschiebung wohl das richtige. ich werde das gleich einmal veranlassen.

für deinen eintrag habe ich übrigens vollstes verständnis. es ist nicht nur dein gutes recht, sondern aus deiner motivation und sichtweise heraus auch deine pflicht, diesen text zu verdammen. niemand stellt in abrede, daß dieser versuch ebenso ungewöhnlich wie experimentell ist. er füllt schlicht die form mit neuem inhalt. das ist so, als ob man eine beethoven symphonie mit einer rockband intonierte. nennen wir es einmal, freundlich beschrieben, "crossover lyrics".

umgekehrt, s. david garett, ist das erlaubt. coldplay konzertiert ist ein erlebnis. aber die anhänger des "alten", "gediegenen", "traditionellen" tun sich schwer damit, ihre geliebte form in neuem kleid, mit neuem schwung, mit elementen der moderne angereichert, zu lesen. sie sagen, das ist unnötiges rütteln am schönen.

ich stelle die frage: ist es das? ist nicht vielmehr richtig, daß vielen ihrer selbst geschriebenen gedichte etwas gestriges, mottenkugelhaftes, abgestandenes, seltsam muffiges anhängt? daß sie weder häufig außerhalb der engen zirkel gelesen noch für gut und zeitgemäß befunden werden?

nach vielen hundert versuchen in der traditionsform habe ich mich auf einen weg ins ungewisse aufgemacht. sicherlich werde ich immer wieder ein traditionelles sonett schreiben, wo es das gebietet und sich ergibt. aber ich nehme mir, da ich die form nun für mich erschlossen habe, die freiheit, sie neu auszugestalten und auszuleuchten. auf diesem weg werde ich einige meiner leser kopfschüttelnd zurücklassen. andere werden sagen - und tun das auch bereits - endlich einer, der es wagt, weil er es vermag. der die form beherrscht und ihr neuen, jungen glanz verleihen will. und der das gelegentlich sogar schafft, mag er auch dunkle momente haben, wo er total versagt.

sieh es einmal so und entspanne dich. auch du könntest mehr, als du dich traust. ich habe dir das schon einmal ins stammbuch geschrieben. sei mir bitte nicht zu böse, daß ich schon einmal damit angefangen habe, mich etwas zu trauen. und warte ab, wo das für mich und meine leser endet. der herr wird's wissen und weisen. von ihm ist oben übrigens die rede. denn das gedicht ist ja u.a. auch eine parabel. man muß sich nur auf es (und sie) einlassen.

lg w.
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Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
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Geändert von Walther (15.10.2012 um 18:26 Uhr)
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