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Alt 12.01.2017, 11:45   #6
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi nochmal!

Ich habe nochmals darüber nachgedacht und das Gedicht noch mehrmals gelesen und bin zu folgendem Schluss gekommen:

Das Werk würde in sich geschlossen am besten wirken, wenn du die erste Strophe mit den gegenläufigen Kadenzen ganz streichst!
S2 wird so zu einem wunderbaren Einstieg ins Winterbild und weist zugleich auf die immer verschiedenen und doch gleichen Abläufe der Jahreszeiten hin.

S3Z3 - Das "sich" würde ich durch "sie" (die Gedanken) ersetzen, es leist sich leichter, und der Bezug ist klar.

Und in der vorletzten Zeile würde ich die Wortwiederholung von "alt" vermeiden und "die kranke (sieche, krumme) Weide" schreiben, was auch zugleich nachdrücklicher das Bild von der Vergänglichkeit verstärken würde.

Also so:

Die Trauerweide

Früher Winter im November,
später Herbst in diesem Jahr,
goldne Sonne im September,
alles ist, wie's immer war.

Doch die Weide wird bald sterben,
tausend Jahre ist sie alt.
Wer wird ihren Platz beerben?
Was kommt nach der Urgewalt?

Kreisend drehen die Gedanken
sich ums Werden und Vergehn.
Auferlegen sie uns Schranken?
Was wird nach uns auferstehn?

Neue Eiszeit, neue Wüsten,
alt bleibt nur der Kreis der Zeit.
Und so ist die sieche Weide
Zeichen der Vergänglichkeit.


Das sind meine persönlichen Eindrücke, sie haben keinen Anspruch auf Unumstößlichkeit und stellen auch kein lyrisches Werturteil dar.

LG, eKy
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