Hi Angelika!
Ohne dich schulmeistern zu wollen, einfach nur als Fakt:
Nach der
klassischen Auslegung, da hast du ganz recht, sollten die Sonettquartette gleich reimen, nach
moderner Auslegung (seit ca. Rilke und Zeitgenossen) jedoch ist das kein Muss mehr. Aber schöner ist es - nach meinem persönlichen Geschmack - allemal. Allerdings muss ich gestehen, dass ich mir selbst oft genug diesbezüglich nicht die Mühe mache, weil das letztlich sprachlich doch sehr einschränkt, und das ist höchst hinderlich, wenn man etwas Bestimmtes aussagen und lyrisch auf den Punkt bringen will, ohne geschraubt zu wirken, so als hätte man sich den Satz für die Reime zurechtbiegen müssen.
Ebenso ignoriere ich die klassische inhaltliche Aufteilung der Thematik in:
1. Quartett: These - 2. Quartett: Antithese - Terzette: Synthese
Auch das finde ich letztendlich dichterisch zu abschnürend.
Zuletzt ignoriere ich sogar die Regel, nach der sich die letzten beiden Zeilen des letzten Terzetts nicht reimen dürften - den Dichtern des 18. und 19. Jhdts erschien dies wohl als unschön. Beim richtigen Inhalt empfinde ich dies aber durchaus als probates Mittel für eine inhaltlich wie klanglich gelungene Conclusio.
Du siehst, der moderne Dichter kann heute bis zu einem gewissen Grade wählen - und es bleibt dennoch ein Sonett.
LG, eKy