Thema: Sonett
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Alt 08.08.2016, 09:46   #17
Kokochanel
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Guten Morgen, Romantiker,


Ich möchte noch einmal etwas dazu sagen. Ich meine, deine Intention, höchst Niveauvolles in deinen Werken zu transportieren, zu erkennen und ich respektiere das. Aber gerade, da du dich ja auf linguistische Fakten und die Wissenschaft in der Literatur beziehst, sollte dir an diesen Fakten auch gelegen sein.
Ich habe jedoch den Eindruck, dass deine erklärenden Kommentare besser sind als die Werke, ich nehme Buddha und dieses einmal gemeinsam, weil du in deinem hohen gedanklichen Selbstanspruch und vielleicht auch in dem Anspruch, als niveauvoller Dichtender zu gefallen, eben für genau die wissenschaftlichen Fakten den Blick verlierst. Ich habe also die Hoffnung, dass unsere gemeinsame Kritik dich evtl. doch noch veranlasst,über die sprachlichen Schwächen nachzudenken.
Nehmen wir es einmal nicht als Sonett, denn es ist ja literaturwissenschaftlich keines, sondern als normales Gedicht und lassen auch die bereits monierten Metrikschwächen einmal außen vor.
Schau mal:


Die ewigen Blumen

Auf welchen himmelwärts strebenden Wiesen
wachsen in heißer Blüte Blumen der Hoffnung,
entrückt, verborgen an Hängen, die diesen
dunklen Räumen schenken uns ferne Erbauung ?

Du möchtest deinen Zeilen Pathos geben, das dem Inhalt angemessen ist. Dies versuchst du zu erreichen über Kettennebensätze, eingeschobenes Adjektiv, was das Ganze aber nur unübersichtlich macht. Der Kernsatz würde heißen:“ An welchen himmelwärts strebenden Wiesen wachsen…Blumen der Hoffnung, die diesen dunklen Räumen ferne Erbauung schenken.“
Durch die verschwurbelte Konstruktion fällt zunächst nicht auf, dass du im letzen Satz eine Inversion hast und zudem ein zweites Subjekt , nämlich „uns“. Dem linguistisch ungebildeten Leser mag das nicht auffallen und er sagt: Poh, toll! So’n langer Satz.“.
Faktisch ist es aber einfach falsch. Deine Erklärung zum „uns“ gut und schön, sie ändert nichts an dem grammatikalischen Lapsus.
Bei aller Freundlichkeit: den Literaturwissenschaftler möchte ich sehen, der SOWAS abnickt.





Blumen, niemals welkend, die keiner dir nimmt -
mögen Zeitenstürme auch toben und wallen -
dir sind glorreiche Blüten von Engeln bestimmt,
deren Lieder dir stets im Innersten hallen.

So wie es jetzt da steht, bezöge sich das „dir“ in Z. 3 auf die Blumen und dann wäre das PP falsch und müsste „euch“ heißen. Da auch vorher kein „Du-Protagonist“ aufgetaucht ist, steht das „dir“ ohne jeden inhaltlichen Bezug. Grammatikalisch gesehen.
Inhaltlich ist die Metapher schräg: wieso haben Engel Blüten? Normalerweise haben sie Harfen…




Ach, sind denn, jenseits von glühenden Sternen,
fernab von unsrem Versagen und Lernen,
die ewigen Auen uns fruchtbar und weit ?

Das wäre so ok.

Wer vermochte, ohne ein blindes Sehen,
rein und fest in diesen Reichen zu stehen ?
Doch jene Blumen sind immer für uns bereit.

Was ist ein blindes Sehen in diesem Zusammenhang? Entweder sieht man die Blumen und findet die Erbauung oder man sieht nix und findet den Garten Eden nicht.

Von einem Reich war vorher keine Rede. Welche „Reiche“ also?

Der Schluss mit dem „bereit“ ist zu simpel für den hohen Anspruch, der vorher gedanklich aufgebaut werden sollte. Außerdem weiß der Leser immer noch nicht, um welche Art von Blumen es sich da handeln könnte, da alles nur in Frageform dargeboten wird.

Deine Erklärungen führen dazu, dass man es mit buddhistischer Lehre, die ja auch viel optisch mit Blumen arbeiten, lesen soll. Das Gedicht aber bringt das nicht hervor.

Auf den ersten Blick jedoch ist es romantisch und nett.

Und damit setzt hier wieder die Frage des „Handwerks“ ein, die auch Erich K. und auch Thomas dir näher bringen wollten.
Versuche doch einmal, ohne jede negativen Gedanken über Kritik, dieses Gedicht so zu schreiben, dass es linguistisch in Ordnung ist und der Leser, der keinem buddhistischen Zirkel entspringt, es verstehen kann. Das wäre eine gute Basis für deine nachfolgenden Werke. Und könnte dich sprachlich wirklich weiter bringen.
Es ist schade, dass deine tiefen Gedanken an diesen mangelnden Komponenten scheitern.

Wohl meinende, linguistische Grüße von Koko
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