Moin Nachteule,
der Protagonist scheint einige Enttäuschungen erlebt zu haben, die sein Herz erkalten ließen und nun dementsprechende Vorsicht walten lassen zu wollen, auch wenn er nicht gänzlich abgeneigt ist, wieder jemanden in sein Herz zu lassen.
Deutlich aber ist die Angst vor einer neuerlichen Pleite herauszulesen, falls er dies tut, denn er ist zögerlich und zweifelnd, worauf er eindeutig hinweist.
Allerdings sieht er auch eine Chance, wenn dieser jemand es wirklich ehrlich meint.
Fazit:
Der Protagonist ist eigentlich noch nicht für eine neue Beziehung bereit, sieht aber eine Chance, das Vertrauen, zu dem er noch nicht in der Lage ist, mit der Zeit wieder aufzubauen.
Den ganzen Text durchzieht das Dilemma des Selbstzweifels wie ein roter Faden.
Zur Form wurden schon einige Anmerkungen gemacht.
Ich hätte konkret hier noch vier vorzubringen.
1. Ist die vierte Zeile mit Absicht trochäisch oder hast du nur eine Silbe vergessen? (Einen "Hebungsprall" zwischen "ich" und "muss" kann ich beim besten Willen nicht hinbekommen.)
Z4: Doch ich muss mit ihm für immer leben -
XxXxXxXxXx
Meines Erachtens passt das nicht so gut in den Fließtext.
Vielleicht: Ich muss mit ihm jedoch für immer leben = xXxXxXxXxXx
2. Die Formulierung in der achten Zeile mag mir überhaupt nicht gefallen, ich finde sie nicht nur unglücklich, sondern sogar falsch. Um den Gesamtzusammenhang nicht zu zerstören, zitiere ich sie im ganzen Satz:
Z6: Du müsstest meinen Schaden nicht beheben,
Z7: Dein Herz wird nicht in tausend Teile brechen
Z8:
Und brauchst es dann nicht leidend mühsam kleben.
Das geht so nicht, denn wir haben hier drei fast gleichwertige Sätze, die durch Komma und "und" voneinander getrennt werden.
Im dritten Satz aber fehlt das Subjekt, der kann sich nicht mehr auf das "Du" des ersten Satzes berufen, vor allem, weil sich das "kleben" ja nicht mehr auf den Schaden bezieht, sondern auf das "Herz" ("es") aus dem zweiten Satz.
Ich würde Z6 mit einem Punkt abschließen und Z7 + Z8 zu einer selbständigen Einheit ändern.
Zudem hört sich "brauchst" in diesem Zusammenhang ziemlich umgangssprachlich an und "leidend mühsam kleben" auch sehr konstruiert.
Vielleicht:
Drum ist mir große Vorsicht aufgezwungen,
den Schaden könntest du mir nicht beheben.
Dein Herz wird nicht in tausend Teile brechen,
du müsstest es nicht wieder mühsam kleben.
3. Die Doppelung von "So" am Anfang der neunten und elften Zeile finde ich auch nicht besonders glücklich.
Und wenn alle Zeilen schon auf Verben enden, dann sollte es die elfte auch, sonst ergibt das kein authentisches Bild.
Vielleicht:
So viele Scherben musste ich schon kitten.
Doch solltest du nach meiner Freude streben
Und es mit deiner heißen Liebe füllen,
Dann könnte ich es dir auch übergeben.
4. Ich habe mich jetzt eine Weile ausgiebig mit dieser Form beschäftigt. Dabei habe ich viele Texte und Übersetzungen gefunden, die im Block verfasst wurden und eben nicht in zweizweiligen Strophen.
Ich finde es auch ziemlich sinnlos, zweizeilige Strophen zu verfassen, die teilweise mit einem Komma oder Gedankenstrich voneinander getrennt sind.
Allerdings wäre diese Hürde mit den o.a. Vorschlägen auch genommen:
Du willst nach meinem kalten Herzen streben,
Damit die kleine Welt für dich erheben.
Dir werde ich es wohl nur kurz verleihen,
Ich muss mit ihm jedoch für immer leben.
Drum ist mir große Vorsicht aufgezwungen,
Den Schaden könntest du mir nicht beheben.
Dein Herz wird nicht in tausend Teile brechen,
Du müsstest es nicht wieder mühsam kleben.
So viele Scherben musste ich schon kitten.
Doch solltest du nach meiner Freude streben
Und es mit deiner heißen Liebe füllen,
Dann könnte ich es dir auch übergeben.
Bei einer Umsetzung in dieser Art hättest du ein sehr ansprechendes Ghasel, denn die Idee dahinter hat mir gefallen, ich konnte das sogar sehr gut nachvollziehen.
Gern gelesen und kommentiert...
Liebe Grüße
Bis bald
Falderwald