Hi, Agneta!
Ich bin ein Mensch und helfe anderen, indem ich den Knopf drücke. Dass es den Knopf gibt, ist einem gelangweilten Gott zu verdanken, keinem Menschen, der sich zum Gott aufschwingen will.
Natürlich ist es ein abstraktes Denkbeispiel, denn - so bin ich überzeugt - es gibt keine Götter, und wenn es sie gäbe, wären sie alles andere als vertrauenswürdig, und anbeten würde ich ohnehin keinen.
Man könnte diese ethische Frage auch anders formulieren:
Stell dir vor, du bemerkst, dass du Gedanken lesen kannst und Materie kontrollierst, also quasi unverwundbar und unsterblich bist - und dich bezüglich der Schuld der Täter nicht irren kannst!
Würdest du diese Gaben nutzen, um den religiösen und politischen Wahnsinnigen, den Triebmördern und Sadisten die Möglichkeit zu nehmen, ihr Tun fortzusetzen?
Oder würdest du dich hinter Argumenten wie "freier Wille" oder "Erziehung zur Selbsthilfe" verstecken?
Erklär diese Haltung dann mal einer von IS-Islamisten vergewaltigten Neunjährigen oder der Frau, die gerade gesteinigt wird, weil sie nicht genau drei Schritte hinter ihrem Ehemann herging, oder dem verwundeten Schwarzen, kurz bevor er von betrunkenen Nazis oder Ku-Klux-Klan-Rassisten zu Tode getreten wird? Was hält der russische Schwule davon, während er in einem "Umerziehungslager" in den Suizid gedemütigt wird? Die entführten Kinder, die in irgendwelchen Kellern tagtäglich missbraucht und hinterher entsorgt werden?
Die Kinder, die in den nächsten Minuten abgeschlachtet werden, weil ihre Eltern nicht ganz genau das Richtige glaubten?
Erkläre all den Millionen unschuldigen und hilflosen Opfern dieser nichtswürdigen Arschlöcher, die jetzt in diesem Augenblick Höllenqualen leiden und sich nicht wehren KÖNNEN, warum du den Knopf nicht drückst und ihr Leiden beendest, oder warum du, der du die Macht hast und dich nicht irren kannst, lieber philosophische Argumente totreitest und von zukünftiger Reife der Menschheit faselst!
Na, immer noch überzeugt? Nicht leicht, wie? Wer wirklich helfen will, kommt meist nicht darum herum, sich selbst die Finger schmutzig zu machen. Gäbe es keine Menschen, die dazu bereit sind - auch mit der Aussicht auf lebenslange Alpträume, es gäbe Hitlerdeutschland vielleicht heute noch, und es wäre so groß wie die Welt!
Diese Einstellung hat mich heuer eine Freundschaft gekostet - man befand sie als unerträglich für ein sensibles Gemüt. Da kann ich nur sagen: Wer SO sensibel ist, hat die Welt weder wirklich erlebt noch auch nur ansatzweise begriffen, wurde selbst nie wirklich zutiefst gedemütigt oder wirklich ernsthaft bedroht oder unterdrückt.
Romantiker ändern nichts, und Gutmenschen geben zwar ein Beispiel, aber das beeindruckt das Böse nicht, vor allem, wenn es glaubt, im Grunde "das Gute" und damit im Recht zu sein!
Mutter Teresa wäre im IS-Kalifat einem Anschlag zum Opfer gefallen oder ganz "offiziell" öffentlich hingerichtet worden - und fertig. Und kein Feingeist und kein harmoniesüchtiges Gemüt, kein Gebet und kein Flehen um Intervention hätte daran etwas ändern können.
Im Gegenteil: Um die Welt zu "beeindrucken" und zu schockieren, hätten sie diese Tötung sogar noch zelebriert, mit kameragerechter blutiger Folterung und einer "langsamen" Enthauptung mit dem Küchenmesser! SO sieht die wirkliche Welt da draussen aus!
Nein, ich bleibe dabei: Der Knopf muss gedrückt werden. Das mag hart und unmenschlich klingen, aber es ist die einzig mögliche menschliche Reaktion, wenn man wirklich etwas bewirken will. Gerade weil man mitfühlt.
LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.
Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Geändert von Erich Kykal (14.09.2015 um 19:45 Uhr)
|