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Alt 06.04.2014, 20:57   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
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Hi, Dana!

Das mit "faltig" und "Sein(e)" verstehe ich nicht, nein. Kannst du mir das bitte näher erklären?

Zum Gedicht:

Jede Strophe ist zugleich Beschreibung des Hinterhofes UND ein Gleichnis:

S1 - beschreibt die Träume der Menschen, versinnbildlicht durch die kleinen Räume, die sie bewohnen. Was für diese Räume bedeutet, bewohnt zu sein, ist für die Menschen, Sinn und Ziel im Leben zu haben.

S2 - beschreibt die Enttäuschung, die Selbstaufgabe, das Vegetieren von Menschen hinter diesen Mauern, versinnbildlicht durch die schlaffe Gardine auf der Wäscheleine.

S3 - Die Kaninchen stehen für die Fremdbestimmtheit, die Abhängigkeit der Menschen in der Stadt,wo sie leben wie - eben Kaninchen in Käfigen und Freiheit schon gar nicht mehr vermissen.

S4 - beschreibt das zähe Ringen um Leben, das Hoffen auf Besserung der Lage, auf Glück und Erfüllung trotz aller Fährnisse, versinnbildlicht durch das ärmliche Büschel Gras, das nicht aufgibt.

So spiegelt sich das Leben und Weben der Menschen in diesem Hinterhofbild.

Da denke ich noch an die Hinterhöfe meiner Kindheit: Diese rußigen, staubigen, zuasphaltierten oder wellig gepflasterten Lichthöfe, oder die etwas größeren mit Grasfleck und Wäscheleinen, oft mit dazugebauten Holzverschlägen oder kleinen Schuppen, die sich an die tristen Wände schmiegten, für allerlei Gerät oder Hobbies. Eigentlich ein bloßer Nutzraum ohne Idee der Wohnlichkeit dahinter, aber eben doch mit eigenem Charme, eigener Seele. Diese kleinen Räume boten ein verblüffendes Spiegelbild des städtischen Lebens, waren Teil der Stadt und doch irgendwie davon getrennt, eigenständige Enklaven, Fluchtpunkte vor Getriebe und Hektik auf den Straßen an der Außenseite der Gebäude. In meinen Ohren klingen noch das Vogelgezwitscher, das Taubengurren, das Rauschen in den vereinzelten zwergwüchsigen Bäumchen, das Kindergeschrei oder Weinen, das Klappern der Töpfe hinter offenen Küchenfenstern, der Duft nach Mittag in vielerlei Essensgerüchen, usw....

Heutzutage sehen die Hinterhöfe anders aus: Geradliniger, betonierter, aufgeräumter irgendwie. Flair und Charme der alten "Abseiten" ging vielerorts verloren.

Vielen Dank für deinen Kommi!

LG, eKy
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