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Alt 09.09.2013, 22:30   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Chris!

Eine ungewöhnliche Darstellung. Auch hast du das Gedicht - sehr wahrscheinlich versehentlich - doppelt eingestellt. Einfach das 2. löschen, eher jemand dort antwortet - dann musst du einen Moderator ersuchen.

Ich bringe die Verse mal in die klassische Form, so lassen sich Metrik usw. besser beurteilen:

Stille erbebt auf leiser Flur,
und Perlmutt unter den Gardinen Meines Wissens mit Doppel-t.
glimmt funkelnd auf in silberner Schnur, Flüchtigkeitsfehler?
erlischt erneut in goldenen Schienen. Verkürzung unnötig, liest sich so sogar runder. Was ist mit den "Schienen" gemeint?

Gleißende Strahlen zucken beladen, "Beladen" womit? Ohne Erklärung unbefriedigend formuliert.
winden sich funkelnde Spiegel entlang,
entladen erschallend in süßen Balladen Diese Zeile widerspricht dem Bild in Inhalt und Logik.
sich bebend, leis wölbend ins Hellrot hinan. Ist der beschriebene verhangene Raum oben hellrot?

Schöne, sehr lyrische Bilder. Allerdings sind die Zeilenauftakte indifferent:

Betont/unbetont/betont/unbetont - betont/betont/unbetont/unbetont

Auch die Kadenzen sind nicht regelmäßig:

männlich/weiblich/männlich/weiblich - w/m/w/m

Unflüssige Sprachfindung: Perlmutt unter - das hakt beim Vortrag.

Inhaltlicher Widerspruch: S1 beschreibt "Stille", nur optische Effekte tragen die Bilder. In S2 entladen sich gleißende Strahlen aber "erschallend in süßen Balladen" (wie geht DAS denn?). Diese Zeile würde ich anders gestalten, wenn es schon Balladen sein müssen, dann eher als Vergleich, mit "wie", oder: "entladen, als wären es süße Balladen," Mein Rat allerdings: Da das "beladen" in S2Z1 ebenfalls nicht optimal formuliert scheint, würde ich gleich ganz nach einem anderen Reim suchen.

Deutung: Ich sehe das Funkeln ersten Morgenrots, ersten Lichtes am unteren Saum eines zugezogenen Vorhangs am Fenster, wenn ein Schlafender erwacht. Wind bewegt den Stoff, Lichtlanzen zucken durch den Raum, vom glatten Boden reflektiert, blenden den Erwachenden, ihr Rhythmus erinnert an Gedichtformen. Warum sich allerdings das IN den Raum fallende Licht in der letzten Zeile plötzlich in ein Hellrot (wahrscheinlich DRAUSSEN) "hinanwölben" soll, geht mir als Bild nicht auf, auch das widerspricht der physikalischen Logik und dem roten Faden des Gedichtes, dem Weg des Lichtes IN den Raum hinein. Klar, beschrieben werden soll der sich hebende Morgen, aber hier geht es ja um das, was sich IM Raum, jenseits des Vorhangs, im Umkreis des Erwachenden abspielt. die letzte Zeile bricht jäh mit diesem Bild und beschreibt das Draußen - das kommt zu spät, zu kurz, zu übergangslos, wirkt eher wie ein Fremdkörper oder bleibt gänzlich unverstanden.

Insgesamt gerne gelesen, an Metrik, Sprachfluss, inhaltlicher Folgerichtigkeit und Dynamik solltest du aber hier an manchen Stellen noch arbeiten.
Und - so interessant diese undifferenzierte Aneinanderreihung der Zeilen (falls das tatsächlich so gewollt war...) auf den ersten Blick sein mag, sie erschwert nur den Lesegenuss, wirkt (auf mich) eher, als solle die Aufpfropfung solch einer Form etwaige Unsauberkeiten kaschieren, oder wie bloße Effekthascherei. Unnötig - ich würd's lassen.

LG, eKy
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Geändert von Erich Kykal (09.09.2013 um 23:06 Uhr)
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