Hallo Erich!
Junge, Junge... Also wir lesen uns ja schon seit Jahren immer mal wieder und eingangs schriebst du noch, du hättest mit Metrik und Form nicht sonderlich viel am Hut und was sich davon dennoch in deine Texte verirrte sei eben dort. Mittlerweile (ich führe das auf den natürlichen Wuchs deiner Geisteskräfte zurück) schreibst du Sonette welche nicht von schlechten Erichs sind und das in einer Textrubrik von der ich sehr viel halte. Die Metrik hab ich gecheckt, bin zwar besoffen, halte sie aber für einwandfrei, wenn's nach Form geht bevorzuge ich zwar durchgehend weibliche Kadenzen für Sonettverse, aber das sind persönliche Peanuts die nichts zur Sache tun. Auch eine gewisse Dialektik wohnt den Versen inne - welche beim Sonett ja gern gesehen wird - aber ganz ehrlich: was ist ein reger Geist ohne inhärente Dialektik? Ich glaube ja, dass ein gerüttelt Maß Dialektik einem gut verdichteten Text ohnehin meistens ganz von selbst anhängt und unterstelle daher nicht dass es deine bewusste Absicht war, eine Gegenüberstellung zweier Gefühlswelten vorzunehmen nur um irgend einer Form zu genügen. Nach ausladendem introduktivem Kauderwelsch nun aber zu meinem Grund hier das Kommentieren anzufangen: Eigentlich hörte ich eben ein Lied welches zufälligerweise "Shadow Hunters" hieß und dachte mir vielleicht schreibt der Erich ja was interessantes. Und ja, das tut er. Ich kenne mich relativ gut aus mit den Gefühlssieben von denen dein LyIch eines zu sein scheint, glaube ich. Es ist so einfach, eigentlich. Der Zusammenhang zwischen andauerndem Begehren und der Unfähigkeit Gefühle zu erhalten, ihren gesunden Nachhall im Inneren zu fühlen. Deswegen halte ich Psychologie auch nicht für eine Wissenschaft. Ein Blinder und Vollidiot könnte diesen Zusammenhang herstellen, macht nur irgendwie keiner - wieso war es für Clarice Starling z. B. so schwer, Lecters Frage nach Buffalo Bills Natur zu beantworten? Er begehrt... NATÜRLICH begehrt er! Aus verwehrten Wünschen folgen destruktive Impulse und wer keine oder kaum Gefühle hat beginnt halt, andauernd zu begehren. Und die, die die Fäuste nicht ballten gewinnen am Schluss jene Gefühle die der "Begehrer" wegen seiner - oft notwendigen - Destruktionen nicht erfahren hat dürfen. Und bei Borderlinern ist ja angeblich auch ein ganz wesentlicher Teil der "Libido" mit Aggressionen belegt und dissoziiert. Man muss - ich erwähnte es - kein Psychofritze sein um zu wissen, wie bei solchen Dingen der Hase läuft. Und also jagt man dem Schein - im Falle des Textes den äußeren Gestalten - nach. Es ist der letzte - wenn auch ziemlich kranke - Ausweg zerrütteter Psychen: sich in der Wahrnehmung des anderen selbst zu konstruieren. Man spielt ein falsches Selbst vor und hat das Gefühl es zu sein wenn andere einen als jenes Wahrnehmen. Man sucht sich selbst in den spiegelnden Augen der Mitmenschen. Eigentlich ekelhaft. Aber einfacher denn je, durch die medialen Möglichkeiten. Kragenechsen. Die werden ganz leicht wütend wenn man ihren Kragen knickt, wenn man ihren Schein widerlegt. Die haben nichts als Schein. Eigentlich lustig. Kann man zum spielen verwenden. Wenn man weiß, wo man beim Narzissten draufdrücken muss damit er schreit, hat man - wenn man's nicht übertreibt - eine exklusive Bespaßungsquelle im alltäglichen Umgang. Wobei... Eigentlich kann man's übertreiben wie man lustig ist. Passiert ja doch nix Schlimmes. Und ganz ehrlich: Wer die Fäuste nicht ballt bleibt so lange glücklich bis er eine sitzen hat. Mobbingopfer können davon wahrscheinlich Lieder singen. Oder Gedichte. Das ganze Dilemma folgt allein aus der Inkonsequenz. Die, die ihre Fäuste nicht ballten werden wahrscheinlich - auch wenn sie es nicht zugeben - Interesse an der Rücksichtslosigkeit und Selbstüberzeugung, Kampfbereitschaft, etc. der Kämpfernaturen haben (und, sofern reflektiert, zugeben müssen dass ein gewisses Maß davon sogar lebenswichtig ist), werden beeindruckt sein von Furchtlosigkeit und Freiheit von Trauer. Die ganz Harten werden sadistisch wann immer sie sehen dass irgendwer tiefere, "echtere" Gefühle hat als sie. Es ist daher ziemlich schwer sich zwischen den erbärmlichen Polen des Menschseins zu entscheiden. Whiskey ist daher meine Empfehlung.
Cheers!
Skarak
P.s.: Man könnte es ja mit Ausgleich, Gleichmut, Mittelweg und solchen Sachen versuchen... Ja, aber die sind langweilig.
Geändert von Lord Skarak (17.03.2013 um 22:47 Uhr)
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