Thema: Der Apfelbaum
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 21.12.2012, 21:51   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.910
Standard

Hallo Christian,

aha, das ist jetzt ein Neues?

Nun denn, dann schauen wir uns das mal an:

Zitat:
In meinem Traume steht kokett,
Ein Apfelbaum vor meinem Bett,
In goldnes Sonnenlicht getaucht so warm,
Der Morgentau verraucht.
xXxXxXxX
xXxXxXxX
xXxXxXxXxX
xXxXxX

Die Einleitung ist ganz nett, auch wenn in der letzte Zeile kein Reim vorhanden ist.
Haben wir in den ersten beiden Zeilen einen vierhebigen Jambus, so findet sich in der dritten Zeile ein fünfhebiger und in der vierten ein dreihebiger.
Ok, das können wir durchgehen lassen, es gleicht sich gewissermaßen aus.

Zitat:
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm rollt her zu mir, prangert mich an,
Ich packe ihn, tu ihn zerteilen und ihn genüsslich einverleiben,
Erhebe mich aus meinem Bette und wandere zu der Toilette,
Die Krähenfüße im Gesicht werden gallant schnell weggewischt.
xXxXxXxXxXx X,X xxX (Hebungsprall und Metrikfehler)
xXxXxXxXxxXxXxXxXx (Metrikfehler)
xXxXxXxXxxXxXxXxXx (Metrikfehler)
xXxXxXx XX xxXxXxX (Hebungsprall und Metrikfehler)

Warum du da jetzt nicht zwei Strophen draus gemacht hast, will sich mir nicht wirklich erschließen, auch wenn wir es hier zum größten Teil mit unreinen Reimen zu tun haben.
Außerdem gerät die Metrik auf diese Weise hier an einigen Stellen total aus dem Takt.

Wieso beginnt es mit "der Apfel"?
Ist das ein bestimmter Apfel oder sollte es nicht besser heißen "ein Apfel"?

"tu ihn zerteilen und..."
Was ist das für ein Deutsch?
Mein Deutschlehrer hat in der Grundschule schon gesagt, ich soll nicht "tuten".

Was der Toilettengang und die beseitigten Krähenfüße mit dem Thema zu tun haben, will sich mir auch nicht erschließen.

Zitat:
Ich schleich zurück dann in mein Zimmer,
Oh Wunder, da steht der Baum noch immer, (Nur "O" an dieser Stelle, ohne "h")
Lächelt mir schelmisch ins Gesicht,
Mein Erstaunen, Stört ihn nicht.
(Was soll das Komma hinter "Erstaunen", warum ist "Stört" hier groß geschrieben?

xXxXxXxXx
xXxxXxXxXx (Metrikfehler)
XxxXxXxX (Metrikfehler)
XxXxXxX

An der Metrik hapert es auch in dieser Strophe.
Zwei mal Jambus, in der zweiten Zeile mit Fehler, zweimal Trochäus mit Fehler in der dritten Zeile (s.o.)

Na ja, wenn der Apfelbaum da vorher vor dem Bett gestanden hat, warum sollte er dann nach der Rückkehr nicht mehr da stehen?
Das geschieht ja schließlich alles noch im Traum, inklusive des Toilettenganges aus der vorherigen Strophe.
Etwas ulkig allerdings erscheint mir die Vorstellung, von einem Baum angelächelt zu werden. Daß er sich hingegen am Erstaunen des Protagonisten nicht stört, ist, so denke ich, zwangsläufig.
Das machen Bäume eigentlich nie.

Zitat:
Nun wach ich auf von meinem Traume, (schlechtes Deutsch: "aus" meinem Traum, warum "Traume"?)
Ha, da steht der schöne Apfelbaume, (warum "Apfelbaume"?)
In der Ecke sanft im Topfe und wartet auf den kühlen Tropfe, (auch das ist nicht schön, "Topfe" und "Tropfe")
Der Kanne auf dem Fensterbrett. (warum "Der" groß?)
xXxXxXxXx (Jambus)
XxXxXxXxXx (Trochäus)
XxXxXxXxxXxXxXxXx (Trochäus, Metrikfehler)
xXxXxXxX (Jambus)

Dieser willkürliche Wechsel der Rhythmen ist nicht besonders prickelnd.

Aha, und jetzt erwacht der Protagonist aus einem Traum und siehe da, da steht tatsächlich ein Apfelbaum und zwar in einem Topf.
Und der wartet jetzt auf einen kühlen Schluck aus der Kanne.

Das ist also jetzt die Conclusio, auf die der Leser mit Spannung gewartet hat.

Auf mich wirken Ausführung und Inhalt nicht besonders überzeugend. Lediglich die Grundidee mit dem Apfelbaum hätte Potential gehabt, wurde aber nicht zufriedenstellend ausgebaut.
Die Bewertung des Textes überlasse ich jetzt mal deinem eigenen, gesunden Menschenverstand.

Fazit: Im Westen nichts Neues...


In diesem Sinne gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten