Hi, Antigone!
Ein sprachlich gediegenes Werk, bis auf S1Z6 - die Inversion dort wirkt unschön. Mögliche Alternative: "geschweige, dass Vernunft
uns endlich lacht."
Was mir bei deinem Dichtstil auffällt (zumindest erscheint es mit zuweilen so), ist, dass er oft recht moralisierend klingt, wie eine philosophische Vorlesung an der Uni oder ein Vortrag, den man schlecht erzogenen Kindern hält. Ein wenig oberlehrerhaft eben.
Ich darf das sagen, weil ich früher ähnlich geschrieben habe - bis ich merkte, dass die Menschen die Lektion viel eher schlucken, wenn man sie quasi "mitnimmt", emotional und ihre vielleicht andere Gedankenwelt respektierend, als wenn man ihnen den nassen Lappen ungeliebter Wahrheiten klatschend um die Ohren haut!

Du verstehst, was ich meine? Keiner hört Moralisierendes gern, man verpackt es besser in Geschichten, mit deren Helden oder Antihelden sich der Leser identifizieren kann oder möchte. Oder man stellt es als Frage in den Raum, aber ohne sich als Mahner quasi als besseres, moralisch überlegenes Wesen hinzustellen. Die Leser tendieren dazu, das so zu sehen, selbst wenn es beileibe nicht so gemeint war.
Du schwingt - zwar sehr gekonnt, aber leider oft allzu deutlich - den moralisch erhobenen Zeigefinger eines Lehrer Lämpel...und du weißt, wie sehr Max und Moritz, die Allzumenschlichen

, das respektiert haben, oder?

Das alles soll jetzt kein Vorwurf sein - das Gedicht ist sehr gut. Es ist nur ein stiller Rat zur Güte von einem, der es mal genauso gemacht hat.
Sehr gern gelesen!
LG, eKy