lieber erich,
oh, das kenne ich:
manche nächte halten einen besonderen zauber für uns bereit!
dunkelheit schärft die sinne - das hineinspüren in das unbekannte gelingt nächtens viel eher.
tagsüber erschlagen uns oft die visuelle reize und rauben der intuition ihren raum.
kein wunder also, dass sich das Lyrich seiner "nachtseele" stärker verbunden und mutiger fühlt, wenn, nach dem wegfall der maskerade des tages, das enge korsett des ichs sich weitet , nicht mehr den weg diktiert....
die nachtseele ist näher am schmerz, näher an der wahrehit, näher an ihrer tiefen urangst (albtraum), aber auch näher an ihrem mut, ihrem ur-vertrauen.
warum fühlen wir das wohl so?
unser leben hat in einem dunklen raum begonnen. dort waren wir geborgen und sicher.
die nacht, als wiederholung dieses ersten dunkels, verbirgt und schützt uns und lässt wesentliches deutlicher werden: nirgendwo sonst ist licht unmittelbarer zu erkennen.
die lichtvermutzung moderner städte lässt die sterne verblassen - und mit ihnen verblasst unser staunen über die unendlichkeit des universums.
auch das lyrich ahnt sein "versagen" am morgen.
wie sagte doch r.m.rilke?
"ich glaube an nächte" .
aus gutem grunde, wie mir scheint.
hab dein wunderbares gedicht,
in der hitze eines heißen tages gelesen
und mich daran erfrischt!
lg, larin