Thema: Verblassen
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Alt 23.06.2012, 17:52   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus Erich,

das ist ein sehr schönes Sonett und liest sich richtig fluffig, so wie ich es gern mag.

Bei der Beschreibung des Protagonisten in den Quartetten und im ersten Terzett gehe ich vollkommen mit, allerdings hadere ich ein wenig mit der ausgehenden Schlussfolgerung.

Zitat:
sind wir im Sein doch Augenblicke nur
Sind wir das wirklich?

Die alten Philosophen wähnten den Menschen noch in der Zeit, Immanuel Kant jedoch hat in seiner Philsophie schlüssig bewiesen, daß die Zeit nur in uns existiert.

Die Zeit ist unendlich, sie besitzt keinen Anfang und kein Ende und eine sogenannte objektive Gegenwart gibt es nicht, denn kaum ist ein Moment oder Augenblick gekommen, so ist er schon wieder Vergangenheit.

Wir können die Zeit gar nicht richtig messen, sondern wir orientieren uns dabei lediglich an Bewegungen und Veränderungen.
Und genau das ist es, was wir im Gegensatz zum Tier bewusst erleben, so daß nur wir Menschen eine Vorstellung von dem Kontinuum Zeit besitzen, was wir an relativen Dingen festmachen.

Ich könnte mir vorstellen, daß ein Lebewesen, egal ob es nur Tage oder Jahrhunderte lebt, seine Lebensspanne als genau so kurz oder lang ansehen würde, wie ein Mensch, wenn es das bewusst empfinden könnte.

Es ist ein Zyklus, der sich ständig wiederholt und ich denke, daß die Amsel in meinem Garten genau dieselbe ist, die schon vor 2000 Jahren einem Römer ihr Liedchen geträllert hat.

Und da Zeit keinen Anfang und keine Ende besitzt und damit ewig währt, so muss jeder individuell bemessene Zeitraum für sich schon eine einzigartige Ewigkeit darstellen.

Wenn irgendetwas oder irgendjemand aufhört zu existieren, so hört auch die Welt, so wie sie war, auf zu existieren.

D.h., in jedem Augenblick verändert sich die Welt, weil etwas geboren wird oder seine Existenz aufgibt und sich somit die Bedingungen ändern, wenn auch meist nur unwesentlich.
Meine subjektive Gegenwart aber, die besitze nur ich und die kann mir auch niemand nehmen.

Auch 1000 Jahre nach meine Tod nicht...


Auf jeden Fall ist dir hier ein nachdenkliches und schönes Sonett gelungen, auch wenn es mich zu einem Einwand führte.


Gerne gelesen und kommentiert...

Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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