liebe larin,
ich hoffe, du nimmst mir meine (meiner momentanen verfassung geschuldete) etwas patzige und vor allem abwehrende reaktion nicht übel.
ich hatte gar nicht dran gedacht, dass es dir bei deinen anmerkungen tatsächlich um konkrete richtlinien für eine vertonung ging... meine schuld. entschuldige bitte. (ich bin froh, dass wir das per PN klären konnten. danke.)
ich hab also versucht, es so umzuschreiben, dass das betonungs-schema wie von dir vorgeschlagen w-m-w-m pro strophe nun durchgängig ist. dadurch sind jetzt zwei versionen entstanden. in der nicht-lied-version gefällt mir einiges, auf das ich jetzt klanglich verzichten musste durch die umstellungen.
also hab ich mich entschieden, beide versionen zu "behalten". hier also die w-m-w-m-version für eine vertonung (die strophen-nummern lass ich gleich dabei. das erleichtert die diskussion, denke ich):
1
Rapunzel und Quendel, die beiden
flocht er seiner Liebsten ins Haar
mit seidenem Bändel. Sie leiden
mocht er gar so gern schon vier Jahr.
2
Als Unterpfand warn sie gegeben,
bis er käm zurück aus der Wand.
Zu tauschen für Blümchen sein Leben,
das er dort bewahrt mit Verstand.
3
Noch jedesmal wirkte die Gabe -
kehrt unversehrt er zu ihr heim.
Entronnen dem felsigen Grabe,
bezwang er den Berg ganz allein.
4
Der Lenzmond war kaum noch vergangen,
zog's dieses Jahr ihn schon hinaus.
Die nördliche Wand wollt begangen,
gespürt werden Windes Gebraus.
5
Welch herrlicher Duft dort vom Gipfel!
Schon hielt's ihn nicht länger im Tal.
Zog's hoch ihn hinauf über Wipfel.
Die Liebste, sie fleht tausend Mal.
6
Dass er doch dem Berg fern möcht bleiben.
Noch blühten die Blümelein nicht
und sie wollt und könnt es nicht leiden.
Zu schwer wög noch Eises Gewicht.
7
Ein kleinster Fehltritt nur bräche
das Schneebrett vom dürftigen Halt.
Beschwor sie ihn, dass er verspräche,
zu zwingen den Drang mit Gewalt.
8
Zu warten, bis er ihr könnt flechten
Rapunzel und Quendel ins Haar,
dass diese an liebschwörten Nächten
die letzte nun ihnen nicht war.
9
Der Jüngling, er hört's wie ein Rauschen,
nicht rührt ihn, berührt ihn ein Wort,
galt längst Wiesmahdeisen sein Lauschen -
dem Geräusch ihrer Tritte, weit fort.
10
Von Rapunzel und Quendel, versprach er,
zu brocken ihr dicht einen Strauß,
wär er erst zurück. Und so brach er
zur Wand auf, nach Gipfelluft aus.
11
Es trieb ihn, als säß ihm im Nacken
des Irrsinns unbändiger Drang.
Schon ragt hoch empor Nordwands Backen
aus grauem, geröllschwerem Hang.
12
Die Knöchel zerschunden, zerrieben,
von schneidendem Eiswind gequält,
hat's hoch ihn und höher getrieben,
hat tollkühn sein Ziel er erwählt,
13
den Backen aufs Mal zu besteigen -
kaum Umweg scheint's ihm auf dem Pfad
zum Gipfel - doch er will zu eigen
sich machen den Felsdorn am Grat.
14
Als erster will droben er stehen,
sein Zeichen dem Stein eingraviert.
Da sieht er Rapunzel leis wehen,
das noch seine Liebste nicht ziert!
15
Schon streckt er sich lang, es zu greifen.
Zwei Handbreit entfernt steht's ein Stück
zu weit. Und den Zorn fühlt er reifen,
Vernunft weicht dem Trugbild vom Glück.
16
"Rapunzel - 's ist mein!" Er wird kühner:
"einmal nur riskiert zählt's wie keins!"
So steigt er und greift ungestümer.
Schon wähnt er das Pflänzelein seins.
17
Da bröckelt's und kracht's unter Sohlen!
Er rutscht, ruckt, die Hand greift - vorbei!
Und als ihm fährt ein, was befohlen
einst Lieb und Vernunft, tönt sein Schrei.
18
Er selbst hört den Hall und im Fallen,
da schilt er sich noch für den Stolz.
Zu spät - denn schon bersten im Prallen
auf Grund ihm die Knochen wie Holz.
19
"Rapunzel..." - sein letzter Gedanke
"...und Quendel flecht nie mehr ich ein".
So ward ihm das Blümlein zur Pranke,
zur Teufelskralle im Stein.
liebe grüße und - nochmals - nix für ungut.
deine fee
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"Gedichte sind Geschenke an die Aufmerksamen" Paul Celan
Geändert von fee (12.03.2012 um 19:20 Uhr)
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