Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 24.12.2011, 15:14   #3
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard

Hallo, wüstenvogel,

Zitat:
ein herrliches Gedicht über die Kunst des Dichtens!

Jede Zeile atmet Poesie, verzaubert, berührt.
Vielen, herzlichen Dank!

Zitat:
Die Sprache ist das wichtigste Werkzeug, das den Menschen mit-(gegeben) wurde.

Deswegen finde ich es auch immer wieder faszinierend, wenn ich ein erstes Schuljahr bekomme und die Kinder das Lesen und das Schreiben lernen.
Ich stimme dir vollkommen zu, denn es ist die Sprache, die Lyrik und Poesie ermöglicht. Ob nun gesprochen, gesungen oder geschrieben - und in allen Kombinationen. Und es ist faszinierend, dass wir heute, dank der Schrift, jahrtausendealte Werke lesen können.

Lesen und schreiben eröffnet eine "Welt", und ein "Reich der Fantasie", denn Bilder, seien es auch "bewegte" (Filme) sind "statisch" und lassen keinen Raum dafür. Daher bin ich kein großer "Fan" von Film und Fernsehen. Beim Lesen kann ich meiner Fantasie freien Lauf lassen und mir alles "selbst vorstellen", während ein Film lediglich etwas "vorgibt", dem ich zu folgen habe. Außerdem mangelt es Filmen auch an Feinheiten und Details, die für mich eine Geschichte erst "rund" und interessant machen. Wie sollte man in einem Film beispielsweise Gedanken und Gefühle "sprechen" lassen? Das kann, bestenfalls, nur kurz "angedeutet" werden, da der Film sonst endlos lang würde. Unmöglich, ein Buch wirklich zu verfilmen.

Zitat:
Eine kleine Anmerkung noch zu deinem wunderschönen Gedicht:

Ich finde, es wäre leichter zu lesen, wenn man die Zeilen kürzer machen würde, weil du oft zwei Gedanken in einer Zeile beschrieben hast.

Vorschlag:

Zauber der Dichtkunst
in zeitloser Schönheit fließt du in Worten
spinnst Gedanken zu goldenen Fäden
um Kleider zu weben
von Gedichten getragen
die das Auge blenden
mit Tränen füllen
gebannt von der machtvollen Sprache
der Gabe des Dichtens.....

Der Inhalt bliebe erhalten (muss er auch!), aber der Lese- und Gedankenfluss
würde leichter strömen, schneller in die Seele fließen.
Ich habe hier ein ganz bestimmtes Versmaß verwendet: Den "epischen Hexameter", in seiner deutschen Variante (Klopstock war hier der "Wegbereiter", dieses Versmaß der deutschen Sprache "anzupassen", anfangs wurde er deswegen sogar heftig kritisiert). Später "etablierten" Goethe und auch Schiller dieses Versmaß (z. B. Goethe, in seinem Jugendwerk "Reineke Fuchs", in "Hermann und Dorothea" oder Schiller, der das antike Versmaß Distichon häufig und gerne verwendete (Distichen bestehen aus einem Hexa- und einem Pentameter). Beide "lösten" auch die "starre" Vorstellung auf und verwendeten den Hexameter beispielsweise auch philosophisch, in Fabeln und Dergleichen).

Ich wählte dieses Versmaß bewusst, in Anlehnung an dessen "ursprüngliche Verwendung" und schrieb hier eine kleine "Hymne" an die Dichtkunst. Der Hexameter hat etwas "Weihevolles" und verleiht einem Inhalt entsprechend mehr "Bedeutsamkeit".

Wobei du natürlich recht hast: Der Hexameter ist nicht leicht zu lesen, besonders ein langer Text (ich las kürzlich Homers "Odysee" ) erfordert Konzentration und "Durchhaltevermögen". Deshalb hielt ich es hier auch "kurz", denn ich hätte da noch viel mehr darüber sagen - können.

Das nur zur Erklärung, warum die Verse so lang sind. Ein Hexameter besteht aus daktylischen Versfüßen, ist ohne Auftakt und besitzt generell 6 Hebungen, das Versende ist immer zweisilbig. Besonders lang wird ein Vers, wenn er aus "Holodaktylen" besteht:

Zitat:
spinnst die Gedanken zu goldenen Fäden, um Kleider zu weben,
XxxXxxXxxXxxXxxXx - 17 Silben

Die Sprache des antiken Griechenlands war anders beschaffen als die deutsche. Dort orientierte man sich an "langen und kurzen" Silben, jeder daktylische Versfuß konnte durch den "Spondeus" ersetzt werden. Das "funktioniert" im Deutschen nicht. Die deutsche Sprache ist trochäisch, und man spricht von "betonten und unbetonten" Silben. Daher variierte Klopstock das Versmaß und passte es unserer Sprache an. Statt Spondeen (die im Deutschen extrem selten sind) können statt Daktylen Trochäen verwendet werden - allerdings nach "Regeln". (Das verhindert beim deutschen Hexameter ein "Leiern", denn reine Holodaktylen klingen in unserer Sprache sehr "monoton"):

Zitat:
Schlichtes zum Meisterhaften; gestaltest und schmiedest den Rohling,
XxxXxXxxXxxXxxXx - 16 Silben

Zitat:
Hilf mir, die Demut vor deiner Schönheit nicht zu vergessen:
XxxXxxXxXxXxxXx - 15

Ich persönlich nehme mir auch die "Freiheit", Zäsuren und Dihäresen dem "Sprachfluss" anzupassen, denn auch deren zu strenge Regelung ist eher geeignet, diesen zu "hemmen", anstatt ihn wirklich zu unterstützen (was aber nur meine ganz persönliche Meinung ist).

Zitat:
Vielleicht kannst du damit nichts anfangen, was auch okay wäre.
Doch, ich kann damit durchaus etwas anfangen. Ich finde es sogar sehr interessant, deshalb werde ich auch eine entsprechende Variante oben zum Gedicht mit einstellen. Ich experimentiere sehr, sehr gerne, und würde daher auch gerne einmal "testen", wie der Inhalt in anderer Form "wirkt". Das kann aber ein, zwei Tage dauern, ich muss mich da zunächst "einfinden".

Zitat:
Doch letzten Endes wirkt ein Schmuckstück immer -
egal in welcher Fassung!
Ich freue mich wirklich sehr über dein Lob! Noch mal ein herzliches Dankeschön.

Liebe Feiertagsgrüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten