Thema: kulturclown
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Alt 16.12.2011, 19:04   #2
Stimme der Zeit
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Hallo, wolo,

wenn der Titel nicht wäre, könnte man das Gedicht auch "übertragen" - z. B. auf die Politik, auf die Wirtschaft, auf die Gesellschaft ...

Hier lässt mich das Wort "Kultur" den Inhalt "kulturell bezogen" sehen. Kultur, ja, was ist heute noch deren Stellenwert? Gute Frage, nächste Frage.

Ich wollte gestern spätabends noch kommentieren, war aber dann doch zu müde. Daher weiß ich, dass du in Strophe 1 ein Wort geändert hast - gute Wahl. Jetzt denke ich an leere Theater, Kunstausstellungen, Konzerthallen und, und, und ...

Der "übergroße Schuh". Dient er symbolisch für den Versuch, mit der "alten Größe" mitzuhalten? Scheitern die heutigen Künstler daran, wenn sie ihn sich anziehen, obwohl er "zu groß" ist? Das Problem ist (meiner Meinung nach) nicht der Schuh. Die "neuen Füße" sind zu klein.

Ich las davon, dass jemand einen Hundehaufen mit Plastik überzog und ihn auf einen Stuhl legte. Das ist dann heute das, was Kunst genannt wird. So kann der Schuh nicht passen.

Kunst kommt von Können, nicht von Wollen, sonst hieße sie Wunst. Ich verstehe darunter, dass Talent alleine nicht genügt - es gilt zu lernen, um etwas aus ihm zu "machen". Ich hätte kein Problem, in den Park zu gehen, einen Hundehaufen aufzusammeln, mir im Internet Plastikgranulat zu besorgen, es im Backofen zu schmelzen, den Haufen damit zu überziehen, mir einen Stuhl zu kaufen und das Ding darauf zu legen.

Was also ist Kunst? Was nicht jeder kann. Das oben Beschriebene kann jeder - man kann das Granulat ja auch im Hobbyladen kaufen, falls kein Computer vorhanden ist. Nein, mir geht es da ums Prinzip. Für "Hundehaufenkunst" braucht es nicht mal ein Talent. Darin kann ich beim besten Willen keine Kunst sehen.

Irgendwann gehen da die Lichter, die ohnehin schon sehr trübe flackern, wohl vollends aus. Strophe 3 beschreibt das sehr anschaulich.

Wenn ich das Gedicht auf meine anderen, oben erwähnten Beispiele beziehe, dann steuert alles auf genau das gleiche Ende hin: Mangels "Gleichgewicht" taumelt der Clown, findet es aber "kurz" noch mal wieder, und "jongliert" weiter mit den "Bällen". Das klappt aber trotzdem nicht richtig, mit den "Flugbahnen" stimmt etwas nicht, denn sein "Schwanken" lässt diese "mitschwanken". Da hilft es auch nicht, wenn der Clown sich "hinsetzt". Er macht, je länger die Vorstellung dauert, eine immer "schlechtere Figur", bis es dann heißt: Licht aus, die Vorstellung ist beendet. Alle gehen nach "Hause" ...

Einer hat's, wie immer, später als die Anderen kapiert - und noch kurz gelacht, bevor es dann auch zu ihm durchdrang.

Und, wenn es endgültig Nacht wird, dann wird es (zwangsläufig) auch wirklich finster - für uns und unsere Welt.

(Ich könnte natürlich auf jede einzelne der angeführten Interpretationsmöglichkeiten eingehen, aber ich denke, du weißt schon, dass ich den Inhalt verstanden habe - das würde hier zu weit führen, der Kommentar würde "buchstäblich endlos", denn da gäbe es endlos viel dazu zu sagen ...)

Hier ist der fünfhebige Jambus eine gute Wahl, einen Fehler konnte ich nicht finden. Die Stilmittel sind gut gewählt, nicht zu viel, nicht zu wenig. Besonders gefällt mir Vers 2 in Strophe 2, in ihm sind die "Pausen" synchron zum Inhalt gesetzt:

Zitat:
er stolpert..., federt ab...., bleibt doch stabil
Daher für das Gedicht ein doppeltes Lob, formal und inhaltlich!

Sehr gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
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