Thema: Dezembernacht
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Alt 09.12.2011, 10:54   #6
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asphaltwaldwesen
 
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das ist total spannend zu lesen, liebe chavali!

gleich die erste strophe packt so richtig und verwebt einen mitten in die szenerie. super gemacht! sowas les ich total gern.

ich gestehe: mit dem rythmuswechsel in der zweiten strophe hab ich etwas gekämpft. und zwar nicht, weil der total anders war, sondern weil ich das metrum der zweiten zeile als zu stark aus der reihe tanzend empfinde.

alle anderen strophen nämlich sind in sich sehr rund und geschlossen. diese hier wirkt wie ein fragment und ich verliere beim lesen kurz die orientierung.

eine winzige änderung nur - für mein gefühl - würde diesen "interruptus" beseitigen, ohne der strophe von ihrem bewusst gewählten "richtungswechsel im stimmungsklang" zu nehmen. dann wär sie in sich runder, aber dennoch "anders" - wie gedacht:

Zitat:
Zitat von Chavali Beitrag anzeigen
Die Eule jagt. Ein kalter Wind
weht von Nordost. In dem dünnen Im dünnen
alten Mantel frierts mich. friert es
Was ist mir erinnerlich?
mich wirft einfach der hebungsprall (tolles wort. hab ich unlängst erst gelernt ) in zeile 2 zu stark aus dem ansonsten so schönen metrum.

dann läse sich die strophe jetzt

xXxXxXxX
XxxX xXx
XxXxXxX
XxXxXxX
XxXxXxX

anstelle von

xXxXxXxX
XxxX XxXx
XxXxXX
XxXxXxx

was meinst du?

auf jeden fall ist aber das gedicht einmal so richtig schön stimmungsbild-webend. dicht, atmosphärisch und vom spannungsbogen her schön aufgebaut. gleich mittenrein in der ersten strophe - um dann aufzulösen, welch "leises" werden sich da abspielt.

und wer kennt es nicht, dass er später die worte nicht mehr findet, die im moment des erlebens so intensiv da waren? so, als wären sie mit der flüchtigen situation des intensiven erlebnisses mit entschlüpft. das finde ich hier sowas von schön verwortet.

noch dazu, wo ja das lyrIch sehr wohl einzufangen vermochte, was da so stark wirkte. "was ist mir erinnerlich?" ist eine so schöne frage, die das verinnerlichte des erlebnisses thematisiert. und das drückt sich auch in den vom lyrIch als solche empfundene "fragmenten" aus. egal, ob da jetzt konkrete details "fehlen".

hier sinds also zwei geschichten/prozesse in einem. find ich gleich nochmal toll!

sehr sehr gerne gelesen. hebt sich ausgesprochen erfrischend und spannend von vielem ab, das ich so in letzter zeit lese. für mich ein ganz großer wurf, dieses gedicht!


liebe begeisterte grüße,

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