Guten Morgen, liebe Chavi,
das "Schöne" an einem Ritornell ist, dass es sehr wenig "Vorschriften" gibt. Im Grunde nur zwei: 1.) Der erste Vers muss kürzer sein, als die anderen beiden (darf auch nur ein einziges Wort sein) und 2.) Der erste Vers und der dritte müssen sich reimen, während der mittlere eine "Waise" ist.
(Das betrifft jetzt nur das Ritornell.)
Da gibt es zwar "bevorzugte" Versmaße und Silbenzahlen, aber es ist gar nichts "vorgeschrieben", im Grunde genommen nicht mal ein "einheitliches" Versmaß.
Eine Terzine besteht aus "Kettenreimen", wobei der mittlere Vers also keine Waise ist, sondern sich immer mit den "umarmenden" Reimen der nachfolgenden Strophen reimt. Das wäre dann: aba, bcb, cdc u.s.w.; dabei wird traditionell ein jambischer Fünfheber mit alternierenden Kadenzen verwendet.
Wenn ich mir die "Freiheit" nahm, das zu "mischen" (indem ich mir aber die "Freiheit" nahm, die "Waisenzeile" zum Reim zu machen), dann finde ich die Idee, hier ohne Reime zu arbeiten, sehr interessant und kreativ. Also, mir gefällt's!

Denn ich sage mir immer: Jede Gedicht- oder Strophenform, jedes Reimschema war mal "ganz neu", denn jemand hat es sich ausgedacht, stimmt's? Die Dichtkunst hätte sich doch nie weiterentwickelt, wenn nicht immer wieder jemand etwas "Neues" eingebracht hätte. Etwas Bestehendes zu variieren bzw. weiter zu entwickeln oder etwas ganz Neues zu erfinden, das ist doch etwas sehr Schönes, und bereichert meiner Meinung nach die "Welt der Gedichte".
Also: Es gibt keine "zu geringe Silbenzahl" und der Inhalt steht dir ebenfalls "frei". Ich finde es sehr kreativ von dir, hier mit "Gewürzen" zu arbeiten; dabei kommt mir doch unwillkürlich auch die Weihnachtszeit in den Sinn.
Mir gefällt auch, dass du zuerst das Gewürz beschreibst, und dann die "Wirkung" folgen lässt.
Deshalb auch nur eine Anmerkung zu zwei Versen, dabei geht es (wirklich) nicht um die Struktur, die du gewählt hast, sondern um eine ganz generelle Regel des Metrums:
Zitat:
bezaubert meine wachen Sinne und ich - xXxXxXxXxXx
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Zitat:
putzt die inneren Wege frei und - XxXxxXxXx
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Beim 2. Vers ist es durch den vorherigen daktylischen Versfuß eher möglich, ein wenig zu "biegen" und das Wort "frei" unbetont sowie "und" betont zu lesen, ich denke, das geht schon, auch weil "lässt" im nächsten Vers unbetont folgt

; aber im ersten Vers klappt es gar nicht, da das Versmaß hier ganz einheitlich im "jambischen Gewand" daherkommt. Es ist eben wirklich eine "Grundregel", dass kein einsilbiges, unbetontes Wort am Versende stehen darf. Ich hoffe, dass ich jetzt nicht als "zu akribisch" erscheine, aber das ist eben wirklich keine "Neben-", sondern eine "Grundregel", die ganz generell für alle Versmaße gilt.
Bei den anderen Versen ist ja auch alles in Ordnung, es geht ja nur um den einen. Wenn du "wähne" einfach in den oberen Vers setzt, dann wäre der Fehler ruck-zuck "behoben".
Wie gesagt: Beim Ritornell gibt es keine feste Regel für ein bestimmtes Versmaß oder die Silbenzahl, das würde also überhaupt nichts ausmachen.
Abgesehen von der einen, kleinen Stelle gefällt mir dein "Gewürzspektrum" richtig gut, das ist mein Ernst!
Gerne gelesen und kommentiert.
Liebe Grüße
Stimme