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Alt 01.11.2011, 18:19   #15
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo, Thomas,

oh je - da hast du aber ein "älteres Semester" ausgegraben. Damals schrieb ich erst ein halbes Jahr lang, und im Nachhinein möchte ich sagen, waren es zu dieser Zeit auch erst seit 3 Monaten Werke, die ich (vorsichtig) als Gedichte bezeichnen würde.

Das war mein erster Anapäst, die "anderen" gelangen mir zwar "formal" besser, aber ich war inhaltlich nicht so zufrieden. Beides ist bei mir Voraussetzung, damit ich ein Werk poste.

Zitat:
ich habe das Gedicht erst jetzt entdeckt und möchte mich den positiven Kommentaren, die es ausgelöst hat, anschließen. Die Zeilenlänge war nicht nur für Chavalis PC gewöhnungsbedürftig, sondern erst auch einmal für mich. Speziell im Deutschen scheinen lange Verszeilen recht bald nicht mehr als Zeilen wahrgenommen zu werden. Der Hexameter liest sich z.B. bei Goethe (Hermann und Dorothea) wie Prosa, während die Griechen ihn immer deutlich als Verszeile wahrnehmen. Trotz der Reime zerfließen die Zeilen des Gedichts, aber, wie ich annehme, hast du das absichtlich gemacht, und auch der Inhalt fordert es.
Die langen Zeilen, ja ... Eigentlich finde ich das irgendwie schade. Ich habe auch schon zu einem neunhebigen Jambus gegriffen, es "reizt" mich immer, nicht "üblich" zu schreiben. Ein Versmaß ist mehr als nur für "einen Inhalt" geeignet. Ich experimentiere (wie du weißt) sehr gerne. Ob ich nun ein Versmaß nehme, das (so wird "allgemein gesagt") sich für einen "kriegerischen Inhalt" eignet und ausprobiere, einen "verträumten" hinein zu legen oder ob ich in einem Sonett Daktylen und Jamben "kombiniere", um die Verse "zweizuteilen", damit der Vers zum Ende hin "beschleunigt" - ich teste gerne neue Möglichkeiten. Manchmal gelingt es, manchmal nicht. (Wobei außer dem Versmaß noch viele andere Faktoren mit eine Rolle spielen.)

Was ich aber vor allem, nachdem nun einige Monate vergangen sind, gelernt habe, ist: In jedem Versmaß stecken viele Möglichkeiten, nicht nur die "üblichen". Kombiniert mit anderen "Mitteln" (Verslängen, Wortwahl, rhetorische Stilmittel etc.) können sie auch ganz andere Inhalte "tragen".

Wobei ich auch "Regelverstöße" unternehme und einen Hexameter oder Anapäst reime. Die deutsche Sprache ist "betonungstechnisch" anders ausgerichtet als die antiken Sprachen, aus denen diese Versmaße stammen. Also greife ich auch zu "Hilfmitteln", damit es nicht zu sehr wie Prosa wirkt. Heute würde ich allerdings anders vorgehen als hier. Das war ja auch mein "Erstversuch".

Zitat:
Das Gedicht erinnert mich an Albrecht Dürers Bild Melancholia. Es hing lange Zeit über meinem Schreibtisch. Es fängt den Augenblick des Erwachens der Schöpferischen Idee ein. Warum mir dein Gedicht dem so ähnlich erscheint, kann ich nicht begründen. Es ist auf alle Fälle erhebend und anmutig. Das 'vom Himmel zur Erde' in Zeile 4 der ersten Version passt eigentlich besser, als das neutrale 'durch Himmel und Irdisches' der zweiten Version. Die zweite Version ist aber trotzdem insgesamt noch besser ist, als die erste.
Ja, mir gefiel (und gefällt) 'vom Himmel zur Erde' auch besser. Damals jedoch war ich unerfahrener, und verließ mich mehr auf die "Erfahrenen" als ich es heute tun würde - obwohl ich noch immer bereit bin, Vorschläge anzunehmen, das hat sich nicht geändert. Nur stimme ich heute nicht mehr allen zu, sondern wage es auch, etwas zu "behalten", wenn es mir selbst besser gefällt. Aber heute möchte ich an diesem Werk nichts mehr ändern. "Anmutig" ist ein Wort, das ich selbst ebenfalls wählen würde. Der Anapäst kann mehr sein, als meistens angenommen wird. Ich schätze die "Melodie" dieses Versmaßes, sie klingt irgendwie "elegant/erhaben" (was ich jetzt unabhängig von diesem Gedicht ganz generell erwähnen möchte).

Zitat:
Ein mutiges Experiment hat hier ein schönes Resultat ergeben.
Vielen herzlichen Dank!

Liebe Grüße

Stimme
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