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Alt 22.10.2011, 14:04   #9
Justin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo Faldi,

Du hast dir mit deinem langen Text viel Mühe gemacht, aber damit die richtige Einschätzung getroffen. Das Gedicht ist, zugegeben, von einer gewissen Naivität durchdrungen, doch habe ich auch auch versucht, eine kleine Gesellschaftskritik mit einzuflechten und die Kontraste herauszustellen. Du hast richtig erkannt, wie fahrlässig es ist, wenn sich im Leben alles nur auf Nebensächlichkeiten reduziert, wie es leider zur Gewohnheit geworden ist. Dann kommt es Menschen darauf an, im Konsum mitzuhalten, sich dieses oder jenes neu anzuschaffen, sich nicht übertreffen zu lassen usw. Ganz unwesentlich, wenn plötzlich die Erkenntnis einsetzt, wie schnell alles aus der Bahn geworfen werden kann. Wer von Verlusten betroffen wurde, wird jetzt in seinen Betrachtungen viel gründlicher, denn er erkennt, worauf es wirklich ankommt. Das gilt nicht nur für das eigene Ungemach, sondern übergreifend auch für andere Nöte und Ungerechtigkeiten. Wir lesen davon in der Zeitung und sehen Berichte im Fernsehen; da aber der Alltag sehr schnellebig ist, wird bald nicht nicht mehr darüber nachgedacht. Glücklicherweise gibt es jenseits der Betroffenen trotzdem Ausnahmen. Die Insel geht hier mit gutem Beispiel voran. Denn Themen wie "Denkerklause" oder "Finstere "Nacht" laden geradezu ein, stärker über den Tellerrand zu blicken.

Der Nebensächlichkeit sehr nahe steht die Flüchtigkeit des Augenblicks. In der 4. Stophe ist davon die Rede. Du sagst richtig, wie unwichtig der Glamour ist, weil der angestrebte Ruhm nur kurz andauert und bald wieder verblaßt. Meine Kritik richtet sich jedoch auch gegen die öffentliche Wahrnehmung. Es wird von den Medien etwas ins Bewußtsein gedrängt, was gar nicht wichtig ist. Andere Themen hingegen, die eher im Fokus stehen sollten, werden in ihrer Bedeutung viel weniger wahrgenommen.

Dein kleiner Einwand zur letzten Strophe ist berechtigt und ich verstehe ihn auch sehr gut. Natürlich können wir nicht jedem Gedicht uneingeschränkt zustimmen, vor allem, wenn der Rhythmus total mißlungen ist:

Die Zeit war so schön,
doch werden wir uns in Zukunft schon bald wieder sehn.

Jetzt habe ich ein bißchen übertrieben, aber manche dichten wirklich so. Doch ist der Großteil der Schreiber in diesem Forum darüber erhaben. Schon bei der Vorstellung auf der Insel wird den meisten bewußt, daß das Niveau hier so anspruchslos nicht ist. Rhythmusempfinden und Metrik kommen einander sehr entgegen. Es gibt Augenblicke, da wird ein gängiger Rhythmus bevorzugt, ohne daß man sich von der Metrik groß ablenken lassen möchte. Dann setzt sich aber auch die Erkenntnis durch, wie anregend Metrik sein kann, zumal wenn die Kenntnisse darüber zugenommen haben. Also beides hält sich irgendwie die Waage. Die Aussage in der letzten Strophe war dem Reim zugewandt. Darüber hinaus wollte ich, auch wenn das nicht so zum Ausdruck gekommen ist, die Hinwendung zur Poesie zur Sprache bringen, die sehr anregend sein kann.

Faldi, ich weiß nicht, wie lange Du dich schon mit dem Dichten beschäftigst. Aber egal, wie die Antwort ausfallen mag: Sehr viel lernen kann man von Dir auf jeden Fall.

Ich danke Dir für Deinen Kommentar und grüße Dich herzlich

Justin
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