Thema: Walther
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Alt 10.10.2011, 20:24   #4
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
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Lieber Galapapa,

ich kann mich in dein Gedicht "Walther" sehr gut einfühlen. Für mich ist es für die vielen "Walthers" unendlich traurig, aber für uns, die "Mitmacher" eher nachdenklich und zur Entschuldigung von der Reife (Alter) abhängig.

Vielleicht ist diese, meine Aussage auch nur ein Mittel einer hilflosen Rechtfertigung, die wir benötigen oder nach der wir hangeln.
Ein "Therapiegedicht", das über lyrische Aussprache sich selber und anderen helfen will.
Man denke an die kindlichen "Grausamkeiten", die eigentlich nur ehrlich ein Empfinden aussprechen. Kinder spotten nicht zynisch. Sie schließen sich höchstens an, um dazu zu gehören. Sie überbrücken damit Ängste - wie auch du oder dein lyr. Ich.

Ich habe als Kind einmal meinen Bruder geschlagen und weiß noch genau warum. Ich wollte meinen Freundinnen, die dabei waren, zeigen, was ich alles kann. Das "Warum" meines Brüderleins verfolgte mich über Jahre, bis ich ihn einmal bat, sich mit mir allein zu treffen. Wir gingen essen und ich erzählte ihm, dass ich damit nicht fertig werde und bat ihn, mir zu verzeihen. Er lachte mich aus und behauptete, sich an nichts Schlimmes zu erinnern. Mir reichte das nicht, ich bestand auf "Vergebung", die er mir gewährte - doch ohne den nötigen Ernst, der mir ein Bedürfnis war. Aber weil wir gerade so für uns waren, haben wir viel, sehr viel besprochen und ausgesprochen.

Ich denke, du verstehst, warum ich das erzählen musste. Einmal um meinetwillen aber auch um "Walthers" willen.

Über unsere Trauer darüber, arbeiten wir etwas auf. Wir wissen nicht, ob und wie unser einstiges Verhalten auf die anderen gewirkt hat.
Ungeschehen können wir es nicht mehr machen - durch unser Überdenken, Nachdenken und Einsehen ändert sich unsere Grundeinstellung, die wir bewusst an unsere Kinder weiter geben können. Ein kleiner Trost.

Ein Gedicht, das noch mehr bewegt, wenn man erst drin ist und etwas dazu sagen will - es berührt.

Liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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