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Alt 22.09.2011, 17:58   #3
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo, Walther,

ich kann Ida bezüglich ihrer Meinung, dass sich die Sonettform hier ungeeignet ist, nicht zustimmen. Gerade das Sonett eignet sich ganz hervorragend für das Thema Liebe.

Aber mit dem „konstruiert“ hat sie nicht ganz unrecht ...

„Verstandeslastig“ möchte ich es allerdings nicht im Ganzen nennen. Auf mich wirkt es nur irgendwie ein bisschen „gezwungen“, womit ich weder Reim- noch Metrumzwang meine.

Vers 1 ist ganz hervorragend, ebenso wie der letzte Vers:

Zitat:
Die Sonne badet sich in Deinen Haaren,
Zitat:
Ich könnte mich in Deinem Haar ertränken!
Mir macht der Inhalt dazwischen ein wenig zu „schaffen“. Dass man im Sonnenlicht „baden“ kann, ist stimmig, da bekannt und gebräuchlich. Dieser Vers gefällt mir sehr gut.

Zitat:
Sie nistet sich fest ein in ihrem Glanz.
Hier lässt mich das „feste Einnisten“ in Vers 2 grübeln, denn ich kann mir das so nicht vorstellen. Nisten (assoziiere ich mit Nestbau, z. B. bei Vögeln), und „fest“ soll etwas Dauerhaftes darstellen, aber irgendwie ist mir fest zu fest ... "Einnisten" kann sogar negativ aufgefasst werden ...
Zitat:
Du schüttelst sie: Ein wilder Lichtertanz
Punktiert mir Sterne in die Linsen.
Das liest sich wieder sehr schön. „Lichtertanz“ und „Sterne in die Linsen“, dazu „punktiert“ für die kleinen Lichtpunkte, die man sieht, wenn man in die Sonne (oder ein helles Licht) schaut.
Zitat:
Punktiert mir Sterne in die Linsen. Waren
Mit diesem Enjambement tue ich mich etwas schwer, ich las zuerst wörtlich: „Waren“, also Gegenstände (und war einen Moment irritiert, dachte: Nanu? Wo kommt das denn her?), bis ich im nächsten Vers dann merkte: Ach so! (Ich meine das rein „erst-assoziativ“.)

Zitat:
Nur eine Geste macht zu Paaren,
Die nicht mehr lassen können?
Es geht um ein Paar, LI und LD. Das müsste doch eigentlich „macht zum Paar“ heißen? Der Plural (dem der „inhaltliche Hintergrund“ fehlt) wirkt hier zu „verallgemeinernd“.

Zitat:
Das bewahren,
Das Bild zu bannen, in der Eleganz

Des Schwungs das Leben einfach festzuhalten:
Müsste es (in dieser Reihenfolge) nicht "Das Bewahren" sein? Schriebe man es so: Das Bild zu bannen, zu bewahren" wäre die Kleinschreibung richtig.

Irgendwie komme ich hier beim Versübergang nicht richtig „um die Kurve“, was den Sinnzusammenhang betrifft. Ich stolperte unwillkürlich über „Des Schwungs das Leben“. Ja, natürlich, „in der Eleganz des Schwungs“ und „das Leben einfach festzuhalten“, aber ich musste erst nachdenken und dann noch mal lesen, es ist ein wenig „irreführend“.

Zitat:
Zitat:
Ich wünsche mir, dass uns das stets gelingt.
Wer hoffte nicht, es könnten Wunder walten,
Mit deren Hilfe man das Schicksal zwingt,
Den Lauf der Dinge in die Bahn zu lenken:
Diese Verse sind wieder stimmig und passen auch gut zueinander.

Nur der letzte Vers gehört inhaltlich wieder „nicht dazu“:

Zitat:
Ich könnte mich in Deinem Haar ertränken!
Nach den vorangegangenen Aussagen fällt diese hier regelrecht „vom Himmel“, ein richtiger „Gedankensprung“, irgendwie sehr „abrupt“.

Insgesamt wirkt das Sonett auf mich, also ob du einen Teil der Formulierungen hattest, um dann „per Kopf“ das Fehlende hinzuzufügen – zu einer späteren Zeit, als der „emotionale Bezug“ schon nicht mehr vorhanden war. Ich hoffe, du verstehst, was ich sagen möchte: Nicht das ganze Gedicht wirkt „konstruiert“, sondern der (vermutlich) nachträglich eingefügte Teil in Verbindung mit dem "vorherigen". Die beiden Teile passen nicht „zusammen“, sie sprechen eine „andere Sprache“.

Ich hoffe, du nimmst mir meine Kritik nicht übel, ich kann nur sagen, dass beide Teile für sich alleine völlig in Ordnung wären; es ist hier die Kombination, die nicht harmoniert. Aber das kann auch nur meine ganz subjektive Empfindung sein!

Dennoch gerne gelesen und kommentiert!

Liebe Grüße und „Nichts für ungut“, ja?

Stimme
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