Thema: Schleiertanz
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Alt 26.08.2011, 17:55   #2
Stimme der Zeit
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Hallo, Walther,

ich verstehe unter diesem "roten Samtvorhang" das samtig-weiche Umschmeicheln, um (in diesem Fall) Liebe vorzutäuschen. Das LD "saugte" die Augen des LI "aus". Ich denke, dem LI wurden "Tränen" heraus"gesaugt", also muss ihn das LD oft zum Weinen gebracht haben. Die Müdigkeit wird sicher durch das Wissen des LI ausgelöst, zu viel erlebt, zu viel gesehen, vielleicht ist auch der "Tränenvorrat" erschöpft ...

Zitat:
Du lachtest lauthals, als es Dir gelang.
Ich halte diesen für den eindringlichsten Vers in deinem Gedicht. Es klingt für mich nach Thriumph; das LD genießt die Macht, die es besitzt.

Strophe 2 spricht von Rechtfertigung. Allerdings scheint das LD dem LI nicht mehr zu glauben, sicher wurden die vorgebrachten Ausreden schon viel zu oft gebraucht. Sie "wirken" nicht mehr. Die Verse vermitteln mir aber auch den Eindruck, dass das LD wohl vor allem sich selbst belügt. Ergänzung und Antithese, miteinander im Einklang, das ist sehr gut gelungen. Übrigens: Das elende "Sich-selbst-Belügen" - ein Adjektiv, ja, ja ... *Zwinker".

Das erste Terzett spricht von Resignation. Welche Träume es auch gab, welche Wünsche auch daraus erwuchsen, es bleibt nur der Verfall. Alles, was LI und LD gemeinsam hatten, ist Vergangenheit, in der Gegenwart ist nichts mehr davon übrig.

Im zweiten Terzett erkenne ich das "Sich-selbst-Belügen" des LD wieder. Aber der Versuch, mit den alten, bislang bewährten Mitteln (Verführungskünsten) das LI zurück zu gewinnen, scheitert. Dem "Schleiertanz" fehlt der Glanz. Hier geht es nicht um tatsächliche Jugend, sondern um die Ermüdung des LI, das vom "Tanz" emotional nicht mehr berührt wird. Es funktioniert nicht länger.

Formal gefällt mir die Variante mit dem Wechsel der stumpfen / klingenden Kadenzen und der Schweifreim in den Terzetten. Das ist immer eine schöne Möglichkeit, diese auch reimtechnisch und optisch miteinander zu verbinden. Die inhaltliche Klimax führt von der Vergangenheit in die Gegenwart, von der "Tatsache" über die "Ausrede" über die Resignation zur letztendlichen (finalen) Erkenntnis: Was auch war, es ist verloren. Fein geschrieben!

Ich finde, hier zeigst du wieder deutlich, was du im Bereich "Sonette" kannst. Es war mir ein Genuß!
(Ich meine, was ich sage. Ich könnte an "Längst" betonungstechnisch haarspalterisch kritteln - mache ich aber nicht. Da das Metrum stringent ist, habe ich kein Problem damit.)

Liebe Grüße

Stimme
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