Liebe Dana,
hab herzlichen Dank für Deinen Kommentar mit Deinen Gedanken und Deinem schönen Lob!
"Aus der Not eine Tugend machen" sehe ich hier im Zusammenhang nur als
einen Weg, der mit Sicherheit nicht der schlechteste ist.
Das lyrische Ich hat jedoch im vorliegenden Text, meine ich, einen anderen Weg gewählt.
Die Enttäuschung nach der jugendlichen Euphorie anzunehmen und daraus eine neue Perspektive zu erzeugen, das kann nicht jeder und vor ihnen ziehen wir biede, das lyrische Ich und ich selbst den Hut.

Ein anderer Weg ist, die "Not" anzunehmen und auszusitzen, den richtigen Augenblick abzuwarten, bis man seine Chance bekommt. Nur muss man sie dann auch erkennen, sonst endet diese Strecke in der Sackgasse Frustration und Verbitterung.
Das lyrische Ich hat die behütete Kindheit mit vielen Wünschen, Vorstellungen und Träumen verlassen und ist mit ihnen voll Eifer und Zuversicht ins Leben gestartet, das es mit fliegenden Fahnen im Sturm erobert und nun selbst in die Hand genommen hat.
Die Realität ist wie eine Drehbank, die sich das wilde Holz zurechtdrechselt. Zu weiches Holz kann dabei brechen; Naivität, Blauäugigkeit aber auch Unschuld sind die fallenden Späne, das entstandene Werkstück kann sich so der Verantwortung stellen - oder auch nicht.
Einen Teil seiner Träume oder das, was von ihnen schließlich übriggeblieben ist, trägt man durchs ganze Leben, in den noch lebenden Erwartungen oder in einer verzweiflungsgeborenen Phantasie.
Gerade diese unrealistische Traumwelt kann eine Lücke sein, eine scheinbare aber unbefriedigende und traurige Lösung ohne die nötige Ehrlichkeit sich selbst gegenüber.
Das lyrische Ich hat eine andere Lücke für sich gefunden, hat den Strom, der es mitgerissen hat mit den Resten seiner Träume verlassen und hat sich still, heimlich und leise in eine Ecke verkrochen, in der das Treiben an ihm vorüberzieht und in dem sich seine Anforderungen selbst stellen kann.
Dein Vergleich mit dem überfüllten Parkplatz passt hier sehr gut.
Sich nicht mit seinen Erwartungen ans Gewohnte zu klammern, sondern die Einsamkeit dieser Ecke anzunehmen, dazu braucht es den Mut, mehr aus dem zu machen, was einem noch bleibt.
Nochmals danke verbunden miteinem lieben Gruß an Dich!

Galapapa
Liebe larin,
wieder mal von Dir zu hören bzw. zu lesen hat mich sehr gefreut. Danke für Deine philosophischen Gedanken zu diesem Text und nicht zuletzt für Dein Lob!
Sehr wahr und wichtig an Deinen Worten ist, dass ein Sich-verstehen voraussetzt, dass man sich mit dem Gegenüber auseinandersetzt, miteinander redet. Nur so ist es möglich, die Sehnsüchte des Anderen zu erkennen und zu verstehen. Viel zu viel geht durch die Oberflächlichkeit, deren Untergrund wohl oft auch Egoismus ist, aneinander vorbei und verloren.
Sich selbst und seine, wie Du es nennst "persönliche Sicht des Lebens", auch einmal zurückzustellen und sich auf die Bedürfnissen des Anderen zu konzentrieren, das erfordert viel Beherrschung und Gespür. Gerade sehr junge Menschen haben hier meist ein großes Problem.
Es braucht Zeit und Geduld, um zu lernen, wie Du sehr richtig angemerkt hast.
Die Prüderie in den 50er und 60er Jahren, in denen ich auch aufgewachsen bin, hat nicht selten zu übereilten Entscheidungen und später zu zerstörten Beziehungen geführt.
Seine persönliche Lücke zu finden, um aus dem Dilemma Lebenserwartung und Realität herauszukommen, ist nicht leicht. Ebenso schwierig kann es sein, in die gefundene Lücke dann auch einzuparken, das Gewohnte loszulassen.
Wenn Lebensträume zu Träumereinen verkommen, besteht die Gefahr, dass die Ecke, in die man sich zu verdrücken versucht, mit der Realität nichts mehr zu tun hat. Aus einem solchen Zustand wird man kaum viel Befriedigung und Kraft für die Bewältigung des Lebens schöpfen können.
Oft bleibt nur, die Verantwortung auszusitzen, um, aus ihr entlassen, dann eine Nische für sich fernab vom alten Leben der Zwänge zu finden und zu erobern. So lässt sich auch auf dem Geleisteten bequem ruhen und man braucht sich nur noch Anforderungen zu stellen, die man sich selber aussucht.
Dein Vorschlag "in manch kalter Nacht" anstelle von "so manch..." hat mich zu Nachdenken gebracht. Kann es sein, dass die Verstärkung "so manch" im österreichischen Sprachraum wenig verbreitet ist?
Ich habe das "so manch" bewusst gewählt, weil ich damit eben auf die doch recht hohe Zahl von solchen Nächten hindeuten wollte.
Im Süddeutschen Raum ist das eine recht gängige Formulierung, wenn nicht in ganz Deutschland. Sie mag in Deinen Ohren aber trotzdem ungewohnt klingen.
Ich könnte mir "durch" auch gut als Alternative vorstellen, sehe aber keine großen Unterschiede in der Aussage und werde Deinem Vorschlag folgen.
Nochmals vielen Dank und ganz herzlichen Grüße an Dich!

Galapapa