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Alt 27.05.2011, 21:22   #1
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Standard Missverständlich ausgedrückt

(Eine "Abhandlung" über das "Missverständnispotential" schriftlicher Kommunikation, massiv inspiriert. (Unter anderem von Faldi.)


Missverständlich ausgedrückt

Ein Mann und eine Frau, die hatten sich sooo lieb,
weshalb der Eine stets dem Andren Zettel schrieb.
Die lagen überall, denn schlichtweg jeden Tag,
da schrieben sie sich fleißig: "O Schatz, wie ich dich mag!"

Nun kam es eines Tages, morgens früh um Acht,
dass dieser Mann ihr schrieb (er hat sich nichts gedacht):
"Ach, Liebling, kannst du, bitte, noch zum Supermarkt,
sonst komme ich zu spät, ich habe falsch geparkt.

Bei mir war's höchste Zeit, ich musste halt mal schnell,
und deshalb steht das Auto hinter dem Bordell.
Ich grüße dich mit Kuss, du liebe Zuckermaus!"
Er legt den Zettel hin, läuft eilig aus dem Haus.

Sein Mäuschen hat's gelesen, völlig fassungslos;
dann weinte sie, denn dieser Schock war viel zu groß!
Sie packte ihre Koffer, außer sich vor Schmerz,
und hinterließ ein Schreiben: "Schrecklich! Oh, mein Herz,

das hast du heut gebrochen, grausam mittendurch!
Du bist, wie alle Männer, treulos wie ein Lurch!
Ich geh zurück zu Mama, du sittenloser Strolch,
verzichte wirklich gern auf einen Schw... vom Molch!"

Als nun der Mann am Abend froh nach Hause kam,
verblieb ihm nur die Botschaft - weil sie Alles nahm.
Es fehlten selbst die Möbel, nur ein kleiner Tisch,
der war ihm noch gegönnt, darauf lag dieser "Wisch".


Muss ich jetzt viel erzählen? Bald, am Telefon,
gelang's ihm zu erklären; beide haben schon
verstanden, wie das kam, und deshalb schworen sie:
"Wir schreiben keine Zettel, niemals wieder! Nie!"


(Die fürchterlichen Endreime sind schon richtig, einschließlich Haus-Maus und Herz-Schmerz. Besonders "stolz" bin ich auf durch-Lurch und Strolch-Molch. )
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