Thema: Am Lagerfeuer
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 06.05.2011, 20:34   #106
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.910
Standard

Hi Stimme,

ja, so sind die Frauen, das eine Thema noch nicht beendet, schon wird ein anderes Feuerchen geschürt...

Trotzdem, gute Idee, auf die ich gerne eingehe.

Ich denke, Worte sind zunächst einmal bloße Begriffe, die etwas bezeichnen oder beschreiben.
Man kann sie denken, schreiben und sie sind unser direktes Kommunikationsmittel untereinander.
Man könnte vielleicht sagen, Worte sind die kleinste Einheit einer Sprache.
Diese Einheiten müssen nun in einen sinnvollen, also geordneten Zusammenhang gebracht werden, um jemand anderem etwas mitzuteilen.
Bloße, aneinandergereihte Worte ergeben keinen Sinn, bzw. nur einen sehr schwer vermittelbaren Endruck, von dem, was der Sprecher aussagen will.
Soweit so klar, es bedarf also bestimmter Regeln, die jeder in seiner (Umgangs)Sprache normalerweise lernt und so die Möglichkeit hat, zu kommunizieren.
Nun hat jeder seine eigene Vorstellung von einem Begriff und da fangen die Probleme an. Wir können direkt dein genanntes Beispiel hier einmal näher betrachten.

Angst

Du hast Recht, sonderlich imposant wirkt dieses Wort alleine nicht.
Also nochmal:

Angst

Ja, ich habe nachgedacht und ich erinnere mich eines unangenehmen Gefühls.
Doch schon fange ich an, es mit in diesem Sinne bedeutsamen Ereignissen aus meiner Vergangenheit zu verknüpfen, oder aber sogar mit persönlichen Ängsten, die in die Zukunft greifen, noch nicht geschehen, aber im Bereiche des Möglichen.

Ich habe jetzt nicht einmal ein konkretes Beispiel gegeben, sondern bin sehr allgemein geblieben, aber ich bin mir sicher, daß du und ich im Sinne der oben geführten Aussage nun völlig verschiedene Erlebnisse in unsere individuelle Gedankenwelt rufen.

Es könnte durchaus sein, daß wir beide gegenseitig über unsere Ängste schmunzeln würden, wenn wir diese wechselseitig auf unser Subjekt übertragen, womit eine persönliche Wertung und damit ein Vorurteil ins Spiel kommt.
Beispiel: Jemand hat eine Spinnenphobie. Drohe ihm an, ihn in einen Raum mit vielen dieser Tiere zu sperren und er würde vor Angst fast wahnsinnig.
Ein anderer hingegen lacht über diese Drohung und spielt anschließend mit diesen netten kleinen Wesen, wohingegen dieser sich aber in die Hose machen würde, müsste er in einen Aufzug steigen und so lieber 26 Stockwerke die Treppe hochläuft, wo ihn, oben angekommen, der Angsthase der Krabbeltiere lächelnd empfängt und ihm für diese sportliche Leistung seine Hochachtung ausspricht.

Deshalb wird manch dargestellte Situation nicht im Sinne des Autoren entsprechend interpretiert werden können.
Wer es aber schafft, sich von seinen Vorurteilen zu lösen und einen Begriff in eine Idee überträgt, die in vielen Menschen vom Verständnis her eine breite Zustimmung findet, der hat seine Absichten vermitteln können und ist am Ziel, denn je größer die gemeinsame Schnittmenge der einzelnen Interpretationen, desto größer das Verständnis.

Und wenn das alles noch in schönen Versen, möglichst gereimt, wegen des ästhetischen Gleichklangs, wie Akkorde in der Musik, und metrisch sauber, damit nur der Autor bestimmt, was betont werden soll, daher kommt, dann ist es auch klar, was die Lyrik von der Prosa eindeutig abhebt und somit auch verdient die Bezeichung "Geflügelte Worte" trägt.

Das gilt zumindest für die "gebundene Lyrik".

Und ich denke, das ist im Sinne der Kunst das ganze Geheimnis...

Ist doch eigentlich ganz einfach, oder?


Liebe Grüße

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten