Thema: Katarrh!
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Alt 17.03.2011, 21:02   #2
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo, Walther,

ein wenig spät. Ich schätze, mittlerweile hast du die Taschentücher wieder weggepackt. Nachträglich mein tiefempfundenes Mitgefühl - bezüglich der ständig laufenden Nase. Verständlich, das mich das zur Zeit "berührt".

Was den letzten Winter angeht, der machte aus mir zwei Mal zwar keinen Lurch, aber eine Nebelkrähe, jedenfalls klang das so ...

Seit ich mit diesem heimtückischen Thema "natürlicher Sprachrhythmus" inclusive höchst gemeiner "Wortfüße" (die mir momentan immer noch ein Bein stellen, die fiesen Teile!) begonnen habe, werde ich etwas Fatales nicht mehr los.

Ob ich will oder nicht: Ich finde Melodien in Gedichten! Ohrwürmer-Alarm! Allerdings trifft das nur auf gute Gedichte zu. Bei deinem Gedicht musste ich nicht mit einem Husten- sondern mit einem heftigen Lachkrampf kämpfen. Ich habe verloren.

Also hier mal die passende "Musik":


Die Affen rasen durch den Wald,
der Eine macht den Andern kalt,
die ganze Affenbande brüllt:

Refrain:
Wo ist die Kokosnuss,
wo ist die Kokosnuss,
wer hat die Kokosnuss geklahahaut -

wo ist die Kokosnuss,
wo ist die Kokosnuss,
wer hat die Kokosnuss geklaut.

Das sieht bei dir dann so aus:


Der eine nimmt ein Taschentuch,
Die andre lässt es beim Versuch:
Die Nase voll, der Kopf ganz leer -

Die Lage, die ist schwer,
die Lage, die ist schwer,
die Lage, die ist folgenschweheher,

die Lage, die ist schwer,
die Lage, die ist schwer,
die Lage, die ist folgenschwer.

Entschuldige. Ich konnte nichts dagegen tun, bin vollkommen machtlos!

Diagnose: Virus Rhythmusus Dichteriosus.

Obwohl eigentlich Falderwalds fantastische Ballade daran schuld ist! Bis gestern (d. h. bevor ich sie las) kam das nur gelegentlich vor, aber seit heute beobachte ich das beängstigend häufig! Irgendwie machte es bei mir "klick" und seither ...

Deshalb versuche ich jetzt heldenhaft etwas halbwegs Vernünftiges zu deinem Werk zu sagen.

Der Inhalt bedarf wohl einer eingehenden Interpretation, es sei denn, hier würde jemand einen Kommentar hinterlassen, der noch nie im Leben eine Erkältung hatte. Was ziemlich unwahrscheinlich ist.

Also: Die Darstellung ist hervorragend gelungen. Du beginnst ganz langsam mit der sanften Deutung einer verstopften Nase, bevor du aprupt mit medizinischer Fachterminologie sehr anschaulich auf die Ursachen eingehst. Danach eine Mitgefühl erweckende Schilderung vom tiefsten Leid des armen LyrIchs, was plötzlich in Anbetracht der Ungerechtigkeit des Schicksals in deutlich erkennbare Agression umschlägt. Psychologisch durchaus bedenklich, sein Bett zu hassen und sich nach der Arbeit zu sehnen! Das könnte fatale Folgen haben! Denn offensichtlich führt das zur Identitätskrise des LyrIchs, das sich hier wünscht, zu einem Lurch zu werden. Am schlimmsten ist jedoch die Schlussfolgerung: Ein Lurch zu sein wäre ein Genuss!
Seeehr bedenklich, das Ganze.

Besonders die Silbenvermehrung der letzten zwei Verse. Ist daran der Dampf oder der Krampf schuld? (Witz beiseite: Schon klar. "Das Schlusswort")

Mit Sicherheit aufgrund der vielen verbrauchten Taschentücher wurde der vierhebige Jambus perfekt durchgehalten - fast. Drei Taschentücher fielen wohl herunter und verschwanden unbemerkt unterm Bett:

Zitat:
Kehlkopfkatarrh, man ist so frei,
1. Tuch: Kehlkopf: Xx (Na ja, ganz genau XX oder Xx, aber metrisch ist es Xx) / Katarrh: xX = XxxX. In deinem Gedicht müsste ich Kehlkopf xX betonen.

Zitat:
Bakterien gleich mit dabei.
Kehlkopfkatarrh, man ist so frei,
2. Tuch: Bei Katarrh ist man eher nicht frei, sondern verstopft. Andersherum?

Zitat:
Bakterien, die sind so frei,
Kehlkopfkatarrh gleich mit dabei. - und statt Kehlkopfkatarrh ein anderes Wort, das unbetont beginnt. Mir fällt nur gerade nichts Passendes ein.
3. Tuch:

Zitat:
Man wünschte sich, man wäre ein Lurch, - geht entweder "wär ein Lurch" oder "wäre Lurch". Das "e" ist zu viel.
Ansonsten kann ich nur sagen, trotz meines akuten Mitleids war es "reinste Kamille" dein Werk zu lesen.

Ist humoristischer "Dampf" dahinter!

Lieben Gruß

Stimme der Zeit
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Geändert von Stimme der Zeit (17.03.2011 um 21:11 Uhr) Grund: Ein Taschentuch vergessen.
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