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Alt 04.10.2010, 19:45   #4
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
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Lieber Walther,

immer wieder "dichtest" du Themen an, die den Leser ansprechen, berühren und zur Diskussion anregen - so sehr, dass man im "Übereifer" das Sonett super findet.
Vielleicht ist das die Balance überhaupt. Was will der Dichter sagen und wie sagt er es?
Das Formale will ich im Übereifer gar nicht so sehr betrachten. Es wird schon gut sein - schließlich bist du ein vertrauter Sonettschreiber.

Aber zum Thema: Männer weinen nicht.

Es seid nicht nur ihr Männer, die damit zu "kämpfen" haben.
Frauen sind mit diesem Zwang nicht minder belastet - zumindest jene, die in diese Erziehung hineingewachsen sind.
Ein Paradox ist, dass wir (Männer und Frauen) wissen, dass Tränen reinigen, erleichtern - und genau dort wurde eine Grenze gezogen. Männer weinen nicht - Frauen immer und auf Kommando. Beides stimmt nicht.

Ich wusste schon von Kind an, dass Männer nicht weinen. Mir tun heute noch die weinenden Jungen leid, die schlicht "weggelacht" wurden.
Noch heute erwische ich mich selbst dabei:
Kommt ein weinendes Mädchen zu mir (Schule), fange ich es mit offenen Armen auf und tröste.
Einen weinenden Jungen auch, aber der bekommt als "Bonbon" oft zu hören:
"Na! Ein Indianer kennt keinen Schmerz."
Ich ohrfeige mich dafür jedes Mal, aber es kommt immer wieder durch.
Daran erkenne ich, wie sehr dieses Paradox gelungen ist.

Als ich das erste Mal (als kleines Mädchen) einen MANN weinen sah, dachte ich, die Welt wäre untergegangen, denn wenn ein Mann weint, dann muss etwas ganz Schlimmes passiert sein.
Ebenso geht das ganz Schlimme einer Frau unter, denn Frauen weinen schnell und immer.

Ein Abwägen ist mir erst bei meinen eigenen Kindern gelungen - Junge und Mädchen.
Wie schwer es ist und wie tief diese Einstellung greift, wurde mir erst bei meinen erwachsenen Kindern klar.
Die Tochter kommt und weint, wenn sie traurig ist. Sie lacht aber auch, wenn sie glücklich ist.
Sohnemann ist und bleibt ein kleiner "Indianer", den ich bestimmt nicht "heranziehen" wollte.

Spannend, dein Werk, lieber Walther, und gut.
Das Weinen und Lachen sollten wir uns alle je nach "Bedarf" leisten.

Liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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