Thema: So kalt
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Alt 13.01.2010, 18:50   #4
Walther
Gelegenheitsdichter
 
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Lb. Ginton,

danke, daß Du Dich dieser freien Verse annimmst. Sie sind bewußt sperrig geschrieben. Und natürlich habe ich nicht den Anspruch, "überragende" Lyrik zu schreiben. Mir reicht schon "ordentliche".

In der Tat ist mein Sprachkonzept die Annäherung an die Alltagssprache. Warum, das werde ich in einem Editorialessay in der kommenden Ausgabe der Zeitschrift Asphaltspuren, der Lyrikredakteur und Mitherausgeber ich die Ehre habe zu sein, näher erläutern. Vielleicht hilft die grundlegende Bemerkung, man sollte bei Lyrik, die man der Öffentlichkeit aussetzt, "immer an den Leser denken", etwas weiter.

In der Tat kann man das eine oder andere Füllwort weglassen. Das aber verändert die Sprachmelodie, die in meinen Gedichte immer eine bedeutende Rolle spielt. Das Gedicht hat nicht umsonst eine Verwandschaft mit dem Lied. Es entstand, kulturgeschichtlich, wie das Lied wohl aus dem Sprechgesang. Manchmal ist es nicht "undumm", sich der Grundlagen zu versichern; zu diesen gehört besonders das Herkommen einer Literaturgattung.

Nun zur Formulierung "in die Vier Winde zerstreuen" oder "in den Vier Winden zerstieben". Das sind beides stehende Metaphern/Redewendungen, die wir nur heute nicht mehr zu kennen scheinen. Gemeint ist die Rosette mit den vier wesentlichen Windrichtungen. Daher kann das "Vier" auch nicht weggelassen werden, da dann das Bild sich in Nichts auflöst. Die intendierten Bezüge würden sich verlieren.

Danke für Deine ausführliche Besprechung und Deine anregenden Hinweise, die ich in der weiteren Bearbeitung dieses Textes sicherlich berücksichtigen werde. Im Moment jedoch möchte ich ihn wie jetzt ausgeführt stehen lassen.

Lieber Gruß

W.

Lb. Dana,

danke für Deinen Eintrag. Er zeigt mir, daß das Gedicht und sein Thema durchaus so in die Landschaft passen. Es geht mir in der Tat darum, mit der uns bekannten Sprache Erlebtes und Erkenntnis zu verdichten und zugleich dem Leser Zwischenräume für eigene Assoziationen zu lassen. Gedichte sollte m.E. offene, luftige Texte sein und keineswegs hermeneutische, geschlossene. Gedichte sind wie alle Sprache nämlich in erster Linie Kommunikation. Wer verhindert, daß man sie (und ihn) versteht, macht sie zur Nonkommunikation und bringt sie in die Nähe eines unverständlichen in den eigenen Autorenbart Hineinbrabbelns.

Lieben Dank und Gruß

W.
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Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
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Geändert von Walther (13.01.2010 um 18:58 Uhr)
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