Hallo Ibrahim
Inhaltlich möchte ich deinem Gedicht allermeistens zustimmen.
Gottessichten (ich denke, da meinst du Ansichten, Vorstellungen über das, was man Gott zuschreibt) sind natürlich von Konfession zu Konfession verschieden, manchmal gar widersprüchlich. Mit diesem Bild "im Glauben" rechtfertigt man alles, was "zu Ehren" dieses Abbildes im Denken getan wird.
Erwecke durch dein Tun nie Leid.
ist wohl ein fundamentaler Satz der Nächstenliebe, der, weil in allen Weltreligionen dies ein Gebot ist, keinen Raum für Gewalt aller Formen freigibt!
Metrisch/rhythmisch ist dein Gedicht gleichförmig zu lesen, die Reime passen.
Weniges fiel mir auf:
Wenn Gottessichten sich bekriegen,
Die Hetze Krieg und Mord gebärt,
da taucht zum 2mal Krieg auf. Alternative z.B:
Die Hetze, Mord und Leid gebärt.
Wird niemals je die Wahrheit siegen.
Es bleibt ein Krebs, der weiter schwärt.
Propheten, Gurus, Exegeten,
Gebote, Strafen, Endgericht,
In ihrem Sinne nur zu beten,
Versprechen sie den Weg zum Licht.
Ein Glaubensatz, ein Kurzgedanke
Genügte schon für Menschlichkeit.
Hier würde ich eine rhetorische Frage daraus machen, um eben nicht zu bestätigen, dass Glaubenssätze allein Menschlichkeit bezeugen:
Genügt das schon für Menschlichkeit?
Erricht’ zum Nächsten keine Schranke,
Erwecke durch dein Tun nie Leid.
Dem Mitgeschöpf belasse Würde,
Vergeude nicht der Erde Gut.
So nehme man die kleine Hürde
Zum Geist, auf dem die Welt beruht.
Eine wichtige Frage ist ja seit den Ursprüngen der menschliches Suche nach etwas "Heiligem", nach etwas, das die archaischen und animalischen Beweggründe des Menschseins übersteigt: Kann ich (der Mensch) einem Geist angehören, der mehr ist als meine kleinlichen Begehren des Ichs?
Kann dieses Konstrukt der Psyche sich tatsächlich an etwas anklinken, das außerhalb meines "Kleingeistes" zu finden ist? Denn das Egozentrum ist ja das, was mich von allem anderen trennt.
Blaugold