Zitat von norbert
Das alte Fotoalbum
Wie farblos in Papier gepresste Blüten
seh ich Gespenster der Vergangenheit.
Für meine Zeit fixiert, eh sie verglühten,
Ertrunkene im Meer der deutschen Zeit.
Die Sprache ist stark und die entstehenden Bilder viel deutlicher als jene im alten Fotoalbum. Ich wollte zuerst ein "Familienalbum sehen, doch nun denke ich, dass dein lyr.Ich einen Bildband betrachtet.
Seh Lippen, die das Lächeln schon verloren,
eh noch ein Lachen je den Mund verließ,
als hätten Ernst und Trauer sich verschworen,
weil ihre deutsche Zeit kein Glück verhieß.
Bilder aus Zeiten, die noch vor der bitteren Zeit liegen. Weil damalige Fotos stets gestellt und in "ordentlicher" Haltung gemacht wurden, wirken diese auf das lyr. Ich wie eine geschichtliche Vorahnung.
Ihr wart das graue Fleisch, aus dem ich stamme,
das meine Seele trägt seit Anbeginn.
Das graue deutsche Fleisch, das ich verdamme,
das Fleisch, in dem ich selbst gefangen bin.
Hier eine Erkenntnis oder ein Geständnis. Nicht als Vorwurf oder gar Anklage. Die Seele trägt das Deutschtum seit Anbeginn, also weit, weit vor der Zeit, die zu verdammen wert ist.
Das lyr. Ich sieht sich gefangen. Würde es in einer neuen "Freiheit" weniger verdammen, weil diese Zeit nicht das gesamte Deutschtum ausmacht?
Ich hinterfrage mehr, als dass ich interpretiere.
Probleme, Unrecht, Verbrechen sollen hinterfragt, verarbeitet werden. Das gilt für jede Freundschaft, für die Ehe und für alles Zwischenmenschliche.
Warum fehlt es daran den Deutschen? Ist Selbsbezichtigung über Generationen ein deutsches Problem?
Und wieder zwingen mich die Finger per Tastatur zu erklären, dass ich nichts beschönigen will, obwohl das mehr als klar sein sollte.
Warum?
Dein Gedicht ist zu aufwühlend, zu gut um mit ein paar Sätzen kommentiert zu werden.
Liebe Grüße
Dana
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