Thema: Dominus
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Alt 01.04.2019, 22:39   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Wilhelmine!

Ja, die Sado-Maso-Schiene, die du ansprichst, findet sich durchaus in den obigen Zeilen gespiegelt, aber nicht nur auf Erotisches zielt mein Gedicht ab.

Auch in vielen Kulturen ist es (früher wie heute) leider so, dass Männer quasi allmächtig sind und Frauen nichts gelten und nichts zu melden haben. Sie werden gehandelt und behandelt wie Vieh.
Manche Kulturen haben dieses Brutalpatriarchat sogar in ihre Religion hineingeschrieben und glauben aufrichtig, diese Sicht der Dinge sei gottbefohlen!

Das männliche Ego und sein Eros leben geradezu vom Prinzip physischer und psychischer Dominanz. Nicht umsonst löst die Emanzipation der Frau bis heute bei vielen Männern Kastrationsängste aus.
Nicht dass der Mann per se so sein müsste, aber da wirken uralte, seit der Steinzeit - und weit davor - tief verwurzelte Prägungen, die den Mann als Geschlecht überhaupt erst geformt haben: den Herrscher, Beschützer, Besteiger des Rudels ...

In der - noch gar nicht sooo lange - zivilisierten und - noch nicht mal so richtig - gleichberechtigten Gesellschaft unserer Tage funktioniert dieses archaische Rollenbild so natürlich nicht mehr, und viele verschieben die damit zusammenhängenden Bedürfnisse dann eben in Sexualpraktiken, wo sie - vergleichsweise gezähmt - ausgelebt werden können, in Rollenspielen oder sogar in echt.

Das Dominieren hat dabei nichts mit Sadismus zu tun, dieser kam irgendwann einfach dazu und alles wurde in dieselbe Schmuddelecke gestellt.
Im obigen Gedicht spricht - oder sinniert - ein typisches Beispiel für die machohafte Seite der Dominanz, die für manche Frauen, die Unterwürfigkeit und Hingabe beim Sex genießen, aber durchaus ihren Reiz zu haben scheint.
So findet jeder Topf seinen Deckel ... - vorausgesetzt natürlich, das "Opfer" nimmt seine "Rolle" freiwillig ein und an. Was von Kerlen zu halten ist, die sich jemandem gegen dessen Willen aufzwingen, bloß weil sie glauben, das Recht dazu zu haben oder unwiderstehlich zu sein, wissen wir alle.

Dass Männer, die heute in unserer Gesellschaft dauernd so denken und handeln, soziopathische Arschlöcher sind, muss nicht extra betont werden. Eben alles zu seiner Zeit und im passenden Kontext!
Leider sind es gerade diese Rücksichtslosen, die leicht Karriere machen und ihren Hang zur Dominanz mit wahrer Macht dann erst so richtig ausleben und realisieren können. Wir selbst machen sie zu unseren Vorgesetzten, wählen sie und vertrauen uns ihnen an, immer noch von Stärke (oder deren perfekter Vorspiegelung) fasziniert und bereit, uns für irgendein erklärtes Ziel unterzuordnen.

Ob Erotik, Politik oder Karriere - Dominanz zieht immer noch!

LG, eKy
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