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			 Erfahrener Eiland-Dichter 
			
			
			
			
				 
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				Das Kalckreuth-Kapitel [Napoleon]
			 
			 
			
		
		
		
			
			Der Text ist von der 1921er Ausgabe übernommen. Der ein oder andere Übertragungsfehler dürfte sich aber eingeschlichen haben. Gerne Berichtige ich bei hinweisen.  
 
 
 
Gedichte aus einem Zyklus 
 
„Napoleon“  
 
1905 und 1906 
 
 
 
 
Hymnus auf Napoleon 
 
Ich, dem der Gottheit gütig Walten 
im uferlosen Nichts zerrann,  
Ich, der in Sterben und Erkalten 
verliebt ist und nicht sterben kann -  
tief fühl ich in des Dunkels Falten 
die Last vergangener Gestalten...  
Du bist mein Gott. Dich bet ich an!  
 
Cäsar der Toten! Herrscher der Schlachten!  
Kühnsten Entschluß und sprachlos Verachten 
blinkt dein metallenes Augenpaar.  
Stumm hält die Lippen ein Lächeln umfangen,  
bleicher noch macht dir Stirne und Wangen  
dein langgelocktes, schwarzes Haar.  
 
Du bist der Geist unzählger Heere!  
Du bist des Schwertes größte Macht! 
Du bist der Schreck der Hemisphäre!  
Du bist der Stolz, der sie entfacht.  
Du bist in meines Lebens Leere 
der Wellenschlag metallner Meere!  
Der Glutenhauch erstorbner Schlacht.  
 
Daß unter schwanken Lorbeerzweigen 
hundert Siege sich knieend dir neigen,  
prangend im schlummernden Pantheon.  
Denn von Ägyptens heißglühenden Steppen 
bis zu der Alpen granitenen Treppen 
erscholl ein Schrei: Napoleon!  
 
In tausend stahlgeschärften Klingen 
hat einer Welt dein Arm gedroht.  
Doch kann das Dasein keiner zwingen,  
und Untergang heißt sein Gebot.  
Was hilfts, zum höchsten Licht zu dringen? 
Vergeblich ist des Mannes Ringen,  
Und besser ist ein ewger Tod.  
 
Doch laß in Gram und stetem Verzichten 
niemals uns leere Gestalten erdichten,  
denen das Herz anbetend sich weiht! 
Geist, der du nie deiner Siege dich freutest -  
Kaiser, der nie dein Tun du bereutest,  
Ruhm dir in alle Ewigkeit! 
 
 
 
 
Geburt 
 
Die Sterne sangen dir ein Lied von Stahl,  
dich feiernd mit geheimnisreichem Gruße:  
Heut tritt der Riese in das Erdental,  
der es sich beugen soll, mit ehrnem Fuße.  
 
Als lächelnd in der Wiege du geruht, 
vom Traumgewebe frühsten Tags umsponnen,  
erglänzte weithin die kristallne Flut 
im Morgenlichte übermächtger Sonnen.  
 
Und die Olivenhaine neigten sich,  
umflossen von der Zukunft großem Wehen.  
Und Erd und Himmel grüßten strahlend dich,  
im Widerschein unsterblicher Trophäen.  
 
 
 
Toulon 
 
Es war die Stunde, da der Kessel Klappern,  
des Zaumzeugs Klirren und der Pferde Schlappern 
dem Schritt der müden Posten sich vereint.  
Da die Gestirne dämmerhaft erbleichen 
und in des Äthers uferlosen Reichen 
ein Streifen blassen Rots erscheint.  
 
Anschwellend hebt sich eine große Helle 
hoch über dem Gestuf der blauen Wälle.  
Und auf die Halden sinkt ein Nebelflor.  
Vom Meer her flutet eine herbe Brise,  
durch die Gezelte, durch Verhau und Wiese.  
Im Morgenduft taucht Fort an Fort.  
 
Und langsam schwebt, in lichtgeklärten Räumen,  
die Sonne in des Äthers blaues Träumen,  
und streift Gebirge, Hafen und Ponton.  
Ein Rauschen faßt der Bäume hohe Kronen,  
die Segel schwanken auf den Gallionen.  
Im Strahlenkranze ruht Toulon.  
 
 
 
 
Bonaparte 
 
Der Hang des Zeltes fiel, verwacht und mager 
trat, kaum bemerkt, der junge Held ins Lager,  
das er mit seinen grauen Augen maß.  
Kein Zug verriet die brennenden Gefühle,  
auf seiner Stirn lag die Marmorkühle 
der Felsenriffe Corsikas.  
 
Und durch die Waffenplätze der Franzosen 
ging im erwachten Tag das dumpfe Tosen 
der Heere, die zum Sturme man befahl.  
Den Siegeslauf, den Fall der Festungswände, 
das alles liegt in Bonapartes Hände 
der Kampfergraute General.  
 
Er, der gerastet unter den Kanonen,  
der selbst zum Fall der steilen Bastionen 
das Ladezeug der Sterbenden erfaßt,  
der taglang spähte, nach den Felsen lugend,  
nahm auf die Schultern seiner stolzen Jugend 
des letzten Angriffs Riesenlast.  
 
Und tiergleich sich ins Geklüfte schmiegend,  
ersah die Feste er, am Berghang liegend,  
das Felstal engend ein zum Sterbebett.  
Und wie ein Blitz durchfuhr es seine Seele: 
Zum Sturm berede deine Generäle!  
Der Schlüssel ist Fort l'Eguillette!  
 
 
Sturm  
 
Schaut auf! Die Kanonen flammen,  
zerberstend stürzen zusammen 
Gefels und trotziger Wall.  
Wie im Donner, den er gerichtet,  
die Front der Feinde sich lichtet 
in der Mauer dröhnendem Fall,  
die fränk'schen Geschütze scheinen 
ihre Stimmen ganz zu vereinen 
in einem gigantischen Knall.  
 
Um das Fort wölkt der Qualm sich dichter, 
und schrecklich blitzende Lichter 
entzucken dem bleiernen Schoß. 
Schon ist in wenig Sekunden 
das klare Gefilde entschwunden 
im Rauch des zerrißnen Plateaus.  
Und bei der Quadern Erdröhnen 
ringt sich ein verzweifeltes Stöhnen 
aus den englischen Reihen los. 
 
Zum Sturm, eh die Schwaden entweichen! 
Der Fuß stößt schwankend auf Leichen. 
Der Schrei wird vom Donner verschluckt, 
durch die Tale gestürmt, sich versteckend, 
durch die braunen Höhen sich deckend, 
die ein Wetterleuchten umzuckt,  
den Atem keuchend und ächzend,  
nach dem Blut des Verteidigers lechzend,  
der hinter den Schanzen sich duckt.  
 
Das Feuer erstickt auf den Kuppen, 
und plötzlich sind Frankreichs Truppen 
im Rauch an das Fort gesaust. 
Der letzte Raum überflogen, 
wie ein Sturzbach vorwärts gezogen, 
der von Klippe zu Klippe braust.  
Die britischen Kugeln durchwettern 
die Schar, doch die Stürmer erklettern 
den Wall, das Schwert in der Faust.  
 
Und als das Gewölke zergangen, 
da liegt in jubelndem Prangen, 
licht wie die kühnste Musik, 
von der Feste zertrümmertem Tore 
windschwankend die Trikolore 
und verkündet den Tapferen Sieg.  
Und von des Gefelses Stufen 
schallt tausendstimmiges Rufen:  
Es lebe die Republik!  
 
 
 
 
Sieg  
 
Und als der Abend stumm sich senkte,  
den der verglühte Tag gebar, 
und das Gebirge, das blutgetränkte,  
in Bonapartes Händen war,  
da lösten Tau um Tau die Briten, 
und ihre Riesenschiffe glitten 
im frühen Dunkel in das Meer,  
sie flohen auf den finsteren Pfaden,  
das Deck von Sterbenden beladen,  
das Herz vom Groll Flüchtgen schwer 
 
Bleich leuchteten die Schiffslaternen 
hernieder von dem langen Zug, 
derweil der Wind aus nächtgen Fernen 
das Tosen der Verzweiflung trug. 
Rings flammte auf den Schiffen allen, 
die England in die Hände gefallen, 
das Feuer wild und grauenvoll. 
Scharf knatterten die Gallionen,  
als schon das Dröhnen der Kanonen 
von l'Eguillette herüberscholl.  
 
Die Sieger drangen stürmisch flutend 
in die zerfallnen Straßen ein.  
Der letzte Stolz erstarb verblutend 
im wechselvollen Flammenschein. 
Die Bajonette und der Degen... 
in schweren Tropfen fiel der Regen 
vom schwarzen Himmel auf die Stadt -  
grell scholl der Schrei der Fraun und Kinder,  
und aller Grimm der Überwinder 
trank sich im heißen Blute satt.  
 
Die Wasserstrahlen fielen zischend 
auf der Galeeren Eichenrumpf.  
Im Dunkel Flut und Asche mischend 
versank die Stadt im blutgen Sumpf.  
Der Flammen Wut, der Truppen Drängen,  
das Krachen der zerbrochnen Stengen 
verkündete die neuen Herrn.  
Doch durch das mitternächtge Dunkel 
mit siegverheißendem Gefunkel 
drang erstmals Bonapartes Stern.  
 
 
 
 
Feste 
 
Der Tag brach an, in ihrer Eisenschiene 
erklirrte Schlag um Schlag die Guillotine,  
und auf den Marktplatz tropfte dunkles Blut. 
Zur Massengrube fuhr mir schwerem Knarren  
die stummen Straßen hin der Leichenkarren,  
den man mit bleichen Rümpfen überlud. 
Auf die Verteidiger, die schreckensstarren,  
ergoß sich schwarz des Todes eisge Flut.  
 
Und als der Artillrist, zu Gast geladen, 
in dem metallnen Klang der Füsilladen 
beim Festmahl des Konvents zur Tafel saß,  
und wenn ein Führer der berauschen Rotten 
auf Frankreichs Sieg aufs Wohlsein der Cocotten 
im Beifallslärm erhob sein volles Glas,  
dann schien des Corsen kalter Blick zu spotten 
des Pöbels, der der Zukunft ganz vergaß.  
 
 
 
Nach Paris 
 
Wie oft, als langsam er gen Norden fuhr, 
zum Ozean der Weltstadt zu gelangen, 
sah er die funkelnden Gestirne prangen 
im nachtdurchwehten, schweigenden Azur.  
 
Kein Laut. Der Hufschlag seiner Pferde nur 
durchbrach die Stille, die ihn tief umfangen.  
Die Schlösser, die dem Zorn des Volks entgangen,  
beschatteten die öde, kalte Flur.  
 
Die Dörfer schliefen in der Finsternis.  
Ihm aber wars, als ob ihn ungewiß 
ein Nachen durch erstorbne Meere trage.  
 
Und in der Sterne Blässe, die das Nahn 
des lichten Tags, entweichend, kundgetan,  
fühlt er die Morgendämmrung großer Tage.  
 
 
 
Alpen 
 
Vom Höhenkamme pfeift ein scharfer Sturm,  
und unheilvoll ertönt des Gießbachs Plätschern,  
es ragt der Berg gleich einem breiten Turm,  
aufstrebend aus dem Reich von tausend Glätschern.  
 
Den Schwindelpfad des Hochgebirgs verwehrt 
das Eis, das unter schweren Tritten knattert.  
Da ist der Feldherr selbst auf seinem Pferd! 
Wie ihm sein Mantel um die Schultern flattert! 
 
Im Herzen selbst des Frosterstarrten Alls  
schaut er herab von schroffster Felsenwarte.  
Und zu den Namen Karls und Hannibals 
fügt er den größren Namen: Bonaparte!  
 
1906 
 
 
Castiglone 
 
Die Flucht der braunen Höhen ist gewonnen,  
und seine Waffen streckt der Feind im Tal.  
Stumm ziehen die gefangenen Kolonnen 
durchs Heideland im schrägen Sonnenstrahl.  
 
Die Stirn geschwärzt, den Arm in blutger Binde,  
der Helme Erz vom Bleigeschoß durchbohrt,  
marschieren westwärts sie im Abendwinde, 
vom wehnden Staube wechselvoll umflort.  
 
Und oben hält der magre Feldherr schweigend  
und schaut das Nahn der wogenden Armeen.  
Bis, die ersiegten Fahnen tief verneigend,  
glückleuchtend seine Männer vor ihm stehn.  
 
1906 
 
 
 
 
Rivoli. (Fragment)  
 
Schon flutet eine kühle Brise, 
da sich das Dunkel näher senkt.  
Und rings erscheint Gebirg und Wiese 
mit schwarzem Blute dicht getränkt.  
Ein bittrer Dunst erfüllt die Lüfte,  
wo wundes Fleisch nach Wasser lechzt,  
der Donner schmettert ins Geklüfte,  
das widerhallend bebt und ächzt. 
 
Am Ufer schwimmt der Pulvernebel 
in schleierhaftem, trübem Flor, 
und nur der Stahl der scharfen Säbel 
blinkt aus der Dämmerung hervor.  
Das wuchende Gestrüpp zersplitternd 
schließt Batterie an Batterie,  
und nah und näher dumpf gewitternd  
rollt es heran auf Rivoli.  
 
. . . . . . . . . . . . .  
. . . . . . . . . . . . .  
. . . . . . . . . . . . .  
. . . . . . . . . . . . .  
Schon stampft Kolonne auf Kolonne  
das Holz des schwankenden Pontons.  
Und leuchtend flammt in später Sonne  
der Glorienkranz Napoleons.  
 
 
Acre  
 
Sein Geist erhebt, der Krieger Herz entzündend,  
im Schoß des Heers sich wie ein glühnder Wind,  
wenn das Geroll der Trommeln, schlachtverkündend,  
erschütternd durch die Rückenwirbel rinnt.  
 
Sein Führerwort stählt unsre feinsten Nerven,  
das Herzblut pulst mit seines Pferdes Schritt,  
wenn der gedrängte Heerzug der Reserven  
zum letzten Sturm in unsre Reihen tritt.  
 
Und wann das Feuer eiserner Gewehre 
die stolze Front mit Blitzen rings umzieht,  
dann gleicht der Geist der hingerißnen Heere 
dem Sonnenaar, der aufsteigt im Zenit.  
 
  
 
Desaix 
 
Setz' die Trompete an den Mund und blase! 
Im Sturmschritt naht die siegende Armee... 
der letzte Sand vertropft im Stundenglase...  
Dem Feind der Tod! Zur Stelle ist Desaix.  
 
Schon wogen seine kampfbereiten Scharen 
vom Höhenzug herab im Glanz des Stahls.  
Die herbe Glut von fünfundzwanzig Jahren 
loht aus dem Blick des großen Generals.  
 
Gleich einem Kriegsgott stürmt er durch die Heiden,  
Vollstrecker er des eisenen Gebots.  
Und niederflammend krönt ihn im Verscheiden 
das heil'ge Glück des jugendlichen Tods.  
 
 
Artillerie 
 
Wir sind des Kaisers Artillerie,  
die Tapfersten und Treusten.  
Den Blitzstrahl der Kanonen verlieh 
er unsern eisernen Fäusten.  
 
Wann die Feldschlacht über den Äckern grollt,  
und die Wege bedeckt sind mit Leichen,  
dann kommen wir auf die Höhen gerollt,  
und im Sande knirschen die Speichen.  
 
Die Dörfer flammen wie Haufen Strohs, 
Leuchtfackeln der blutigen Feier,  
und gelbe Blitze reißen sich los  
aus dem Wogen der qualmenden Schleier.  
 
Und es ist, als ob ein jubelnder Ton 
dem Grimm der Geschütze sich paare:  
Die Herrin der Welt, die Große Nation! 
Und des Kaisers, des Kaisers Gloire!  
 
Vielleicht etwas früher.  
 
…...................................... 
 
 
Am duft'gen Rand des Winterhimmels ruht 
ein blasses Glühen, zart wie junger Flieder, 
schon blinkt der Aare silbernes Gefieder 
im kühlen Schein erglühnder Morgenglut.  
 
Ein blasses Glühen, zart wie junger Flieder, 
schaut lächelnd auf der Heere dunkle Flut, 
im kühlen Schein erglühnder Morgenglut.  
Es tönt der Marsch des Heers und Klang der Lieder.  
 
Und lächelnd schaut der Heere dunkle Flut 
der Kaiser von den gelben Höhn hernieder.  
Es tönt der Marsch des Heers und Klang der Lieder,  
in ihrem Blick flammt Kampfbegier und Wut.  
 
Der Kaiser von den gelben Höhn hernieder  
sie schauend, führt die Hand an seinen Hut.  
In ihrem Blick flammt Kampfbegier und Wut.  
Sieg oder Tod, wir kehren niemals wieder.  
 
 
 
Eylau  
 
Schon sprengen von des Hügels rauher Stirn  
im Wintersturm des Kaisers Untergebne. 
Die Rosse schnauben, und die Bügel klirrn,  
Gestampf und Hufschlag füllt die weite Ebne.  
 
Daher gejagt kommt es in langen Reihn,  
und seiner Tapfren Siegerschar erkennt er:  
Sie wenden sich nach rechts – sie schwenken ein -  
wie blitzen Frankreichs Reiterregimenter!  
 
Am Hügel hin fliegt sausend im Carriere, 
lavienengleich das Heer in ehrner Größe.  
Zehntausend Augen blicken leuchtend her... 
wie jubeln furchtbar die Trompetenstöße!  
 
Gelassen grüßt sie mit dem grauen Hut 
der Kaiser, der Zertrümmerer den Kronen -  
und Mann und Roß entschwinden in der Wut 
des Schneesturms und der russischen Kanonen.  
 
1906 
 
 
Lobau 
 
Der Nachmittag des riesenhaften Ringens,  
der schon im schweigenden Azur verblich,  
sah, wie die Hoffnung siegenden Gelingens  
allmählich aus der Brust des Kaisers wich.  
Der Donner der Kanonen scholl betäubend, 
und Frankreichs Kräfte ließen stöhnend nach,  
Baumstämme schlugen, donauabwärts treibend,  
dumpfkrachend an die Brücke, das sie brach.  
 
Aus Aspern und aus Eßling stiegen qualmend 
die Feuersäulen auf am Horizont.  
Und vorwärts jagten, die Karrees zermalmend,  
die Reiter durch die aufgelöste Front.  
Zum Ufer floß ein schmales Blutgerinsel,  
die Sonne zitterte im Wellenbad,  
als festen Schrittes auf die Lobau-Insel 
mit ungebeugter Stirn der Kaiser trat.  
 
Da sah er die Verwundeten zerschmettert,  
in tausend Schmerzen ächzend hingestreckt,  
wie Bäume, vom Orkan hinabgewettert,  
der Boden war von rotem Naß bedeckt.  
Im Staube lagen tausend tapfre Männer,  
die stolzen Reihen, die die Schlacht zerschlug,  
durch die so oft der kampfgewohnte Renner 
im jungen Morgenstrahl den Corsen trug.  
 
Und als er, längs der Erdenbüsche schreitend,  
befehlend zu Davoust sprach, scharf und klar -  
da flutete des Kaisers Pfad geleitend 
ein seltsam Wogen durch die bleiche Schar.  
Verstümmelte, die mit de, Sterben rangen,  
erhuben keuchend sich auf ihren Knien.  
Die Menge, in des nahen Todes Bangen,  
warf tausendfach erglänzten Blick auf ihn.  
 
Und herrlicher als seine stolzen Fronten 
ihm jauchzend in der blanken Waffen Klirrn,  
sahn die Zerstörten, die nicht reden konnten,  
nach ihrem Herrn mit hellbesonnter Stirn.  
Als kette sich im Schatten ewger Nächte 
nur eiserner ihr Herz an sein Geschick:  
Dein sind wir in des Lebens vollstem Rechte,  
und Dein ist unser letzter Augenblick!  
 
Sommer 1906 
 
 
 
 
 
Wagram 
 
Nun ist das Tosen all in eins geronnen, 
das an des Äthers Riesenwölbung schlägt,  
da sich der Strom der Infantriekolonnen 
in sturmgehäuftem Drang nach Nord bewegt.  
 
Im Feld, wo frisch vergrab'ne Leichen modern, 
zertritt erneute Wut das reife Korn. 
Und sieben Dörfer, die im Umkreis lodern, 
verkünden Frankreichs sieggewissen Zorn.  
 
Auf seinem Hügel hält, die Heere zwingend,  
der große Corse, unbewegt und kalt,  
die Menschenflut mit seinem Geist durchdringend, 
die er mir ehrnem Willen formt und ballt.  
 
Nun donnern die Geschütze von Massena,  
in ihrem Krachen wälzt zum Himmel sich 
der Krieger Ruf aus fammender Arena:  
Cäsar! Die Sterbenden begrüßen dich!  
 
 
 
1814 
 
Das schupp'ge Helmband unsrer Bärenmützen 
hält heute noch das rauhe Kinn gepresst. 
Wir trugen es von Aboukir nach Lützen -  
der Sieg war göttlich und der Tod ein Fest.  
 
So wahr die Lunten glühn an den Geschützen!  
 
Ob auch der Erdenkreis von Leichen strotze,  
hoch über allem leuchtet unser Ruhm.  
Die wir zu Pferd und auf der schweren Protze 
durch Land und Meer gefolgt dem Kaisertum -  
 
Wir stehn noch heut in ungebeugtem Trotze.  
 
Doch da die Lüfte abendlich sich färben 
und unheilvoll der Preußen Hornruf gellt,  
durchfühlen wir das nahende Verderben,  
vor dem das Riesenreich in Trümmer fällt...  
 
Und nur noch eines bleibt: Für Ihn zu sterben!  
 
 
 
 
Waterloo 
 
Vom nassen Kornfeld weichen Englands Schützen,  
die alles taten, was ein Mensch gekonnt.  
Im blauen Qualm verbirgt der Horizont 
Verstümmelte und blutgetränkte Pfützen. 
  
Die erde bebt von feuernden Geschützen.  
Vom Licht des Regentages bleich besonnt,  
hält stumm der Cäsar vor der finstren Front 
die Bajonette und der Bärenmützen.  
 
Die Reihn hinab harrt schweigend Mann an Mann. 
Die keiserlichen Tambours schlagen an:  
Bald reißt der Strom zu Grunde Damm und Schleusen.  
 
Die goldnen Adler streift ein lauer Wind, 
in dem der dichte Pulverdampf zerrinnt.  
Vom rechten Flügel tönt das Horn der Preußen.  
 
 
Helena 
 
Gefesselt ward der gestürzte Titan 
an des Weltmeers Schwelle,  
und dämmernd unrauschte der Ozean 
ihn Welle an Welle.  
 
Und wie der gewaltige Traum einer Nacht 
in grauenden Weiten, 
erschien ihm fern die erhabenste Macht 
entschwundener Zeiten.  
 
Wann abends auf dem Geklippe er stand,  
vom Schaum überflogen, 
die grauen Augen reglos gewandt 
auf die brandenden Wogen.  
 
Und mit des Wahnsinns nagender Wut 
glomm wilder und wilder 
in seinem dunklen Grame die Glut 
zertrümmerter Bilder 
 
In dem blauen, gekräuselten Pulverdampf 
die silbernen Aare,  
und der letzte verzweifelte Riesenkampf 
vom Rhein zur Loire.  
 
Und der Feldherrnjugend leuchtender Glanz,  
Italiens Gefilde,  
und des gletschertürmenden Alpenlands 
demantene Schilde.  
 
Die Schar der Größten, die ihn umgab,  
Desaix und Massena!  
Und die Ebne von Eylau, Grab an Grab,  
und das Schlachtfeld von Jena!  
 
Und der Führer Ruf und der rote Blitz 
aus tausend Geschützen, 
die Morgensonne von Austerlitz, 
und die Lorbeern von Lützen!  
 
O Glorie, die flammte, Leiden und Blut  
dem Krieger versüßend -  
wann die schmale Hand du geführt an den Hut,  
die Tapferen grüßend.  
 
Wann vom Flußlauf und vom Berggestuf 
aufbrausend und heiser 
die Reihen entlang geflutet der Ruf:  
Es lebe der Kaiser! 
 
Die Trompete von Gold und die Schwerter des Heers 
im Sonnengeblende. 
Und gepreßt an den Kolben des wucht'gen Gewehrs 
die schwieligen Hände.  
 
Und bezwungen der Lande unendlicher Raum 
in sieghaften Märschen.  
Das strahlende Ziel, der unsterbliche Traum,  
die Welt zu beherrschen!  
 
Geh unter, o Sonne! Und birg wie mein Glück 
im Meer dein Gefunkel.  
Und laß mein Verzweifeln erstarrend zurück 
im ewigen Dunkel!  
 
 
Stolz wölbt sich die erhabene Rotunde,  
die dämmernd die geweihte Halle deckt, 
und bebend zittert in der weiten Runde 
das Echo, das der scheue Fußtritt weckt. 
Wie aus den Nischen tiefgeheimem Grunde 
sich stumm Standarte an Standarte reckt!  
Es schatten die zerrißnen, greisen Fahnen 
den Marmorsarg des schlummernden Titanen.  
 
Und unsre Seele fühlt sich lichtentzündet,  
die sacht ein kühler Hauch zum höchsten weiht. 
Ein großes Ruhen, stark und neugegründet,  
erhebt sich aus dem trauervollen Streit. 
Die Schlachtennamen, die der Stein verkündet, 
sind allgewaltig über Raum und Zeit.  
Und unser Herz ergreift der Todesreigen, 
als schliefen selber wir im ewgen Schweigen.
		 
		
		
		
		
		
		
			
				__________________ 
				Das Leben ist eines der schwierigsten.
			 
		
		
		
		
		
			
				  
				
					
						Geändert von Terrapin (28.03.2018 um 10:31 Uhr)
					
					
				
			
		
		
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