Drei meiner Lieblingsgedichte:
Ernst Goll (1887-1912)
Heimweg
Die Sonne schied – ein letztes Leuchten blieb
noch hängen in den herbstgoldroten Zweigen.
Ein dunkler Knabe führt sein blondes Lieb
den Waldpfad heim. Die dunklen Lippen schweigen.
Doch wo der Weg in Vorstadtgärten mündet,
reicht er dem Mädchen seine kühle Hand
und fühlt erschreckend, wie die Liebe schwindet,
die ihre Seelen aneinanderband.
Unter eines Tages Summe
Unter eines Tages Summe
ist der schwarze Strich gemacht,
und wir reichen uns die stumme
Hand zum Abschied: "Gute Nacht!"
Schien die Sonne uns vergebens?
Oh, wir sagen lächelnd: "Nein!"
Und ins goldne Buch des Lebens
schreiben wir: Beisammensein.
Abschied
Meine armen Wege gehen
wieder ferne von den deinen,
vor dem dunklen Fenster stehen
wir, und unsre Seelen weinen.
Jahr und Tag und Stunden schwinden,
meine Gärten stehn verlassen –
weiß nur, dass ich Liebe finden
wollte auf den dunklen Straßen.
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