Hi Vedena!
Geht man von der Gewissheit eines Nachlebens aus, so sind diese Zeilen wunderschön in ihrer eleganten unaufgeregten schlichten Direktheit, die nicht urteilt, nur beschreibt, was war, ist und sein wird, und dabei dennoch solch eine Fülle und Tiefe von Gefühlen generiert, denkt man doch automatisch an die eigene Mutter dabei zurück.
Wie Chavali ganz richtig deutete, eine gealterte Tochter, die sich der seit 35 Jahren verstorbenen Mutter immer noch nah fühlt, ihre Wärme in allem um sich spürt und überzeugt ist, sie nach dem Tode wiederzusehen.
Was mir bei dieser Vorstellung nie so ganz logisch erschien ist die Fixierung der "seelischen Gestalt" im körperlichen Abbild zum Sterbemoment, wie sie auch hier in der - wunderschönen - letzten Strophe erkennbar wird:
Sind wir wirklich in der Vorstellung befangen, wir hätten - gesetzt den Fall, es gäbe ein Leben nach dem Tode, woran ich persönlich nicht glaube - ausgerechnet die Gestalt unseren toten Fleisches, das wir zurückließen?
Wenn wir nur Geist und Vorstellung sind, könnten wir doch JEDE Gestalt jeglichen Alters annehmen - oder überhaupt keine brauchen! Das Erkennen geliebter Seelen würde sich da doch auf einer ganz anderen Ebene abspielen als der eines optischen Eindrucks.
Liegt derlei an einem Mangel an religiösem oder philosophischem Vorstellungsvermögen, oder weil sich niemand wirklich vertiefende Gedanken dazu machen will, aus Furcht, den geliebten Glauben sonst womöglich nicht mehr halten zu können?
Nun, ich will es hier niemandem vermiesen, daher will ich die Materie (süffisanter Begriff in diesem Zusammenhang) nicht weiter durchdringen. Das Gedicht ist wunderschön und verdient es, so genommen zu werden, wie es dies wünscht.
Einzig dies:
S3Z3 - Hier würde ich statt "tränt", was für mich keine emotionale Wirkung hat, sondern nur Folge organischer Zustände ist (zB ein Auge "tränt", wenn es gereizt oder verletzt wurde), eher "weint" schreiben, was eine Beteiligung von Gefühl bestätigt.
Sehr gern gelesen!
LG, eKy