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Alt 23.04.2017, 12:41   #4
Eisenvorhang
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Welch wunderschöne Zeilen, die die letzte Lebenszeit in das Wort tragen.
Entgegensetzt zum Mondmann hatte ich keine Schwierigkeit.
Ich wünschte ich könnte Dir eine gute Kritik schreiben und würde nicht immer derart schmucklos kommentieren. Noch fehlen mir aber die Fähigkeiten!

Aber einwas kann ich beisteuern! Mein liebstes Gedicht von Dir, eky, ist "An eine namenlose Hure". Ich habe noch kein schöneres Gedicht gelesen.

Diese Art von Leidenschaft, das Schockierte und Hoffnungslose, das Respektvolle gegenüber einer "Hure", das Sehen und Wertschätzen des Menschens dahinter, derart perfekt, voller Reue, voller Wehleid durch Worte gezogen.
All diese Eigenschaften fehlen mir hier bei dem Gedicht etwas!
Ich hoffe, Du nimmst mir diese Aussage nicht krumm!

Und dein Thema erinnert mich an ein Gedicht von Rudolf Hagelstange.
Ich poste es.

Lied der Jahre

Wer bin ich und wie halte ich die Jahre,
die glühn, verflackern, sinken wie der Mohn?
Wohin der Duft? Und wer bewahrt den Ton?
Hoch flog der Ball im Aufwind junger Jahre.
Nun fällt er schon...?

Ist dies verloren, ist es je geschehen?
Schlaf unter Sternen; Küsten meerumblaut;
der Ströme Wandern; Städte hochgebaut? -
Ich könnte wieder alte Straßen gehen...
Sie wären nicht vertraut.

Wer bin ich, da mir dies entsunken?
Und wer vor dem, das Zukunft mir gespart?
Und wer, vom Winde wach, vom Weine trunken,
inmitten eines Schwarms und dieser Fahrt
von Seelenvögeln und von Geisterfunken?
Gib Antwort, Gegenwart!

Ich bin, ich atme - eines: Mund und Flöte.
Ich spiele mir ein Lied; ich bin das Lied.
Ich bin der Hauch, der durch die Höhlung zieht,
der Spieler und das Spiel, der Leib der Flöte,
der Flöte Lied.

Was frag ich nach dem Lied verschollner Jahre...
Ich bin. Ich atme. Hör ich nicht den Ton?
Hell schwebt die Wolke. Leuchtend brennt der Mohn.
Die Flöte harrt. Laß singen deine Jahre.
Ich hör sie schon.

vlg

EV

Geändert von Eisenvorhang (23.04.2017 um 13:01 Uhr)
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