Frau Müllers Alter
Frau Müllers Alter
Frau Müller hat es wirklich schwer,
ihr Alter taugt zu gar nichts mehr,
der Kerl verfällt von Jahr zu Jahr,
ist nicht mehr brauch- und vorzeigbar.
Die Haarpracht, welche ihn geziert,
ist längst vom Schädel emigriert,
bevölkert dafür noch und nöcher
die Ohren und die Naselöcher.
Ein Exemplar ganz ohne Nutzen,
das jedes Mal beim Wohnungsputzen
den Dreck nicht sieht, der in den Ecken
sich angewöhnt hat zu verstecken.
Beim Kochen macht er gar nichts Recht.
Selbst Eier kochen bei ihm schlecht,
mal sind sie hart und mal zu weich,
und meist zu hart und weich zugleich.
Der alte Trottel färbte neulich
die weiße Wäsche pink und bläulich
und was das Waschen überstand
hat er beim Bügeln braungebrannt.
Er stört beim Fernsehn. Ach, noch schlimmer,
im Grunde stört der Alte immer.
Im Bett bringt er schon lang nichts mehr
– außer Schnarchen zu Gehör.
Frau Müller denkt sich oft bei Nacht:
Ist es nicht gut, wenn man es macht,
wie es bei Spinnen üblich ist
und Männer nach der Paarung frisst?
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© Ralf Schauerhammer
Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
Geändert von Thomas (16.03.2017 um 15:36 Uhr)
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