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Thomas 08.05.2012 18:23

Volksvertreterversammlung
 
Volksvertreterversammlung

Da sitzen diese Gestalten
mit Schlips
und sprechen
mit den Köpfen aus Gips,
die sie im Kragen tragen,
und beklagen
das Brechen
falscher Versprechen
und Wählerverhalten
und wissen auf Fragen
im ernsten Ton,
schlaues zu sagen,
wie "Legitimation",
wie "Bürgerbegehren"
und "Vergangenheitslehren",
und reden
für jeden
im ernsten Ton
nachhaltig von
nachhaltigem Nachhalten –
diese Gestalten.

Aber im Leben,
da hüpfen die Spatzen,
sie picken im Kot
munter nach Korn und Schrot
lässt Tontauben platzen.


Auf selbiger entstanden.

Gert-Henrik 08.05.2012 20:22

Hallo Thomas :)

Das Werk erinnert mich irgendwie an die "Schwatzbude" unseres letzten Kaisers. Hm, wenn es so kritisch gemeint sein sollte, also ohne Augenzwinkern, dann würde ich den Inhalt so nicht mittragen. LE ist Politik ein hartes Geschäft und jeder Mensch lügt jeden Tag x-fach - nur bei Politikern werden mE menschenfeindliche Maßstäbe angelegt.
Die conclusio verstehe ich leider vom Bezug her nicht. Lassen die Spatzen die Tontauben platzen? Und ist das Werk auf einer Tontaube/tafel entstanden?

Gerne gelesen :)

LG
Lipiwig

fee 08.05.2012 20:32

ich kann mir die volksvertreterversammlung, auf der das gedicht entstanden ist, lebhaft vorstellen, lieber thomas.

so viel heiße luft auf engstem raum kann einen schon beklemmen oder einfach nur ernüchtern.

sehr gefallen mir

Zitat:

sprechen
mit den Köpfen aus Gips,
die sie im Kragen tragen,
und
Zitat:

und reden
für jeden
im ernsten Ton
nachhaltig von
nachhaltigem Nachhalten –
diese Gestalten.
.

strophe 2 ist genial gewählt, was das bild angeht.
und der letzte schlusssatz mit dem überraschungsmoment der "erkenntnis" des hohlen sitzt perfekt.


gerne gelesen, auch wenn ich in den zeilen spüre, der anlass für dieses gedicht war ein "verhalten heftiger".


lieber gruß,

fee

Thomas 09.05.2012 10:34

Hallo Lipwig,

also nee! den ollen Kaiser Willm will ich nicht zurück und ich bin froh, dass wir in einer Republik leben. Hoffentlich vermittelt der Titel keinen falschen Eindruck. Das Problem ist nicht die Staatform, sondern der Zeitgeist.

Politik ist sogar mehr als ein hartes Geschäft, denn eigentlich trifft das Wort Staatkunst besser, was Politik meiner Meinung nach eigentlich sein sollte. Und du hast auch ganz recht damit, dass die normalen Bürger im Allgemeinen nicht besser sind, als die Politiker.

Das Gedicht ist natürlich nicht bierernst gemeint, obwohl ein wenig Frust mitschwingt und den Schluss hat fee in ihrem Kommentar genau in meinem Sinne interpretiert.

Das etwas nervende Politikproblem sehe ich darin, dass zwar von Krisen geredet wird, aber gleichzeitig nur politisch korrekt, kompromissfähig und angepasst gedacht wird. Natürlich muss man Kompromisse schließen, aber zuerst muss man doch die Themen kompromisslos durchdringen, dass man überhaupt zu Lösungen kommt. Der Kompromiss kann jedenfalls nicht sein: Es gibt keine Alternative zu unserer Politik, aber eine Lösung der Probleme ist sie wahrscheinlich auch nicht. Da verlange ich von unseren Repräsentanten schon etwas mehr Hirnschmalz und Mut. Auf schöne Worte und gestylte öffentliche Auftritte würde ich dafür gerne verzichten.

Irgendwie habe ich den Eindruck, das reale Leben geht an vielen Politikern vorbei, und die stört das auch nicht sonderlich.

Liebe Grüße
Thomas


Liebe fee,

herzlichen Dank für deine netten und verständnisvollen Worte und dafür, dass du als echter Poesiespatz die schönsten Körner aus meinem Mist herausgepickt hast. So ist das Leben.

Liebe Grüße
Thomas


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