Gedichte-Eiland

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Ibrahim 12.04.2010 09:08

Charmant
 
Signora, darf ich höflich Sie besuchen?
Ein Gläschen Nektar aus der Blütenbar
Für mich, die Fliege, keine Imme zwar,
Das wäre doch als Werbung zu verbuchen.

Signora, was? Sie schenken nur den Bienen?
Sind Schänke für die Pollendiebe nur?
Bellissima, da wird doch eine Spur
Von Mitleid spürbar sein von Ihnen?

Oh, Dottoressa, schönste aller Blüten,
Ein Nipperchen, dann bin ich wieder fort.
Mit Dank an diesen generösen Ort
Gedenke ich die Großmut zu vergüten.

Sie wollen nicht, Sie z'franste Floraschande?
A Tussn sind Sie, welk und ohne Scham.
Des bissl Fruchtsaft hol i von daham.
I kumm a ohne Grünzeig leicht zurande.

Walther 13.04.2010 14:41

Lb. Ibrahim,

das ist schon ein feines edles Reimwerk, auch wenn's nach hinten in die Wiener Gossensprache abfällt (oder die Pucher?). Wir Piefkes hören da eben die Hörbigers und Mosers, oder neuer: den Andrè Heller, und der macht den "Österreicher". Aber den Schmäh, den hat er schon drauf, der Fliegerich, der den ewigen Stenz abgibt, und ein wenig norditalienisch daherreden tut er ja auch. Ich finde das Schmeicheln herrlich. Und da ist das Spätrömische ideal, denn wann klingt ein Doktortitel schöner als ein geflötetes "Dottoressa". Da sollte die so titulierte natürlich eine feines, Augen niederschlagendes "Permesso" von sich zwitschern, tut sie aber nicht.

Und weil sie es nicht tut, greift der Zurückgewiesene zur Gassensprache. "z'franste Floraschande", genial. Das kriegt man vielleicht noch in der deutschen Form des Norditalienischen, dem Münchnerischen hin. Wir Normalopiefkes haben so einen Schmäh nicht drauf, und Schmäh, das weiß der Eingeweihte, ist ja durchaus, wie hier zu hören oder lesen, nicht nur "nett". Wobei ich anmerken darf, daß dieses Werk erst vorgetragen, seine richtige Wucht entfaltet.

Ich habe mich wie in Deinem Abspann angekündigt herrlich unterhalten geführt. Großes Frühlingskino in vier Strophen: Das muß man erst einmal so hinbekommen.

Châpeau und Gruß

W.

Dana 14.04.2010 23:16

Lieber Ibrahim,

wie im wirklichen Leben. :D Ich habe laut losgelacht.

Man beginnt höflich zu schmeicheln. Um "ein Nipperchen" zu erhaschen, verrenkt sich sprachlich.
Klappt es nicht, legt man ohne jede Verrenkung los und wird "sachlich".:rolleyes:

Ein Humorgedicht vom Feinsten. Es macht sich gut, dass in der schönen Natur der Spaß nicht fehlt.
Bei deinen feinen Beobachtungen in der Natur stelle ich mir sogar vor, dass du das erlebt hast.;)

Liebe Grüße
Dana

Ibrahim 15.04.2010 16:35

Hallo Walther und Dana!
 
Ich danke Euch für die ausführlichen Kommentare. Es freut mich, wenn ich einen "Schmunzler" provozieren kann. LG Ingo

Falderwald 21.04.2010 23:37

Hallo Ingo,

das hatte ich schon gesehen und dann wieder vergessen.

Ich mag ja den Rainhard Fendrich sehr gerne und stelle mir dein Gedicht jetzt von ihm vortgetragen vor.
Das "Österreichische" hat wirklich einen ganz eigenen Charme und ich mag den Wiener Schmäh und den Humor made in Austria. (Ich war auch Fan von "Kottan ermittelt" ;))

Auf jeden Fall sitze ich hier mit einem breiten Grinsen vor deinem Gedicht, was mir sehr gut gefallen hat.

Einfach charmant...


Gerne gelesen und kommentiert...:)

Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Ibrahim 23.04.2010 07:47

Hallo Falderwald!
 
Danke für das "Hineinversetzen" in die österreichische (wienerische) Seele. :) LG Ingo


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