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-   -   Vor den Piranhas nimm Dich in Acht! (http://www.gedichte-eiland.de/showthread.php?t=13184)

Ann 15.01.2015 21:53

Vor den Piranhas nimm Dich in Acht!
 
Vor den Piranhas nimm Dich in Acht!
(Anm: Nur das “Dich“ im Titel ist eine Anrede für den Leser…)




Nach Jahren sahen wir uns wieder
Die Freude war da - aber verhalten
jedenfalls meinerseits…

ich war beeindruckt
von Deiner Eleganz
Geschmeidigkeit
dem Charisma…
doch vergangene Szenen
schlitterten dazwischen

so näherte ich mich
vorsichtig
witternd.
Denn zerbrochen
hast Du früher schon gern
mit Ironie

- - -
„Wenn ich ein Objekt erwerben will,
öffne ich zuerst die Schuppentür…“
(Leitsatz eines meiner Lehrmeister)
daran dachte ich
urplötzlich
bei unserer Begegnung

- - -

Deine dargestellte
Glückseligkeit
erschien so
-lackiert
so unwirklich perfekt
reibungslos

Welch eine Welt
hast Du Dir gezimmert!
Die Karriereleiter
himmelhoch erklommen
ein schönes Haus im Grünen
die dicken Automarken davor

der Garten fremdgepflegt
das Haus geputzt und in Schuß
die Familie geschniegelt
gebügelt
und alle so -
artig und freundlich!

Doch ich habe
in Deinen Abstellraum
gesehn -heimlich-
Sekundenbruchteile nur…
und die Enttäuschung
überflutet mich

nimmt mich gefangen
mehr als alle
Deine schönen Worte
gedrechselt -
das Gespräch
rauscht an mir vorbei

ein nicht endender Wasserfall
glaubst Du wirklich selbst
was Du da sagst?
Ich ziehe mich zurück
aus dem fahlen Schein
Deiner künstlichen Seelenlaterne
bin dauerhaft entsetzt

denn Du

bist ein gefährlicher
Menschenfischer geworden

- - -

Falderwald 16.01.2015 23:12

Hallo Ann,

wenn man sich nach vielen Jahren wiedertrifft, dann kann das schon eine Überraschung werden. Ob es eine gute oder eine böse wird, hängt immer von den Umständen ab.
Schopenhauer sagte, ein Charakter würde sich niemals ändern und ich neige dazu, ihm Recht zu geben, denn seine bestimmenden Anlagen bekommen wir mit in die Wiege gelegt.
Das scheint sich hier ja auch schon angedeutet zu haben, wie der Leser am Ende der dritten Strophe erfährt:

"Denn zerbrochen
hast Du früher schon gern
mit Ironie"

Strophe 4 fällt aus dem Rahmen, denn sie beinhaltet den Gedanken an einen Leitsatz eines Lehrmeisters und wird kursiv dargestellt.
Dieser besagt wohl, wenn jemand etwas haben will, dann leg er sich Schuppen an und wird zum Reptil. Die Schuppen schützen ihn und er kann gezielt darauf hinarbeiten.
Zudem sind Reptilien nicht besonders wählerisch in der Auswahl ihrer Nahrung, was man auch zuweilen als gierig und skrupellos bezeichnen könnte.
Schöne Metapher in diesem Zusammenhang.
(In der letzten Zeile würde ich das schwer zu lesende „unserer“ durch „dieser“ oder „jener“ ersetzen.)

Die folgenden Strophen beschreiben die heile Welt, wie sie dem Protagonisten durch das Gegenüber dargestellt wird.
Es erinnert mich gerade an eine alte Werbung, wo sich zwei Kumpel nach langer Zeit wiedertreffen und der eine plötzlich Fotos aus der Tasche zieht und sagt: „Mein Auto, mein Haus, meine Yacht..."(und der andere dagegen hält).

Und gut reden kann das elegante, geschmeidige und charismatische Gegenüber wohl auch, denn seine "heile Welt" sprudelt nur so aus ihm heraus.

Der Protagonist aber zweifelt an den Worten, fragt gar, ob sein Gegenüber selbst an seine Worte glaubt, denn jeder hat in seinem Keller die eigenen Leichen vergraben, wie ein Blick darauf bestätigt.

Letztlich kommt der Protagonist zu dem Schluss, dass sein Gegenüber ein Blender ist, mehr noch, ein Menschenfischer, der andere versucht für sich einzunehmen, um sie letztlich auszunutzen.

Fazit: Von solchen Typen gibt es wohl genug und gerade viele von denjenigen, die die Karriereleiter ganz hoch "hinaufgefallen" sind, haben dies oft nur mit äußerster Rücksichtslosigkeit geschafft, bei denen andere auf der Strecke geblieben sind. Frei nach dem Motto: Der Zweck heiligt die Mittel.


So habe ich deinen Text interpretiert, der, mit ordentlichen Metaphern und anschaulichen Bildern bestückt, ein interessantes Werk ist. :)


Gern gelesen und kommentiert...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


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