Gedichte-Eiland

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Falderwald 11.05.2014 21:05

Muttertag
 



Muttertag
(Eine etwas andere Geschichte)

Das ganze Jahr war ich euch scheißegal,
doch heute kommt ihr, um mich zu besuchen
mit Kind und Kegel her, fresst meinen Kuchen
und abends dann noch meinen Kühlschrank kahl.

Ihr seid doch alle nicht mehr ganz normal,
am liebsten würde ich euch Pack verfluchen
und eine Reise in die Hölle buchen,
ihr könnt mich mal mit eurem Ritual.

Doch lieber schweige ich in stiller Demut,
als euch mein Unglück nun zu offenbaren,
es brächte wohl nur Missmut und Verderben.

Ihr habt mich abgeschoben, dass es weh tut,
habt ihr noch nicht gemerkt in all den Jahren
mein Herz quält sich seit langem schon beim Sterben.


Falderwald
. .. .



Erich Kykal 11.05.2014 21:35

Hi, Faldi!

Ich erkenne deine Intention, und solch ein Szenario mag in unserer Gesellschaft des "Tot"-schweigens durchaus wahrscheinlich sein - indes, deine Umsetzung hier ist mir im Ton allzu verbittert und hasserfüllt. Die wenigsten Mütter würden so denken. Sie wären von solchen Kindern sicherlich enttäuscht, aber dennoch wären die meisten trotzdem froh, sie wenigstens zu diesen wenigen Gelegenheiten noch zu sehen und etwas Zuwendung zu bekommen. Gute Mütter lieben nun mal ihre Kinder - selbst in solchen Situationen.
Ehrlich - für eine solcherart "schimpfende" Mutter vermag ich kein Mitgefühl aufzubringen, so gesehen hast du, zumindest was mein Empfinden angeht, hier den falschen Ton angeschlagen. Diese zynischen Zeilen erreichen nicht des Lesers Herz, man denkt eher: So eine verbitterte Schachtel ist vielmehr wohl selbst schuld, dass man sie meidet, so ätzend, wie die ist!
Mütter, die ihre Kinder "Pack" nennen und sie zur Hölle wünschen - nöh, da sendest du die falsche Botschaft für das, was du dem Leser vermitteln willst.

Als Lehrer würde ich sagen: Gut geschrieben, aber Thema verfehlt.

LG, eKy

Chavali 12.05.2014 08:52

Hollaaaa Faldi,

das ist ja in der Tat starker Tobak :eek:

Ich meine, du hast absichtlich gewaltig übertrieben, denn ich bin mir sicher, du weißt,
dass eine Mutter nie so denken würde, wenn sie auch noch so verletzt wäre
durch eine gewisse Nichtachtung ihrer Kinder.

Ich würde nicht sagen, dass es diese Konstellation nicht geben würde - aber wie gesagt,
trotz allem ist das schon sehr krass, welche Gedanken du einer Mutter unterschiebst :D

Formal wie immer diskussionslos gedichtet ;)

Interessiert gelesen hat mit lieben Grüßen,
Chavi

juli 12.05.2014 09:27

Hallo Falderwald
 
Dein Gedicht ist leider nicht übertrieben. Auch wenn einem bei der Wortwahl. der Atem stehen bleibt. Ich finde es sogar gut, wenn eine Mutter noch in der Lage ist, so kraftvoll, wütent zu denken. Es ist besser als still zu leiden, und manchmal geht das auch nicht mehr.

Ich habe im Heim viele Mütter erlebt, die nur Besuch bekamen an " besonderen " Tagen, aber sonst waren sie das ganze Jahr alleine.

Also ich finde Dein Gedicht regt zum Gespräch und zum Nachdenken an:)


Liebe Grüße
sy

Claudi 12.05.2014 11:58

Hi Faldi,

von mir kriegst Du den Muttertagsstrauß. So wollte das unbedingt mal gesagt werden! Dein Sonett schlägt für mich genau den richtigen Ton an, gerade weil die meisten Mütter sich scheuen würden, so deutlich zu werden. Die unausgesprochenen Gedanken des LI rütteln auf. Die traurigen Terzette gehen dem heuchlerischen Pack hoffentlich richtig an die Nieren.

Die verbitterte Schachtel sehe ich nicht. Wie genau diese Mutter sich nach außen gibt, sagst Du ja auch gar nicht. Das kann sich der Leser selbst ausmalen. Ich stelle mir vor, sie macht wie erwartet auf Friede, Freude, Eierkuchen und lässt sich die Enttäuschung nicht anmerken.


Die äußeren Verspaare männlich enden zu lassen, war eine gute Wahl. Formal könntest Du mit einem kleinen Trick die doppelte Reimendung -mal tilgen, wenn Du V8 einfach umstellst:

ihr könnt mich mal mit eurem Ritual

Ich finde Dein Sonett gelungen, es hat mich sehr berührt.

Liebe Grüße
Claudi

Falderwald 12.05.2014 19:37

Servus Erich,

tja, so verschieden können die Geschmäcker sein...:D

Wie du siehst, löst der Text ziemlich kontroverse Reaktionen aus und der Widerspruch kommt vor allem von den Damen selbst.
Jetzt bist du platt, nicht wahr?
Was wollte ich dem Leser denn vermitteln?
Zitat:

Zitat von Erich
Als Lehrer würde ich sagen: Gut geschrieben, aber Thema verfehlt.

Als guter und braver Schüler würde ich dir nun antworten: Vielen Dank für das Lob bezüglich der Ausführung, Herr Lehrer, aber bei allem Respekt, kann es sein, dass Sie zu wenig Fantasie besitzen und nicht allzu viel Ahnung von den Frauen haben? :D;):)

Nein, ich kann deine leichte Empörung schon verstehen und ein Aspekt dieses Textes ist ganz bewusst provokativ ausgerichtet.

Danke, dass du dich trotzdem damit beschäftigt hast...:)


Hi Chavi,

da stimme ich dir zu, der Text ist schon ziemlich krass.

Übertrieben habe ich sicherlich, doch ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was so manche Mutter von ihren Kindern denkt. So viele Mütter kenne ich nicht, aber darunter befinden sich einige, wenn du das zusammenfasst, was sie so denken (und sagen), dann käme das mit Sicherheit dabei heraus. So ist jedenfalls meine Erfahrung.

Zitat:

Zitat von Chavali
Ich würde nicht sagen, dass es diese Konstellation nicht geben würde - aber wie gesagt, trotz allem ist das schon sehr krass, welche Gedanken du einer Mutter unterschiebst

Aber solche Gedanken unterstelle ich ja auch nur dieser Mutter aus dem Text hier. ;)

Vielen Dank, dass du deine Gedanken dazu hier gelassen hast...:)


Moin syranie,

was du aus dem Heim berichtest, will ich gerne glauben, denn ich gehöre ja zu den im wahrsten Sinne des Wortes Außenstehenden und so fehlt mir die nötige Erfahrung im Dauerumgang mit den betreuten Menschen. Allerdings habe ich durch meinen alten, langjährigen Job viel Kontakt auch zu Heimbewohnern und Mitarbeitern gehabt.

Zitat:

Zitat von Syranie
Also ich finde Dein Gedicht regt zum Gespräch und zum Nachdenken an

Genau das war meine Absicht. ;)

Vielen Dank für deinen verstehenden Kommentar...:)


Hi Claudi,

den Strauß fange ich sofort auf, vielen Dank dafür...:)

Wahrscheinlich würde das keine Mutter so aussprechen.

Du hast sehr schön den Unterschied zwischen den Quartetten und den Terzetten herausgestellt. In den Quartetten steckt Wut und Verbitterung und die Terzette sind eigentlich tieftraurig und resignierend.

Und alle vier Strophen sind Spiegel mit verschieden Facetten.
Das erste Quartett ist anklagend, das zweite schildert die erregten Gefühle, im ersten Terzett kommt die Einsicht, dass es besser sei, sich das alles nicht anmerken zu lassen und im zweiten schließlich zeigt sich das traurige Resultat.

Deine Interpretation gibt so ziemlich genau meine Intentionen wieder.

Deinen Vorschlag bezüglich der Umstellung habe ich übernommen. Du wirst lachen, so hatte ich es anfangs auch stehen. Warum ich es dann letztlich wieder umgestellt habe, weiß ich auch nicht zu sagen.

Zitat:

Zitat von Claudi
Ich finde Dein Sonett gelungen, es hat mich sehr berührt.

Du hast dich auch sehr bemüht, hinter die Zeilen zu schauen, dankefein...:)


Vielen Dank für eure Kommentare, ich habe mich sehr darüber gefreut...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Narvik 14.05.2014 11:38

Hallo Falderwald,

das sind wirklich düstere und vor allem deftige Gedanken, die dein Sonett hier aussprechen.
Ich kann dir aus eigener Erfahrung aber nur bestätigen, dass es viele alte Menschen gibt, die sich abgeschoben fühlen und darob verbittert sind.
Ob sie genau solche Gedanken gegenüber ihren Familienangehörigen hegen, weiß ich nicht zu sagen, aber Klagen über zu wenig Besuch und Aufmerksamkeit kenne ich genug.
Auch reden viele der Betroffenen nicht offen darüber, weil sie eben Angst haben, dass dann gar keiner mehr kommt.
Und für viele ist das Sterben in gefühlter Einsamkeit das schlimmste aller Schicksale.
Auch wenn ich kein Freund solch deftiger Worte bin, haben mich diese aber dennoch erreicht.

Herzliche Inselgrüße

Narvik

Falderwald 15.05.2014 18:20

Hallo Narvik,

wie schon weiter oben erwähnt, ist diese Mutter rein fiktiv. Ich habe ihr diese Worte in die Gedanken gelegt, sie aber nicht aussprechen lassen, so dass sie nie beim Empfänger ankommen werden.
Und sie haben ja auch kontroverse Meinungen hervorgerufen, wei man hier nachlesen kann.
Es geht auch gar nicht um Mitleid, sondern um das Schicksal und wie sich jemand dabei fühlen könnte, es aber nicht aussprechen darf oder will.

Darüber darf jeder Betroffene dann einmal nachdenken. Das waren meine Absichten.

Wenn dich diese erreichen konnten, dann haben sie ihren Zweck erfüllt. :)


Vielen Dank für deinen Kommentar...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Hollerith 16.05.2014 12:13

Hallo Falderwald,

also ich glaube auch, dass es Mütter gibt, die sich aus Angst, daß dann kein Besuch mehr kommt, mit ihren Worten zurückhalten, während sie ganz sicher solche Gedanken wie du sie schilderst haben könnten.

Aber nach meiner Erfahrung geht es nicht nur um den Muttertag, sondern auch um Ausnutzung allgemein.
Merken die Kinder das nicht, oder ist es ihnen egal?

Meinem Kumpel geht das so: Er hat einen Enkel, der kommt nur, wenn er glaubt, Geld abgreifen zu können und bedankt sich nicht mal, sondern steckt ein, als wäre das selbstverständlich.
Dabei ist nicht mal der Enkel schuld, denke ich, sondern dessen Eltern, die ihm nie einen gewissen Respekt vor den Dingen beigebracht haben.


LG Hollerith

Falderwald 16.05.2014 20:44

Moin Holerith,

was du schilderst, ist eine ziemlich typische Geschichte.

Eine meiner Großmütter hatte bis zum Schluss eine eigene Wohnung, in der sie auch gestorben ist (die andere wohnte in ihrem Haus, in dem wir auch wohnten).
Diese Oma ließ auch immer was springen, wenn ich zu Besuch kam. Damit hat sie auch geködert und ich habe das manches Mal gut für mich genutzt.
Aber wir haben sie auch regelmäßig versorgt und alle Gänge für sie erledigt.
Trotzdem klagte sie oft darüber, wie alleine sie doch sei und hat auch machmal darüber geschimpft. Nun, das war wohl so eine Art Altersstarrsinn.
Aber was sollten wir machen? Wir hatten auch unser eigenes Leben. Wir haben uns ja um sie gekümmert und trotzdem reichte es nicht.

Was ich damit sagen wollte, es gibt oft Probleme auf beiden Seiten.

Aber es gibt eben auch solche, die so etwas nur schamlos ausnutzen wollen.

Und die Worte, die ich jener Mutter in den Mund gelegt habe, sind ja nicht wortwörtlich gemeint. Wie oft sagt man, der und der soll sich zum Teufel scheren. :rolleyes:


Vielen Dank für deine Gedanken zum Thema und den Kommi...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


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