Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 12.08.2013 10:15

Entrückung
 
Die bunte Welt verblasst vor meinen Blicken,
ganz langsam fließen alle Farben weiter,
um unverbrauchte Augen froh und heiter
zu stimmen, scheint's, und meine Sinne schicken

mich längst nach innen zu Erinnerungen,
die farbenfroher wirken als die Stellen,
die noch von außen in mein Fühlen quellen.
Die letzte Queste ist noch nicht gelungen,

ich halte Fühlung mit der welken Erde,
die mich umwebt mit schwindenden Genüssen.
Teils hoffend, fürchtend, dass ich älter werde,

gefangen in getroffenen Entschlüssen,
verbleibe ich mit sinkender Gebärde
auf diesem Pfad, den alle gehen müssen.

Chavali 12.08.2013 11:58

Hi, Erich,

ich mag deine das Leben reflektierenden Gedichte.
Dieses hier ist besonders tiefgehend.

Der letzte Absatz:
Zitat:

...
Teils hoffend, fürchtend, dass ich älter werde,

gefangen in getroffenen Entschlüssen,
verbleibe ich mit sinkender Gebärde
auf diesem Pfad, den alle gehen müssen.
gefällt mir am besten.
Er beschreibt wohl die Resignation aus einem Leben, dass man sich einrichtete
und man nicht mehr verändern will oder kann.

Deine gewählten Worte sind nicht die leicht verständlichen - man muss sie sich verinnerlichen.
Aber gerade das - so denke ich - hast du ja gewollt.


Gern gelesen und versucht zu verstehen hat mit lieben Grüßen
Chavali







Erich Kykal 12.08.2013 13:25

Hi, Chavi!

Vielen Dank - ja, es ist auch für mich interessant, wo meine Verse oft hinführen, denn beim Schreiben lege ich sicher über 90 Prozent meiner Kapazitäten auf die Sprachmelodie, die Formulierung flüssiger Sätze und Reime.
Eher dem Unterbewussten bleibt somit überlassen, wo es das Werk dann inhaltlich hinführt - ein bewusster Akt ist dies im selteneren Falle!
Meist gehe ich von einem visuellen Eindruck oder einem davon initiierten Gefühl aus und überlasse es dieser Art von Trance, in die ich so beim Schreiben gerate, das Gedicht zu einer sinnvollen Conclusio zu führen.
Das macht die meisten meiner Arbeiten höchst authentisch, bzw. autobiografisch - auch, wenn ich zuweilen ein LyrDu vorschiebe.:rolleyes::D

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy

Dana 16.08.2013 19:42

Lieber eKy,

jedes Mal nach dem Lesen deiner Gedichte muss ich erst tief durchatmen, um die gebotene Kunst zu erfassen. Es ist die Harmonie in Sprache und Aussage,
die aufzeigt, was ein Gedicht (Sonett) ausmacht. Hier werden Philosophie und Betrachtung in relativ wenigen Versen dargeboten und ersetzen tausend und mehr geschriebene Seiten.
Deine Antwort an Chavali nehme ich dir ganz und gar ab. Zur Dichtung gehört Sprachmelodie in Reim und Fluß. In Gefühlen und Betrachtungen sind wir Menschen uns mehr oder weniger ähnlich. Um mit diesen zu berühren, anzusprechen, muss man der Sprache "mächtig" sein. Du bist es.:)

Ein wirklich schönes, wunderbares Sonett.

Mit ganz lieben Grüßen vom "aktuellen Pfad"
Dana

Erich Kykal 16.08.2013 21:07

Hi, Dana!

Vielen Dank für soviel positives Echo!

Abgesehen davon, dass ich mich selbst ab und an bei der Einsicht ertappe, dass ich mit der (Menschen)welt nicht mehr viele Berührungspunkte pflege, versuchte ich mich hier quasi in ein womöglich 20 oder 30 Jahre älteres Selbst zu versetzen:
Mit dem Leben eigentlich schon abgeschlossen habend, aber vielleicht noch ein letztes Ziel vor Augen, an das es sich klammert, weil es das einzige ist, was es noch mit der Welt verbindet. Halb hoffend, nicht gehen zu müssen und halb, endlich gehen zu dürfen: Sehnsucht nach Ruhe und Angst vor der Leere des Nichtmehrseins gleichermaßen.

Interessantes Detail am Rande: In einem anderen Forum wurden hier die Quartette als "etwas sperriger als sonst von mir gewohnt" bezeichnet...

LG, eKy

Cebrail 17.08.2013 10:45

Hallo Erich,
manchmal wenn ich deine Gedichte lese,
habe ich den Eindruck auf den Grund einer Seele zu blicken zu können
und beim tieferen Betrachten, bekomme ich dann einen Spiegel vorgehalten.
Du schaffst es hier mir wohlbekannte, nennen wir es mal Gefühlsregungen,
in ein äußerst poetisches Gewand zu stecken.

Bei diesem Gedicht machst du es mir wegen der Zeilenumbrüche ein
wenig schwieriger dir folgen, wie beim Übergang von der ersten zur zweiten Strophe.

Sperrig klingt hier nichts für mich, ich habe eher mein Freude an den kleinen
Feinheiten die den besonderen Klang dieser Zeilen ausmachen, also ganz im Sinne eines
Klangedichtes.

Ich versuche mal anhand von ein paar Beisielen zu veranschaulichen was ich meine.

„ zu stimmen, scheint's, und meine Sinne schicken“
hier ist es der helle Vokal in „stimmen“ der der durch „scheints“ und „meine“ abgelöst wird,
um dann wieder bei „Sinne schicken“ aufgenommen wird.

Weiter geht’s mit der zweiten Strophe „ innen und Erinnerungen“.

In dritten Strophe ist es die „letzte Queste“ die besonders gefällt.

Zum Inhalt gibt es aus meiner Sicht nur zu sagen, dass dies Worte sind die ich gut
nachvollziehen kann.

Sehr gerne gelesen.

Nen Gruß
C.

Erich Kykal 17.08.2013 14:07

Hi, Cebrail!

Vielen Dank für diese Gedanken! Ich schöpfe natürlich immer aus dem eigenen Erfahrungsschatz und Lebenshintergrund, aber Parallelen wird es immer geben, gerade wo charakterliche/soziale Archetypen die Thematik prägen.

LG, eKy


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