Gedichte-Eiland

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Galapapa 26.10.2010 12:48

Novemberregen
 
Der Raureif der Novembernacht
taut rasch im frühen Regenschauer.
Ein trüber, nasser Tag erwacht,
trägt schwarz an kahlen Hecken Trauer.

Auf Wiesengräsern, welk und steif,
liegt glasig schimmernd und erfroren,
ein Apfel, süß und überreif,
am Wespenfraß schon angegoren.

Die Nässe wäscht die klamme Luft
im herbstlich kalten Nebelmorgen.
Aus feuchtem Laub steigt Moderduft
und überall ist Tod verborgen.

Zum Regen mischt sich stetig mehr
der erste Schnee in dicken Flocken,
die Bäume scheinen, blattlos leer,
den nahen Winter herzulocken.

Gert-Henrik 26.10.2010 19:47

Heihei Galapapa,

ein feines Werk, bei dem mir besonders das Bild der dürren Finger aE gefällt, die sanft den Winter locken.

Auch gefällt mir, dass der Apfel nicht angebissen wurde, sondern von Wespen angefressen seinen irdischen Gang antritt.
Die Wespe könnte symbolisch für die (auch sexuell) aggressive Seite der Lebenskraft (Höllen´biene`) stehen. Neues Leben, das sich schon im beginnenden Tod andeutet. Der Stachel passt auch astrologisch in den Monat der Skorpiontiefe.

...hm usw. usf. - Du siehst: Anregende Zeilen :)

Formal eine Anregung:

In S2V4 das "schon"
am Wespenfraß schon angegoren.

Fraß sorgt ja eher für ein weniger, als ein mehr, während die Gärung im Gegenteil eher für Beulen usw. sorgt.

Was wäre z.B. mit:

mit Wespenfraß, leicht angegoren?

Herbstgrüße von
Lipiwig

Galapapa 27.10.2010 09:35

Hallo Lipiwig,
danke für Deinen lobenden Kommentar!
Deine Gedanken zu den Wespen finde ich sehr interessant, da steckt für mich auch Stoff für ein neues Thema drin, danke.
Zu Deiner Anregung und dem Vorschlag möchte ich Folgendes sagen: Wenn eine Frucht, die Zucker enthält, an einer Stelle ihre schützende Hülle verliert, dann beginnt nach einer Zeit an dieser Stelle auch tatsächlich die alkoholische Gärung. Die braune "Wunde" riecht dann auch dementsprechend. Genau das war hier gemeint und sollte ausdrücken, dass der Apfel da schon lange unbeachtet und vergessen gelegen hatte. Hierin steckt der Gedanke des Verlorenseins und der Vergänglichkeit.
Es heißt deshalb "am" Wespenfraß, weil damit genau die Stelle nur gemeint ist und "schon" angegoren, um das fortgeschrittene Stadium auszudrücken, im Sinne von "der ist ja schon...".
Wenn Du's mal so betrachtest, wirst Du mir vielleidht zustimmen, wenn ich's jetzt mal so stehen lasse.
Nochmals danke und einen herzlichen Herbstgruß zurück an Dich!
Galapapa

Dana 27.10.2010 18:21

Lieber Galapapa,

ja, der Herbst ist da und der Winter naht - unausweichlich.
Nach dem letzten schlimmen Winter bekenne ich mich zum Frühlings- und Sommerkind.
Den Herbst und Winter lasse ich mir in Gedichten wie dem deinen gefallen.
Bildlich betrachtet tragen diese viel Schönheit und noch mehr von der geliebten Melancholie. ;)

Ganz besonders gefällt mir die darin gut getroffene "Schwankung" im November. Eiskalte Nächte, hier und dort schon "Matschschneeflocken" und das mühsame "Erholen" am Tage.

Überhaupt ist jede Strophe mit wunderbaren Bildern "verlyrt".

(Nur noch Dez., Jan., Febr. (kurz) und dann kommt der Frühling daher.)

Liebe Grüße
Dana

Galapapa 28.10.2010 09:47

Hallo Dana,
in Deinem Kommentar steckt viel Trost, den ich immer vonnöten habe, wenn ich im Winter monatelang nur Stämme, Äst und Zweige sehe und das dichte lebendige Grün vermnisse. Aber im Holz steckt Leben, in den Knospen ein Neuanfang...
Freuen wir uns also auf Tannenreisig mit Kerzenlicht, feines Gebäck und den Spaziergang im verschneiten Wald...
Meine Bilder beziehe ich meist von meinem "Hausberg" (614 Meter), dem "Doma", der seit meiner Kindheit das Ziel meiner Augen ist, wenn ich nach dem Wetter schaue. Das Weiß des ersten Schnees im Winter und die hellgrünen Flecken des ersten Buchenlaubs im späten April oder der Novembernebel, der mir meinen Berg weggezaubert hat...
Ich danke Dir für Dein schönes Lob und grüße Dich ganz herzlich!
Galapapa

Erich Kykal 29.10.2010 10:42

Hi, Charly!

Ein ausgesprochen gelungenes Herbstgedicht aus deiner Feder! Metrisch gelungen, sprachmelodisch wunderbar harmonisch gefügt, malt es bitterschöne Bilder in die Seele!
Klatsch, klatsch! Ich kann nicht anders! Applaus hierfür, aufrichtig empfunden. Das sind GROSSE Zeilen!
Sie vermitteln ein wahres Herbstgefühl - diese Stimmung von leiser Trauer über ein vergehendes Jahr und die eigenartige Schönheit des Verfalles.

Ein Haar habe ich aber in deiner perfekt abgeschmeckten "Suppe" doch gefunden:

S1Z3,4: Hier würde ich in Z3 das Komma weglassen und die letzte Zeile mit "und" beginnen - es läse sich runder, und du begännst die beiden Zeilen auch nicht mit demselben Vokal, was sich sprachmelodisch besser machen würde, wie ich finde.

Ansonsten gibt es hier einfach nix zu meckern! Da hast du aber mal ein paar magische Minuten gehabt, als dir dies aus der Feder geflossen ist, was?!
Ich bin immer noch ganz hin und weg davon! Schön das!!!

LG, eKy

Galapapa 30.10.2010 12:01

Hallo Erich,
schön, wieder mal von Dir zu hören bzw. zu lesen, und dann gleich so ein Lob. Ganz lieben Dank dafür, ich weiß es zu schätzen!
Ich habe mir zum Ruhestand einen Wintergarten geleistet, in dem ich bei Novemberregen warm und bequem im Sessel sitzend, den Gefühlen und Gedanken freien Lauf lassen konnte. Streng genommen war's natürlich ein vorgezogener Novemberregen im Oktober, aber was soll's.
Zu Deiner Anregung in Strophe 1: Man hat mir in meiner Lehrzeit die "Unds" doch ziemlich abgewöhnt, was vielleicht ganz gut ist. Ich weiß, was Dich in Z3 und 4 ein wenig gestört hat und habe versucht, eine etwas andere Lösung zu finden. Ich hoffe, ich hatte Dich da richtig verstanden.
Nochmals lieben Dank, verbunden mit einem herzlichen Gruß an Dich!
Galapapa


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