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Walther 11.05.2018 09:35

Schattenschlag - Schlagschatten
 
Schattenschlag - Schlagschatten

Den Schatten nur, und sonst ist nichts,
Ihn trifft der Mensch auf freier Fläche:
Er schlägt im Winkel grellen Lichts
Und stört die Spiegelung der Bleche
Und trifft die Linie des Gesichts.

Er spricht die Losung, feine Worte,
Die niemand hört, sein Schatten nur.
Es ist die Einsamkeit der Orte,
Es ist im Nirgendwo die Spur;
Sie führt zur nächsten hohen Pforte.

Er geht. Es ist ein müdes Schlurfen.
Er hustet und entlässt den Ruf
Nach Müssen, Sollen, Wollen, Dürfen
Und nach dem Herrn, den ihn einst schuf,
Um nach dem Sinn im Sand zu schürfen.

Erich Kykal 11.05.2018 12:46

Hi Walther!

Sehr intensiv geschrieben - Reimschema, Formulierung und Inhalt ergänzen sich perfekt zu einer Melodie inneren Zweifels, Blindheit und Unsicherheit.
Ich sehe einen Priester, der vor einer leeeren Kirche steht, einen Entwurzelten, den sein Leben fragend anschaut ...

S1 ist anfangs etwas seltsam formuliert. Gemeint ist wohl, dass der Mensch den Schatten trifft (im Sinne von ihm begegnet) und dann von diesem geschlagen wird (mit Dunkelheit, Kälte, Zweifel?).
Die ambivalente Bedeutung von "treffen" sorgt hier aber womöglich für Verwirrung, den man könnte ja meinen, dass der "schlagende" Schatten "trifft", und dann wäre Z2 falsch herum formuliert.
Ein inhaltlich stringenteres und klareres Bild wäre dies:

Der Schatten nur, ansonsten nichts,
Er trifft den Mensch auf freier Fläche:
Er hockt im Winkel grellen Lichts
Und stört die Spiegelung der Bleche
Und trifft die Linie des Gesichts.

Zudem: Dieses "und sonst ist nichts" in Z1 erscheint seltsam unpassend hinformuliert, das "ist" erscheint die Formulierkunst betreffend suboptimal. Auch hier biete ich eine Alternative.

Auch das Bild, dass ein Schatten "schlägt" (trotz der Verwendung in den Titelworten) ist erst mal etwas gewöhnungsbedürftig. Ich glaube, das "Schlag-" in Schlagschatten ist nicht im Sinne von "zuschlagen" zu verstehen.
Da sollte man sich erst mal über die Herkunft der Worte kundig machen ... (ich weiß es auch nicht)
Auch dafür mache ich einen Vorschlag. Es reicht ja der Titel, man muss das "schlagen" nicht auch noch um jeden Preis im Text unterbringen, oder?


Mehr wüsste ich nicht zu hinterfragen - da ist dir ein sehr intensives Stück Lyrik gelungen, das gefangen nimmt und die Lebenszweifel spürbar macht. (Nicht, dass ich die den "hirntot religiösen" Menschen nicht vergönnen würde ... :D:p)

Sehr gern gelesen! :):Blume:

LG, eKy

waterwoman 11.05.2018 14:02

Hallo Walther,

das ist ein gutes Gedicht, bei dem man nicht nur einmal lesen muss, sondern mehrmals.
Sehr intensiv und nicht ganz leicht zu verstehen.

Ich weiß nicht, ob ich wie Erich einen Pastor oder Priester in der Kirche sehen soll, der sein bisheriges Leben anzweifelt.

Ja, vielleicht beklagt er die fehlenden Zuhörer und fragt sich, was die Religion eigentlich noch bewirken soll...

Die Änderungsvorschläge würde ich auf jeden fall übernehmen.


Gruß
ww

Walther 17.05.2018 13:42

Zitat:

Zitat von Erich Kykal (Beitrag 112826)
Hi Walther!

Sehr intensiv geschrieben - Reimschema, Formulierung und Inhalt ergänzen sich perfekt zu einer Melodie inneren Zweifels, Blindheit und Unsicherheit.
Ich sehe einen Priester, der vor einer leeeren Kirche steht, einen Entwurzelten, den sein Leben fragend anschaut ...

S1 ist anfangs etwas seltsam formuliert. Gemeint ist wohl, dass der Mensch den Schatten trifft (im Sinne von ihm begegnet) und dann von diesem geschlagen wird (mit Dunkelheit, Kälte, Zweifel?).
Die ambivalente Bedeutung von "treffen" sorgt hier aber womöglich für Verwirrung, den man könnte ja meinen, dass der "schlagende" Schatten "trifft", und dann wäre Z2 falsch herum formuliert.
Ein inhaltlich stringenteres und klareres Bild wäre dies:

Der Schatten nur, ansonsten nichts,
Er trifft den Mensch auf freier Fläche:
Er hockt im Winkel grellen Lichts
Und stört die Spiegelung der Bleche
Und trifft die Linie des Gesichts.

Zudem: Dieses "und sonst ist nichts" in Z1 erscheint seltsam unpassend hinformuliert, das "ist" erscheint die Formulierkunst betreffend suboptimal. Auch hier biete ich eine Alternative.

Auch das Bild, dass ein Schatten "schlägt" (trotz der Verwendung in den Titelworten) ist erst mal etwas gewöhnungsbedürftig. Ich glaube, das "Schlag-" in Schlagschatten ist nicht im Sinne von "zuschlagen" zu verstehen.
Da sollte man sich erst mal über die Herkunft der Worte kundig machen ... (ich weiß es auch nicht)
Auch dafür mache ich einen Vorschlag. Es reicht ja der Titel, man muss das "schlagen" nicht auch noch um jeden Preis im Text unterbringen, oder?


Mehr wüsste ich nicht zu hinterfragen - da ist dir ein sehr intensives Stück Lyrik gelungen, das gefangen nimmt und die Lebenszweifel spürbar macht. (Nicht, dass ich die den "hirntot religiösen" Menschen nicht vergönnen würde ... :D:p)

Sehr gern gelesen! :):Blume:

LG, eKy

lb eKy,
deine überlegungen habe ich durchgelesen, und ich danke dir sehr dafür. du hast dich sehr tiefgreifend mit den text beschäftigt.
deine vorschläge aber führen zu einer veränderung des sinnes, zu einem wechsel des protagonisten in s1. ich habe das bewußt anders konstruiert. daher kann ich diesen umbau nicht umsetzen.
daß etwas einen schatten schlägt, ist eine stehende formulierung. auf ihr baut nicht nur s1 auf. erst in s2 tritt der auf, der den schatten schlägt. zuerst ist da nur sein schatten.

lg W.


Zitat:

Zitat von waterwoman (Beitrag 112832)
Hallo Walther,

das ist ein gutes Gedicht, bei dem man nicht nur einmal lesen muss, sondern mehrmals.
Sehr intensiv und nicht ganz leicht zu verstehen.

Ich weiß nicht, ob ich wie Erich einen Pastor oder Priester in der Kirche sehen soll, der sein bisheriges Leben anzweifelt.

Ja, vielleicht beklagt er die fehlenden Zuhörer und fragt sich, was die Religion eigentlich noch bewirken soll...

Die Änderungsvorschläge würde ich auf jeden fall übernehmen.


Gruß
ww

lb waterwoman,
auch dir danke ich mehr als herzlich für deinen eintrag. auf meine ausführungen zu eKys vorschlägen darf ich verweisen.
lg W.


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