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Chavali 01.06.2009 17:27

Die Todsündengedichte - Neid
 


Sie geben sich locker und sind doch verkrampft
in ihrem eignen Begehren,
pro domo die Wahrheit wird einfach zerstampft,
wobei sie die Lügen vermehren.

Sie schleimen und flöten aus sicherem Loch,
scheinen dich ganz zu verstehn.
Sie lächeln dich an und würden dich doch
am liebsten von hinten sehn.

Denn sie sind eitel wie nichts auf der Welt,
säh'n sich am liebsten ganz vorn,
der Neid zerfrisst sie und hat sie gefällt
und sticht und nährt ihren Zorn.



Leier 01.06.2009 18:07

Liebe Chavali,

neidzerfressen:
wie wahr!
Man lehre mich die Menschen kennen! Ich kenne Neider aus nächster Nähe.
Mit dem "pro domo" komme ich nicht zurecht. Wie hast Du das gemeint?
Ich kenne den Ausdruck nur aus der Justiz. Da übernehmen Anwälte eine Verteidigung, obwohl der Angeklagte über keine Mittel verfügt, sie nennen es "pro domo", weil es dem Ansehen der Kanzlei dient, daß sie ohne Entgelt arbeiten.

Dein Gedicht ist gut.
Aber ich glaube nicht, daß der Neid nur auf Eitelkeit basiert.
Eher aus einem gewissen Gefühl der (eigenen) Minderwertigkeit heraus.
Und dem "auch-haben-wollen", um zumindest gleichwertig zu erscheinen.

Ich zeihe mich auch der Sünde des Neides, wenn ich Gedichte lese, an die meine niemals heranreichen können.

Na, ich wollte nicht abschweifen.

Vorerst Kompliment und Gruß

von
cyparis

Blaugold 01.06.2009 21:29

Hallo Chavali

Das Thema in ein paar wenigen Zeilen zu verarbeiten ist sicher nicht leicht. Neid* hat bestimmt viele Facetten. In deinem Gedicht beschreibst du eigentlich Neider, weniger den Neid an sich, finde ich. Und das scheint mir dann doch sehr am Titel vorbei. Klar, du wählst Eigenschaften der Menschen, die neiden, um Neid zu beschreiben; Doch sind diese Spektren eben nur Auswirkungen, Symptome die man am Charakter, an Persönlichkeit, an Handlungen usw. nachvollziehen kann. Zudem sind einige Zuschreibungen, wie Schmeicheleien, Begehren, Falschheit oder Zorn erst im Gefolge von Neid zu finden, zwar weitläufig ihm zugehörig, aber nicht konkret "die Sache".
Neid, denke ich, entsteht durch Vergleichen von Haben und Nichthaben, von Ich und (den) anderen oder anderem. Ein Vergleichen, ein Messen im Denken (vgl. anmaßen):
Das bin/hab ich - das bin/hab ich nicht. Dabei entsteht ein Konflikt von dem, was ist und dem, was erreicht werden möchte/wollte. Das, was erreicht werden möchte ist die Differenz zwischen dem, was ist (so, wie ich bin) und dem, was ich zwar nicht bin, aber gern wäre!
Um die Differenz nicht das eigene narzistische Empfinden "zerfressen" zu lassen, versucht das Gemüt selbst zu fressen, zu beißen!
Ursache und Entstehung von Neid ist meiner Ansicht nach das Ego. Nur, wenn z.B. ohne dieses wertende "Zentrum" Tatsachen gewahr werden, bleibt ein Vergleichen aus, denn der innere Gegenpol fällt dann weg.

Deine Version ist allerdings in der allgemeinen Übereinkunft gerechtfertigt, Neid sind unsoziale Handlungsweisen. Die Todsünden heißen unter anderem so, weil sie der Tod eines rechten Umgangs der Menschen untereinander sind und fern aller liebevollen Achsamkeit füreinander.

*Wie schwer es ist, eine menschliche Eigenschaft, die wir doch alle mehr oder weniger an uns feststellen könnten, in grundlegende Worte eines Ausgangspunktes und nicht nur in traditionellen Erklärungen zu fassen, ist mir schon klar. Doch wäre das nicht auch eine lyrische Herausforderung?

Blaugold

Chavali 05.06.2009 09:14

Liebe cypi,

zu deiner Frage
Zitat:

Mit dem "pro domo" komme ich nicht zurecht. Wie hast Du das gemeint?
darf ich Wikipedia zitieren?
Zitat:

Zitat von Wiki
„Pro domo“ (zu deutsch: für das Haus), auch „Oratio pro domo“ (zu deutsch: Rede für das eigene Haus) und de domo sua (zu deutsch: vom eigenen Hause) ist eine lateinische Redewendung. Sie rührt von einer Rede, die Cicero nach seiner Rückkehr aus dem Exil gehalten haben soll, um sein konfisziertes Haus zurückzuerhalten und bedeutet daher „in eigener Sache“, „für sich“.

Das heißt, sie legen sich eine eigene Wahrheit zurecht.
Zitat:

Dein Gedicht ist gut.
Aber ich glaube nicht, daß der Neid nur auf Eitelkeit basiert.
Eher aus einem gewissen Gefühl der (eigenen) Minderwertigkeit heraus.
Und dem "auch-haben-wollen", um zumindest gleichwertig zu erscheinen.
Das ist richtig. Hier habe ich auch nur eine Nuance des Neides herausgegiffen.
Zitat:

Man lehre mich die Menschen kennen! Ich kenne Neider aus nächster Nähe.
Neid hat viele Gesichter und vor allem viele Ursachen.
Hab lieben Dank, meine treue Leserin ;)


Lieber Blaugold,
Zitat:

Das Thema in ein paar wenigen Zeilen zu verarbeiten ist sicher nicht leicht. Neid* hat bestimmt viele Facetten.
Ja, ganz bestimmt.
Aber wie ich schon cypi schrieb, habe ich hier nur eine mögliche Form herausgegriffen.
Hier geht es nicht primär um das Haben und Nichthaben in materiellem Sinne, sondern eher der Neid auf eine
bestimmte Persönlichkeitsstruktur und deren Auswirkungen.
Dass das nur unzulänglich das wahre Wesen des Geizes beschreibt, glaube ich dir gern.
Deine Ausführungen sind sehr interessant für mich und ich bedanke mich herzlich dafür!


Liebe Grüße an euch,
Chavali








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