Gedichte-Eiland

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a.c.larin 14.07.2009 06:59

Sommerabend
 
Der Nachmittag veratmet letzte Sonnenglut.
Kaum Wind. Am Horizont nur rosa Berge
aus Wolkenschaum. Sinds Feen, Riesen, Zwerge?
Die Mücken schwärmen aus. Die Arbeit ruht.

In Winkeln, wo sich fahles Dämmerlicht erhebt,
lässt erste Kühle schon ein wenig schauern.
Die Tagesneige lächelt. Mit Bedauern
sinkt still herab der Rose Blütenkleid. Es webt

ein erster, silberner Altweiberfaden
sein zartes Band durchs Sommerabendlicht.
Die Bauern kehren von den Feldern, fruchtbeladen.

Da wachsen aus den Wäldern lange Schatten,
den Weg entlang, bedecken Wiesen, Matten.
Der Tag verklingt, verhüllt sein müdes Angesicht...

Medusa 16.07.2009 13:06

Liebe Larin,

ich möchte jetzt den Sommer genießen!!!!!! Dein Sonett lässt schon den Herbst aufkommen :eek:.

Sehr, sehr stimmungsvoll und friedlich empfinde ich Deinen Text; die Bilder sind Dir ganz hervorragend gelungen!

Dein Versuch, ein Sonett zu schreiben, ist Dir mit winzigen Fehlerchen gelungen, es klingt sehr schön.

Die Technik erscheint mir noch nicht ganz perfekt:
Es ist besser, einheitliche Kadenzen zu benutzen, also entweder weibliche oder männliche. Dadurch wird die Aussage deutlicher.

Die Silbenanzahl sollte sich durchgängig nach den Kadenzen richten. Bei weiblichen 11, bei männlichen 10 Silben.

Obwohl ich Enjambements sehr mag, sie sind beim (klassischen!) Sonett nicht erwünscht (ich konnte sie auch nicht immer umgehen :eek:). Deine sind sehr schön und locker. Nur der Zeilenübergriff zwischen den beiden Terzinen erscheint mir etwas unrhythmisch.

Mir gefällts!
Herzliche Grüße,
Medusa.

a.c.larin 16.07.2009 13:18

liebe medusa,

danke fürs korrektur lesen.
bei dem zeilen übergan zwischen den terzinen bin ich mir auch nicht sicher
gewesen, ich hatte es es zuerst anders . vielleicht stelle ich das auch noch mal ein- zum Vergleich.

männlich kadenzen , da heißt , die zeilen, die auf - ut, -ebt enden, müsste ich
kürzen?
na, mal sehen...

leibe grüeß,larin

Medusa 16.07.2009 14:06

Nee Larin,

nichts kürzen, dranhängen!

Männliche Kadenzen sind, wie Du schreibst,
die zeilen, die auf - ut, -ebt
und noch viele mehr enden......:). Sie klingen stumpf und fordernd.

Weibliche Kadenzen hingegen klingen und wirken weicher, beispielsweise -anen, -enen, -inen, -onen, -unen usw.

Ich weiß, das ist nicht einfach. Aber warum sollen wir nicht auch mal was Ernst nehmen :)?

Ich wünsche Dir viel Glück.
Liebe Grüße,
Medusa.

Chavali 16.07.2009 15:57

Liebe larin,

mir gefällt dein 'Sommerabend' ganz hervorragend.
Wie schön du die Stimmung nachzeichnen kannst!
Strophe 2 gefällt mir besonders gut
Zitat:

In Winkeln, wo sich fahles Dämmerlicht erhebt,
lässt erste Kühle schon ein wenig schauern.
Die Tagesneige lächelt. Mit Bedauern
sinkt still herab der Rose Blütenkleid. Es webt
Wie wundervoll poetisch!


Sehr gern gelesen und sich dem Sommerabend nah gefühlt
hat mit lieben Grüßen,
Chavali

a.c.larin 16.07.2009 17:10

liebe chavali,
vielen dank fürs lesen und mitschwingen - hier hab ich wirklich mal lange gegrübelt, um das allmähliche ausklingen des sommerabends in die rechte form zu bringen, denke, das ist gelungen.
hab nun medusa als formenexpertin um hilfe gebeten, ob das auch formal richtig geworden ist.

liebe medusa,
jetzt weiß ich nicht , wer von uns beiden anders zählt.
ich zähle so:

1.zeile: 12 silben, männlich ( also müssten zwei weg)
2.zeile: 11 silben, weiblich
3.zeile: 11 silben, weiblich
4.zeile: 10 silben,männlich

5.zeile: 12 silben, männlich (also müssten zwei weg)
6.zeile: 11 silben, weiblich
7.zeile: 11 silben, weiblich
8 zeile: 12 silben , männlich ( also müssten zwei weg)

9.zeile: 11 silben, weiblich
10.zeile: 10 silben ,männlich
11.zeile: 13 silben ,weiblich ( auch zu lang, also zwei weg)

14.zeile: 11 silben , weiblich
15.zeile: 11 silben, weiblich
16.zeile: 12 silben, männlich (auch zwei weg)

also gehts doch eher um verkürzung als um verlängerung?
der übergang der beiden terzinen gefällt mir immer weniger, da wird mir wohl noch was einfallen müssen...

ich rätsle die ganze zeit darüber, wieso mein gedicht herbstliche assoziationen bei dir geweckt haben könnte.
vielleicht was es die "schauerliche kühle" im zweiten quartett?
aber ich kenne durchaus sommerabende im hochgebirge, bei denen die tageshitze fließend übergeht in eine erfrischende, kühle nacht.
(nicht so wie bei uns großstädterin, die im hochsommer tag und nacht in der heißen bratpfanne weiterschmoren....!)

also könnte man dieses sonett auch "bergsommerabend" nennen, wenn es dann für dich treffender ist.. (die berge hab ich nur gleich in der zweiten zeile an den horizont gestellt, nö, das geht wohl auch nicht....)

liebe grüße
larin

Leier 16.07.2009 17:46

Liebe larin,

was soll ich da noch schreiben?
Zum Verneigen schön!
Auch wenn Dir ein "r" entwischt ist.

Ach, wenn ich so schreiben könnte!

Lieben Gruß
von
cyparis

(enjambementlüstern)

Medusa 16.07.2009 18:35

Schau mal, liebe Larin,

ich hab was für Dich:
Sonette schreiben leicht gemacht


Ihr solltet die Lektion nicht einfach schwänzen,
es geht hier nämlich um das Klanglied-Schreiben.
Wie wärs? Ihr könnts euch locker einverleiben,
um euer Wissen etwas zu ergänzen.

Besonders wichtig sind ja die Kadenzen,
die sollten weiblich oder männlich bleiben.
Es klingt nicht gut, wenn wir’s zu bunt betreiben.
Das bringt im ärgsten Falle Differenzen

mit Lesern, die das überhaupt nicht mögen,
sie sind dem Mischmach keineswegs gewögen. :o
Wir Deutschen dichten gern mit Diäresen,

sie werden, sind sie mittig, gern gelesen.
Es sind nur noch die Silben, die uns fehlen:
Mit Zehn, auch elfen müssen wir uns quälen.

Hier die männlichen Kadenzen

Doch neben aller nervend Theorie:
Vom Inhalt lebt das klingende Sonett.
Es kommt daher als zartestes Bukett
der feinsten Farben und in Harmonie.

Die Klassik lehrt uns edle Symmetrie,
der Reim umarmend, stimmig und adrett.
Romantisch, fließend, keinesfalls kokett,
bezaubert er als reine Poesie.

Der Pentameter muss hier jambisch sein,
so klingen alle Verse völlig rein.
Auf Thes folgt Antithese im Quartett,

die Synthes gleich darauf im Triolett.
Ich sag euch was: Genau so einfach geht’s.
Versucht es mal und macht was draus, dann stehts!

Hilft Dir das weiter?

Warum mich Dein Sonett in Herbststimmung versetzt, weiß ich auch nicht. Bloß nicht den Titel ändern, der passt prima!

Ganz herzliche Grüße :),
Medusa.

fee 16.07.2009 20:20

liebe larin,


das ist mit abstand eines der bildreichsten, weichsten, wärmsten und melodiösesten sonette, das ich je gelesen habe.

die bereits erwähnte "friedlichkeit" und "sanftheit" lassen die stimmung eines perfekten spätsommerabends beinah zum greifen nah werden. eine eindringlichkeit, die ganz ohne wortgewalt oder zu starke bilder auskommt und vermutlich genau deshalb so starke wirkung entfaltet.

wunderwunderschön!
und was mich angeht, würde ich kein fitzelchen ändern. die melodie fließt einwandfrei und die paar "wendungen", die der sprachfluss macht, gleichen fast einem tanz, der hin- und herwiegt, bevor er in die nächste drehung geht.

danke für dieses großartige stück lyrik! ich hab es sehr genossen!

liebe grüße,

fee

a.c.larin 16.07.2009 22:04

liebe cyparis, liebe fee,

danke für euer beider lob! auch wenn - laut medusa - von den silben her noch nicht alles stimmt, diese stimmung des sommerabends, der von der hitze in die kühlung schwindet- wollte ich doch vor allem einfangen....

liebe medusa,
deine beispielsonette sind sehr hilfreich,danke!
(ich weiß trotzdem immer noch nicht, wie du bei meinem sonett auf die genannte silbenanzahl kommst - wenn ich genau nachzähle, müsste ich kürzen)
aber an der mathematik wollen wir uns jetzt nicht auseinanderdividieren!
das "zurück" der letzten terzine hab ich abgewandelt auf "ins Heim" - weil es so weicher klingt.

liebe sommerabendliche grüße,
lairn


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