Gedichte-Eiland

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Lailany 15.11.2015 01:24

Alte Schuld
 
Alte Schuld

Das Tor zum Garten Eden ist verschlossen,
die Dunkelheit erstickt den letzten Laut,
zu Markt getragen ist die dünne Haut
des Gesternlands, wo Milch und Honig flossen.
Der schwere Regen schlägt an blinde Scheiben.
Erinnerungen schwelen in der Glut,
in Haus und Hofe nistet Teufelsbrut,
Dämonen scharen sich zum Kesseltreiben.
In leeren Räumen tummeln sich die Ratten,
ein Blutmond taucht das Land in tiefe Schatten,
wo in Alleinherrschaft der Tod regiert.
... ... ....

An morschen Balken nagt der Zahn der Zeit.
Die alte Turmuhr schlägt Vergangenheit.

Einst blühte hier die Hochburg guten Lebens,
mit frohen Stimmen, Lachen, Sonnenschein,
die Tafeln reich gedeckt mit Brot und Wein,
im Überschwang des Nehmens und des Gebens.
Fortuna zählte zu den Dauergästen,
Gott Amor hatte sich ihr zugesellt
und jeden Tag in seine Gunst gestellt.

An diesem Ort, wo Milch und Honig flossen,
trat vor den Traualtar ein schönes Paar
und schloss den Bund, dem schon nach einem Jahr
ein Erbe, ein gesunder Sohn entsprossen.
... ... ...

Vor allzu forschen Augen gut verhüllt
lag alte Schuld und moderte verborgen,
darüber wuchs das Gras mit jedem Morgen.
Die Scheuern blieben bis zum Dach gefüllt.
... ... ...

Aus schnöder Raffsucht wurde er zum Täter,
wie schon Jahrzehnte vor ihm seine Väter,
die andrer Leid zu ihrem Nutzen schürten.
Sie gaben kärglich Geld für Ländereien,
denn Menschlichkeit ist satten Schächern fremd.
Sie pfändeten der Armen letztes Hemd,
bar aller Skrupel, Würde zu entweihen.

Doch eines Tags erhob ein Greis die Stimme,
auf taube Ohren fiel das Bittgesuch -
sein Blut versickerte im Ackerrain.
Der Schütze war vertraut mit Korn und Kimme.
Er floh - doch traf ihn noch des Alten Fluch:
"Der Teufel hole dich und das, was dein...."
... ... ...

Ein Sturm kam auf und schwerer Hagel schlug
in reifes Korn, von reger Hand bestellt
und ohne Ernte blieb so manches Feld,
verfault die kargen Früchte, die es trug.
Die Dunkelheit verschlang den letzten Laut,
als ob sie eine Seiner grauen Boten,
von Ihm gesandt, die Tiefen auszuloten.
Bevor der erste Eiskristall getaut,
war allem Unheils Samen ausgesät,
dem Wuchs zu wehren, war es schon zu spät.
Der schwarze Herrscher hatte jetzt das Sagen.

Ein Spinnenheer begann, Kokons zu weben,
befiel die Ährenfelder, Früchte, Reben
der Väter Land, von Söhnen stolz bebaut.
Die Erde bebte, barst der Spiegel Glas,
das Glück der guten Jahre lag in Scherben.
Es wuchs der Argwohn, Lügen schlugen Kerben,
am Herzblut trank und nährte sich der Hass.
Die Eifersucht kroch unter Kissen, Decken,
besetzte ungehindert jeden Raum,
spann Ränke, die sich flink zu Fallen schlossen.
Erinnerungen hockten in den Ecken,
verknüpften Fäden aus vergilbtem Traum
vom Gesternland, wo Milch und Honig flossen.

Von fern begleitete ein Glockenläuten
des fahlen Himmels wildes Wolkentreiben
und schwerer Regen schlug an blinde Scheiben.
Durch morsche Fensterrahmen blies der Wind.
In Fieberschüben wälzte sich das Kind.
Sein Vater suchte Hilfe bei den Leuten,
verzweifelt bot er Habe, Geld und Gold,
beschwor die Götter, die ihm einstmals hold,
sie mögen Gnade ihm vor Recht gewähren,
er würde jeden Preis mit Freuden tragen.
Doch ungehört verhallten seine Klagen.
Erinnerungen schwelen in der Glut.

Aus ihrem Grab erhoben sich die Geister
und pochten auf ein unverjährtes Recht,
beauftragt, alte Pfründe einzutreiben.

Die Wiedergänger folgten ihrem Meister,
an seiner Stärke wuchs der schwächste Knecht
und ungehindert mehrte sich die Brut,
Dämonenpack entstieg der Höllenglut,
verbreitete Gestank und Dekadenz
von Kellerschächten bis zum Dachgestühle.
Kein Fünkchen Licht durchdrang die Moderkühle
im Schattenreich der dunklen Eminenz.

Ein alter Fluch rief sie, Gericht zu halten,
wo Mörder nie für ihre Zeche zahlten
beginnt die Seelenerntezeit.

... ... ...

Das Tor zum Garten Eden ist verschlossen.
Die Dunkelheit erstickt den letzten Laut,
zu Markt gentragen ist die dünne Haut
im Gesternland, wo Milch und Honig flossen.
Der schwere Regen schlägt an blinde Scheiben.
Erinnerungen schwelen in der Glut.
In jeder Nische nistet Teufelsbrut.

Dämonen scharen sich zum Kesseltreiben
im Domizil der Unterwelt, dem Reich der Ratten.
Ein Blutmond wirft bizarre Schatten
auf diesen Ort, an dem Verfall und Tod regiert.

Sanssouci 15.11.2015 16:58

Liebe Lailany!

Das ist ja ganz großes KINO! Mich schauderts!
Tolle Storry, tolle Bilder. Interessante Conclusion.

Großes Lob!

Grüße zurück von Sanssouci

juli 15.11.2015 19:15

Liebe Lailany, :)
Was soll ich sagen, ich bin sprachlos!!!

Ich bin hin und weg! Die Bilder, die in mir aufsteigen, sind düster. Ich hatte ein ähnliches Gefühl, als ich den "Der Herr der Ringe" von John Ronald Reuel Tolkien las. Du schaffst es, die Dunkelheit in vielen Bildern zu zeigen. Das "Gesternland" finde ich klasse. Überhaupt die ganze Geschichte. Die nicht gleich langen Strophen machen das ganze spannender und abwechsungsreicher.

Ab hier:

Ein Sturm kam auf und Hagelschauer frästen
durch reifes Korn, von reger Hand bestellt.
Die Dunkelheit verschlang den letzten Laut,
als ob sie eine Seiner grauen Boten,
von Ihm gesandt, die Tiefen auszuloten.
Bevor der erste Eiskristall getaut,
war allem Unheils Samen ausgesät,
dem Wuchs zu wehren, war es nun zu spät.
Der schwarze Herrscher hatte jetzt das Sagen.


wird es richtig spannend, das heißt nicht das es vorher nicht schon spannend war, nein du steigerst dich.

Klasse! Da ist dir was Großes gelungen!:Blume::Blume::Blume:

LIebe Grüße aus dem friedlichen Schleswig - Holstein sy

Thomas 15.11.2015 20:46

Liebe Lailany,

sehr gut! Eine Kleinigkeit "Ein Spinnenheer begann, Kokons zu weben," Spinnen weben keine Kokons, sinder Raupen. Das lässt sech, leicht korrigieren.

Liebe Grüße
Thomas

Lailany 16.11.2015 02:45

Liste der Anhänge anzeigen (Anzahl: 1)
Liebe Kommentatoren

@ Sanssouci
Wenns den Leser schaudert, dann seh ich das als Kompliment an.:)
So wars angedacht. Das Schreiben fällt mir in der dunklen Ecke am leichtesten, da meine Phantasiewelt vorwiegend aus solchen Schaudergeschichten besteht.
Warum, weiß ich nicht, denn vom Naturell her bin ich eher die fröhliche Sorte.
Dass das Dingens hier ein Zuhause gefunden hat, hab ich eigentlich DIR zu verdanken:Kuss. Warum? Dazu schreib ich dir eine PN.

@ Sy
Dass ich meine düsteren Hirnbilder vermitteln konnte, freut mich und wenn der Leser trotz Länge bis zum Schluss durchgehalten hat, darf ich mit meinem Dingens sehr zufrieden sein.
Zur Aufteilung:
Das Ding kugelt schon ca 2 Jahre in meinem Fundus rum und hätte eigentlich ein Sonettkranz werden sollen. Meistersonett und 7 Einzelsonette hatte ich fertig, beim 8. blieb ich stecken, trotz allem Bemühen und zig weiteren Anläufen kam ich einfach nicht mehr weiter und irgendwann war dann die Luft, sowie auch die Lust raus.
Zum Wegwerfen wars mir aber doch zu schade, also hab ichs ein wenig überarbeitet und jetzt sitzt es eben hier.
Das Werk umfasst ja verschiedene Epochen der Protagonistenfamilie und die Aufteilung in Abschnitte soll dem Leser vermitteln, wo in der Story er sich grad aufhält. Beim Originalentwurf wurde in und durch die Einzelsonette deutlich, wann sich die diversen Szenarien abspielen.
Für diese Fassung aber musste ich etliches verwerfen, bzw umschreiben.
Freut mich sehr, dass der Sci-Fi-Sy :Kuss mein Abstecher in die Vergangenzeit gefallen hat.
Ich hab unzählige Male versucht, Sci-Fi Bücher zu lesen, schon allein deswegen, weil ich rausfinden wollte, WARUM dieses Genre so beliebt ist.
Bei keinem Buch bin ich weiter als Seite 20 gekommen. :o Tolkien hab ich sogar noch früher weggelegt, schon bei ca Seite 10. :rolleyes:
Bei derlei Lesestoff muss ich mich zu sehr auf all die unmöglichen Namen von Personen und Orten konzentrieren, die ich mir als Schnellleser einfach nicht sofort merken kann. Also muss ich laufend zurückblättern, wer wo schon irgendwann und in welchem Zusammenhang aufgetaucht ist. Das ist so mühselig, dass mir dabei Unterhaltungs-, Spannungs- und Entspannungsfaktor des Lesens verlorengehen.:confused:

@ Thomas,
danke fürs "sehr gut!":)
Die spinnenden Spinnen: :o Peinlich... Logikfehler wegen Betriebsblindheit...
Natürlich hast du Recht. NOCH kann ich mich von dieser Zeile nicht trennen, zumal mir noch nix Besseres eingefallen ist. Ich grüble...
Das Spinnenheer will ich keinesfalls aufgeben, das "weben" brauch ich nebensächlich für den Reim, hauptsächlich für den Inhalt der nächsten Zeilen.
Damit wirds nicht einfach, sondern gleich doppelt schwierig..

--> Bild "Spiderweb"



Herzlichen Dank, liebe Kommentatoren für Besuch und Feedback.:)

LG von Lai:Blume:

juli 16.11.2015 10:46

Hallo Lai,
 
Vielleicht kannst du eines davon gebrauchen:

Ein Spinnenheer begann, Kokons zu weben,
ein Spinneheer begann, Gestrüpp zu weben,
ein Spinnenheer begann, mit Pech zu weben,
ein Spinnenheer begann, mit Schmutz zu weben,
ein Spinnenheeer begann, mit Dreck zu weben,
ein Spinnenheer begann, mit Wut zu weben,
ein Spinnenheer begann, mit Blut zu weben,

befiel die Ährenfelder, Früchte, Reben
der Väter Land, von Söhnen stolz bebaut.


nebelige Grüße sy:Blume::Blume::Blume:

Dana 16.11.2015 19:03

Liebe Lai,

herrlich schaurig, ich habe es genossen. :eek:
Wirklich genossen, denn ich liebe Traurigkeiten, Spukgeschichten und alles Düstere. Im Alltag bin ich wie Du eher eine Frohnatur - aber erwische ich Geschichten, Gedichte oder Dokus zum Thema - bin ich darin gefangen.
So auch hier.

Die "Begeisterung" entsteht auch ob Deiner Sprachkunst. Bilder überfluten und wirken wie ein Sog.

Ich wäre vor lauter "Schaudergenuss" gar nicht darüber gestolpert,

Zitat:

Zitat von Lailany
Ein Spinnenheer begann, Kokons zu weben,

dass Spinnen keine Kokons weben. Bei so viel Lug, Trug, Leid und Fluch mutieren auch Spinnen zu einer schauderhaften Strategie.
Ich sehe auch, dass es gar nicht so leicht ist daran etwas zu verändern. Es klingt so "schauerlich" gut.
Eine Idee habe ich nicht. Ich weiß nur aus einer Doku, dass Spinnen ihre Opfer vor dem "Beweben":confused: mit eigenem Gift lähmen. Vielleicht hilft Dir das weiter.

Gern abgetaucht und noch lieber meine Begeisterung mitgeteilt.

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal 16.11.2015 19:22

Hi, Lai!

Ist ja gewaltig!

Die Tipps:

Das Tor zum Garten Eden ist verschlossen,
die Dunkelheit erstickt den letzten Laut,
zu Markt getragen ist die dünne Haut
des Gesternlands, wo Milch und Honig flossen. Runder: "des Gestrigen,..."
Der schwere Regen schlägt an blinde Scheiben.
Erinnerungen schwelen in der Glut.
In Haus und Hofe nistet Teufelsbrut,
Dämonen scharen sich zum Kesseltreiben.
In leeren Räumen tummeln sich die Ratten,
ein Blutmond wirft bizarre Schatten Zeile hat nur 4 Heber. Korr.: "ein dunkler Blutmond..."
auf einen Ort, an dem Verfall und Tod regiert. Zeile hat 6 Heber. Korr.: "..., an dem Verfall (oder: der Tod) regiert."
... ... ....

An morschen Balken nagt der Zahn der Zeit.
Die alte Turmuhr schlägt Vergangenheit.

Einst blühte hier die Hochburg guten Lebens,
mit frohen Stimmen, Lachen, Sonnenschein,
die Tafeln reich gedeckt mit Brot und Wein,
im Überschwang des Nehmens und des Gebens.
Fortuna zählte zu den Dauergästen,
Gott Amor hatte sich ihr zugesellt
und jeden Tag in seine Gunst gestellt. Version mit Reim wie in S1.
An diesem Ort, wo Milch und Honig flossen,
trat vor den Traualtar ein schönes Paar
und schloss den Bund, dem schon nach einem Jahr
ein Erbe, ein gesunder Sohn entsprossen.
... ... ...

Der Ahnen Schuld, sie moderte verborgen,
vor allzu forschen Augen gut verhüllt.
Die Scheunen blieben bis ans Dach gefüllt -
es wuchs das Gras - mit jedem neuen Morgen. Bindestrich nach "Gras" würd ich wegtun.
... ... ...

Den Rest bearbeite ich ein andermal!

Gern gelesen!:)

LG, eKy

wolo von thurland 16.11.2015 22:42

Hallo Lailany
Das ist ein faszinierender Text, in dem ich gerne auf Entdeckungsreise gegangen bin.
Die Nester, welche von Spinnen gesponnen werden, werden oft als Kokons bezeichnet, weil sie Ähnlichkeiten mit Falterkokons haben. Vielleicht gibt es für diese Zeile eine Lösung mit Nest oder Nester?
Aber Wikipedia ist eigentlich der Meinung:
Ein Kokon [koˈkɔ̃ː; -ˈkɔŋ; -ˈkoːn] (frz.: cóque = Eischale, Gehäuse) ist ein mittels eines Sekrets hergestelltes Gehäuse, das dem Schutz von Eiern oder Jugendformen der Tiere dient, die es erbaut haben. Wenn ein Kokon zum Schutz der Eier und der daraus schlüpfenden Jungtiere produziert wird, stellen ihn die Elterntiere her. Kokons, die zum Überdauern älterer Entwicklungsstadien, etwa der Puppenruhe nötig sind, werden von den darin befindlichen Jungtieren selbst hergestellt. Zu finden sind Kokons vor allem bei verschiedenen Gliederfüßern (Arthropoda), aber auch bei einigen Würmern.
Ob der Artikel dem Blick eines Arachnologen standhält, kann ich allerdings nicht sagen.
Gruss
wolo

Thomas 17.11.2015 07:32

Liebe Lailany,

ich habe mich geirrt, wolo hat Recht, auch bei Spinnen kann man von Kokons sprechen. Um so besser ist dein Gedicht, Chapeuax!

Liebe Grüße Thomas

charis 17.11.2015 08:10

Liebe Lai,

Das ist ja episch-fantastisch!! Ja, großes Kino! Ich habe es mit großer Begeisterung gelesen, zumal ich ja auch ein Fantasy-Film-Fan bin. Selber könnte ich soetwas nie schreiben. Na ja, wer weiß, irgendwie hast du mich mit diesem Werk motiviert - vielleicht ist es ja dann so in zwei, drei Jahren fertig ;)

Für das Spinnenheer-Verse vielleicht (wenn du dich von den Kokons trennen kannst):

Der schwarze Herrscher hatte jetzt das Sagen,

befahl dem Spinnenheer sich zu erheben,
zu plündern Ährenfelder, Früchte, Reben,
der Väter Land, von Söhnen stolz bebaut.


Lieben Gruß
charis

Lailany 17.11.2015 08:55

Liebe Kommentatoren
@ Sy
leider nix dabei, was sich rational und logisch verwerten lässt, es will mir schwanen, dass ich diese Stelle ein wenig großräumiger umspinnen muss. Trotzdem danke für die Ideen.:)
P.S. Mittlerweile hat sich alles in Wohlgefallen aufgelöst.

@ Dana
liebe Dunkelmunkeleckenschwester, es freut mich, wenn ich dich mit meinen düsteren Gespinsten umweben konnte.:)
Mir gehts genauso wie dir, ob Bücher, Filme... ha - Dokus sind wie eine Droge für mich - geht doch nix über so eine Ganzkörpergänsehaut mit aufgestellten Nackenhaaren!
Und wer DAS jetzt pervers findet, der hat nicht gelebt!:rolleyes::D Stümmts? :D

Das Spinnendilemma ist eigentlich gar keins mehr. Hat sich alles in Wohlgefallen aufgelöst. :)

Also das zur Info für alle Arachnologen (ui... so nennt man die also, Wolo?) wieder was Wortschatzerweiterndes gelernt.
Arachnologen: a bit of a gob full zwar, aber wenn man sich mit den grauslichen Krabbeldingern beschäftigt, steht einem wohl auch so ein Unding von Wort zu.

@ Eky
ich hab drauf gehofft, dass du hierherkommst. Du hast ja schon gesehen, dass es einiges zum Verbessern gibt und auch gleich Hand angelegt.
Danke, deine Rat- und Vorschläge hab ich bis auf den "dunklen Blutmond"
sofort übernommen. Das "dunkel" hab ich eh schon reichlich überstrapaziert, bei der Länge fällts zum Glück nicht so auf.
Mit Verlaub zeig ich dir die Stellen auf, mit denen ich noch nicht zufrieden bin:

1. "Die Scheunen blieben bis ans Dach gefüllt..." gefällt mir sprachlich nicht. Ich überlegte mir schon: "Die Scheunen blieben giebelhoch gefüllt..." Ist "giebelhoch" vertretbar, im Zusammenhang mit "gefüllt"?
"Blieben" muss bleiben, deil es hinweisgebend ist, dass unter der Scheune die Leichen vergraben sind. Zwar nur ein lauwarmer Hint, aber gemeinsam mit dem nachfolgenden, dass "das Gras darüber wächst" befand ich ihn als
ausreichend.

2. "die andrer Leid benutzt zu eignem Gut..."
Auf einem Entwurf hab ich stehen: die fremdes Leid benutzt zu eignem Gut.
Beides ist sprachlich nicht grad prickelnd. Das "gut" brauch ich hier nicht für den Reim. Alles ist hier willkommen, was die Zeile ein wenig eleganter macht.

Wie du sicher meinem Kommi entnommen hast, hätte es ein Sonettkranz werden sollen. Die jetzige Version gefällt mir aber sogar besser. Die Aufteilung zB... bin ich recht zufrieden damit.
Und für die einheitliche Silbenanzahl pro Zeile hege ich auch keine Ambitionen mehr. Hin und wieder variierend erscheint mir bei einem Text dieser Länge sogar geringfügig vorteilhaft.
Wo ich die 11, bzw 10 Silben ohne viel Aufwand beibehalten konnte, wars mir recht. Wenns aber jetzt weniger oder auch mehr sind, ists mir genauso lieb.
Wortfindung, geschmeidiger melodischer Sprachfluss haben definitiv Vorrang.

3. Sie zahlten Bettelpreis für Ländereien...
Der Endreim hier soll bleiben, "Bettelpreis" wurmt mich, weil
Bettelpreise korrekt wär und auch "Bettel" nicht so prickelnd ist.

4. "Vertrauen schwand, die Lügen schlugen Kerben..."
Hier fuchst mich das "schwand", aber wenn ich das Vertrauen auch noch
loswerden könnte, wärs prima. Hier hätt ichs gern kräftiger, prägnanter.

Das wars. Eigentlich eh nicht allzuviele Kümmernisse bei der Länge.

Das "Gesternland" hab ich behalten. "Gestrigen" würd sich zwar besser schmiegen, da hast du Recht, ABER die Redewendung "im Land, wo Milch und Honig flossen" gefällt mir zu gut, als dass ich auf sie verzichten möchte. Und Milch und Honig im "Gestrigen" fließen zu lassen, wär nur halb so fein.

Vielen Dank schon mal für deine Hilfe.

@ last but not least Wolo,
deine wohlwollende Beurteilung meines Textes sieht mich freudig überrascht.
Ist er doch geradezu Paradebeispiel für alles das, wogegen du ansonsten anlümmelst.;)
Zu den Kokons der Spinnen sind alle Klarheiten beseitigt.
Aber jetzt Spaß beiseite und ohne Schmäh, hier gibts tatsächlich eine Spinne, die ganz außerirdisch schöne, prismenförmige Gebilde spinnt und darin befinden sich ihre Eier. Was sie zuerst macht, den (für ihre Körpergröße) riesigen Diamanten aus Seide, um darin die Eier zu deponieren, oder umgekehrt... ich weiß es nicht. Vermutlich letzteres - sie spinnt die Eier ein. Sie webt um eine Blütendolde, oder auch ein Blatt. Im Herbst kommen Abertausende von diesen Spinnen zu einem nur sehr kleinen Gebiet, wo EIN einziger großer Baum steht, der mit diesen abertausenden von Gespinsten wie ein von Mutter Natur geschmückter Weihnachtsbaum aussieht. Hier gehts vmt um das Prinzip "safety in numbers". Absolut faszinierend.

Falderwald hat mir freundlicherweise in Beitrag 5 zwei Pics dieses Spinnenkunstwerks reingesetzt. Danke Faldi! :)

@ Thomas,
es war mir wirklich ein Privileg, das Spinnenproblem in friedlich konstruktiver Teamarbeit beilegen zu können. :Blume:

Allen Kommentatoren ein herzliches Dankeschön für euer Interesse und Feedback.

LG von Lai

wolo von thurland 17.11.2015 10:05

hallo lailany
da bin ich aber froh, dass zum spinnenproblem einigkeit herrscht. ich mag diese tiere sehr und hätte es nicht verwunden, wenn sie aus deinem text raus gemusst hätten.
(ob der begriff "spinnenherde" zulässig ist, hat zum glück niemand gefragt...:))
auch uphere sind gesponnene nester als kinderstube bei spinnen sehr beliebt. spinnenseide ist ja eines der zähesten Materialien der Natur, vom Menschen bisher nicht kopiert. die durch ihr radnetz überall bekannt kreuzspinne z.b. spinnt "kokons" für ihre brut.

was mir aber echt sorgen macht, ist, dass du in deinem text all das, was ich sonst "anlümmle", zu sehen glaubst.
a) meistens sind meine kritiken sachlich, würde ich behaupten (d.h. auch, dass floskeln wie "sehr gern gelesen" oder "wie immer bei dir: meisterhaft" nicht vorkommen...)
b) haben entweder du oder ich eine zu ungenaue vorstellung von dem, was ich bei den arbeiten von mir und den kollegen zu bemeckern habe. wenn ich zeit finde, geh ich mal in deinem langen text auf die suche nach perlen und nach faulen früchten. lesenswert fand ich übrigens deine antwort auf die kritik von erich kykal.

(vom spinnenthema eingewebten) gruss
wolo

Lailany 17.11.2015 11:34

Kia ora charis,
dein Kommi landete, während ich noch mit meiner Antwort an die Vorkommentatoren beschäftigt war und das war doch ein gutes Weilchen.

Freut mich sehr, dass mein Text deinen Geschmack getroffen hat.
Man soll nie "nie" sagen, wer weiß, vllt bekommen wir ja irgendwann eine charis-Ballade zu lesen.
Gut Ding will Weile haben und wenn man bedenkt, dass E.A. Poe 7 Jahre lang an seinem Raven gearbeitet hat, dann wärst du ja mit 2en prächtig im Rennen. :)
Du hast mir einen wirklich guten Vorschlag für die Spinnenzeile gemacht, aber das hat sich mittlerweile alles erledigt. Lieben Dank dafür anyway. :Blume:

Kia ora Wolo,
jedem Tierchen sein Pläsierchen und wenn mich was begeistert, dann sag ich das auch, und steh dazu.
Genau wie auch du zu deiner Meinung stehst.
Und wenn wir alle dieselbe hätten, wärs richtig fad.

Dass deine Kommentare ua fundiert und sachlich sind, hab ich nie in Frage gestellt.

Siehst du in den meinen Floskeln, dann ist das deine Meinung.

Ich seh das anders, denn ich kommentiere nur mehr die Werke, die mir wirklich gut gefallen. Manchmal sind deren so viele vorhanden, dass ich sie gar nicht alle kommentieren kann, drum klicke auch vorwiegend bei den Dichtern an, von denen ich weiß, dass ihre Dichtkunst meinem Geschmack entspricht. Und in diesen Honigtöpfen ist für mich alles drin, von gern gelesen über großartig, bis meisterhaft.

Nochmals zur Spinnendebatte: Ich hab Spinnenheere im Text, keine Spinnenherden.

Versponnene Grüße von Lai:Blume:

Erich Kykal 17.11.2015 20:16

Hi, Lai!

Wie versprochen hier nun Teil 2:

Aus Gier und Raffsucht wurde er zum Täter,
wie schon Jahrzehnte vor ihm seine Väter,
die andrer Leid zu eignem Nutzen schürten.
Sie gaben kärglich Geld für Ländereien,
denn Menschlichkeit ist satten Schächern fremd.
Sie pfändeten der Armen letztes Hemd,
der Skrupel ledig, Ehre zu entweihn.
Doch eines Tags erhob ein Greis die Stimme!
Auf taube Ohren traf das Bittgesuch -
sein Blut versickerte im Ackerrain.
Der Schütze war vertraut mit Korn und Kimme.
Er floh - doch traf ihn noch des Alten Fluch:
"Der Teufel hole dich und das, was dein...."
... ... ...

Ein Sturm kam auf und Hagelschauer schlugen
in reifes Korn, von reger Hand bestellt,
und ohne Ernte blieb so manches Feld,
zu welk die kargen Früchte, die sie trugen.
Die Dunkelheit verschlang den letzten Laut,
als sei sie eine Seiner grauen Boten,
von Ihm gesandt, die Tiefen auszuloten.
Noch eh der erste Eiskristall getaut,
war allen Unheils Samen ausgesät -
dem Wuchs zu wehren, war es bald zu spät.
Der schwarze Herrscher hatte nun das Sagen.

Ein Spinnenheer begann, Kokons zu weben,
befiel die Ährenfelder, Früchte, Reben
der Väter Land, von Söhnen stolz bebaut.
Die Erde bebte, Spiegel barsten laut,
das Glück der guten Jahre lag in Scherben.
Vertrauen schwand, die Lügen schlugen Kerben,
der Hass trank Herzblut, würgend aufgestaut.
Die Eifersucht kroch unter Kissen, Decken,
besetzte ungehindert alle Ecken,
spann Ränke, die sich flink zu Fallen schlossen.
Erinnerungen dunkelten den Raum,
verknüpften Fäden aus vergilbtem Traum
vom Gesternland, wo Milch und Honig flossen.

Von fern begleitete ein Glockenläuten
des fahlen Himmels schweres Wolkentreiben

der schwere Regen schlug an blinde Scheiben,
durch morsche Fensterrahmen blies der Wind.
In Fieberschüben wälzte sich ein Kind.
Sein Vater suchte Hilfe bei den Leuten,
verzweifelt bot er Habe, Geld und Gold,
beschwor die Götter, die ihm einstmals hold,
sie mochten Gnade ihm vor Recht gewähren,
er würde jeden Preis mit Freuden tragen!
doch ungehört verhallten seine Klagen.
Erinnerungen schwelen in der Glut.


Nicht für ALLES wurde ein Reim gefunden, aber so gibt es kaum offene Enden.
Andere Vorschläge betreffen die Flüssigkeit der Sprache oder die lyrische Qualität.

Gern gelesen und beklugfummelt!:)

Zu deiner Frage bezüglich der Scheunenzeile:
Ich finde diese Zeile nicht schlecht formuliert. Denkbar wäre "Scheuer" statt "Scheunen", ein älteres Wort dafür.

Den Rest ein andermal!

LG, eKy

Lailany 18.11.2015 07:24

Hi Eky,

ein großes Dankeschön für die Mühe, die du dir gemacht hast, alle Stellen, die mir quer lagen, sind überarbeitet, fast alle deiner Vorschläge hab ich übernommen, auf einige Stellen bekam ich durch deine Bearbeitung einen frischen Blickwinkel und hab selber verbessern können.
Manchmal ists wirklich von Vorteil, wenn man das Brett vor dem Kopf im Holzschuppen lässt:Aua

Und an dieser Stelle möcht ich mich auch bei einem anonymen Spender bedanken, dessen Gedankenanstöße und Vorschläge ein paar Passagen in die gewünschte Richtung schubsten.

HG an Euch von Lai:Blume:

Erich Kykal 18.11.2015 15:13

Hi, lai!

Okay, hier der Rest vom Fest:

Aus ihrem Grab erhoben sich die Geister
und pochten auf ein unverjährtes Recht,
beauftragt, alte Pfründe einzutreiben.

Die Wiedergänger folgten ihrem Meister,
an seiner Stärke wuchs der schwächste Knecht
und ungehindert mehrte sich die Brut,
Dämonenpack entstieg der Höllenglut,
Gestank, Gejohle, eitle Dekadenz (Zeile zu kurz)
von Kellerschächten bis zum Dachgestühle.
Kein Fünkchen Licht durchdrang die Moderkühle
im Schattenreich der dunklen Eminenz.

Ein alter Fluch rief sie, Gericht zu halten,
wo Mörder nie für ihre Zeche zahlten.
Jetzt ist Beginn der Seelenerntezeit.

... ... ...

Das Tor zum Garten Eden ist verschlossen.
Die Dunkelheit erstickt den letzten Laut,
zu Markt gentragen ist die dünne Haut
im Gesternland, wo Milch und Honig flossen.
Der schwere Regen schlägt an blinde Scheiben.
Erinnerungen schwelen in der Glut.
In jeder Nische nistet Teufelsbrut.
Dämonen scharen sich zum Kesseltreiben
im Domizil der Unterwelt, dem Reich der Ratten.
Ein großer Blutmond wirft bizarre Schatten (Zeile zu kurz)
auf diesen Ort, an dem der Tod regiert. (Zeile zu lang)


Sehr gern erneut gelesen! Die Blutmondzeile würde ich auch in S1 auf 5 Heber verlängern, wenn nicht mit "dunkler", dann eben mit einem anderen Adjektiv.;) Warum du die letzte Zeile nicht ebenfalls angeglichen hast, weiß ich nicht - korrigiert hatte ich sie schon in S1.

LG, eKy

Lailany 19.11.2015 03:51

Kia ora Eky,
puhhhhhh... jetzt reich ich dir erstmal ein Tempo rüber zum Abtupfen der Denkerstirne. :) Das artete ja direkt in Arbeit aus! Sorry....:o
Die 2 Endzeilen (plus in S1) lass ich vorläufig noch köcheln, "großer Blutmond" mag mir nicht recht munden, schmeckt zu sehr nach Füllsel und ein passendes alternatives Adjektiv (:D NOCH eines!!:D) wird mühsam, die schönsten hab ich doch schon alle verbraten. :Aua
Ich werd mir jetzt mal "Mond" googeln, vllt find ich irgendeine Konstellation oder sonst was, das mir die fehlenden Silben beschert.
Danke für die Mühe, die du dir gemacht hast! :Kuss

PS: Heureka! In S 1 hab ich schon geändert. Die Endstrophe lass ich vorläufig noch unverändert stehen, für mich selbst als Vergleich, denn ganz fertig mit Grübeln bin ich noch nicht. Ich suche noch nach dem gewissen Umpf .

@ allen Kommentatoren nochmals ein Dankeschön für Hinweise, Vorschläge und euer reges Interesse.

HG von Lai:Blume:

charis 19.11.2015 08:15

Liebe Lai,

Jetzt mische ich mich auch noch ein :rolleyes::).

Zitat:

ein Blutmond taucht das Land in seinen Schatten,
Ein Blutmond wirft bizarre Schatten
Beides stimmt nicht, denn der Mond wirft keine Schatten auf die Erde, es ist umgekehrt und nur die vom Mond beleuchteten Gegenstände, Berge, Häuser...werfen Schatten, wenn der Mond (indirekt) die Erde beleuchtet. Um die falsche Aussage zu umgehen, könnte man den Mond vielleicht zumindest als "Verursacher" hinstellen, damit man nicht das Ganze umschreiben muss. Ich würde ja die kurze Zeile lassen, aber vielleicht passt "kalter" als Adjektiv hier auch ganz gut zur Stimmung:

Ein (kalter) Blutmond zeugt bizarre Schatten
an diesem Ort, an dem Verfall und Tod regiert.

Lieben Gruß
charis
p.s. Argwohn hätte mir besser gefallen. Zuerst Misstrauen und dann Lüge...:)

Erich Kykal 19.11.2015 17:03

"ein Blutmond glüht sogar in tiefsten Schatten" - ?

Falderwald 19.11.2015 18:33

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Hallo zusammen,

ich möchte darauf hinweisen, dass ich auf Lailanys Wunsch in ihrem Beitrag #5 den verweisenden Link geändert habe.
Der aktuelle Link führt zu einem Bild mit dem Namen "Spiderweb", das dort in originaler Größe angeschaut werden kann.
--> Bild
Es ist zu breit, um es direkt in den Beitrag einzufügen.
Das zweite Bild, das Lailany sich eingestellt wünschte, habe ich auf die Schnelle im web nicht gefunden und es in der Größe, in der ich es erhalten habe, als Anhang eingefügt.

i.A. der Moderation

Falderwald

Lailany 16.07.2022 06:14

Nochmals vielen Dank
den Lesern, Kommentatoren und last but not least Faldi fuer euer Interesse und Hilfe bei meinem Text.
LG von
Lai


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