Gedichte-Eiland

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Erich Kykal 05.04.2018 19:04

Was vom Leben übrigbleibt
 
Ein Weniges herbeizusehnen,
noch unbenutzt von müden Sinnen,
die schmale Zeit daran zu dehnen -
was anders bleibt noch zu gewinnen,
wenn wir an späten Jahren lehnen,
bewusster spürend, dass sie enden?

Ein Weniges, belebensmüde
der nackten Hoffnung abgerungen,
der letzten Zuversicht, die prüde
sich bleiern spannt um welke Lungen,
aus denen jede Attitüde
entwich wie jede Lust aus Lenden.

Ein Weniges, das herzentlegen
noch auftut, was die Jahre schlossen,
noch fühlen macht, was wie ein Segen
in klamme Seelen ward gegossen
aus zarten Bildern, die erregen -
ein Weniges … zu treuen Händen.

Chavali 05.04.2018 19:48

Ach, lieber Erich,

wie traurig schön und melancholisch verdichtet!
Ja, was bleibt übrig, wenn die meiste Zeit des zu erwartenden Lebens vorbei ist?
Man ist sich der Vergänglichkeit von allem bewusst...

Ein Weniges - das du ja auch stets an den Beginn deiner Strophen gesetzt hast.
Aber man sollte eben das Wenige, das noch bleibt, nutzen.
Gut nutzen und sinnvoll und erfüllend.
Das ist immer leichter gesagt und leichter gewünscht als dann wirklich auch getan oder erfüllt.

Berührend ist auch die Abschlusszeile:
Zitat:

ein Weniges … zu treuen Händen.
die man Verschiedenem gleichsetzen könnte:

1. sich selbst
2. wenn man gläubig ist, dem Herrn
3. einem Menschen, der einem zur Seite steht

Das sind meine Gedanken zu deinem äußerst gehaltvollen und gelungenem
Philosophie-Gedicht.

LG Chavi

Thomas 05.04.2018 19:59

Lieber Erich,

nun hat Chavali schon alles so schön gesagt. Ich möchte trotzdem sagen, dass ich es ebenso positiv sehe. Und die Melancholi ist ja meist ein Keim für schöpferische Einfälle.

Liebe Grüße
Thomas

juli 05.04.2018 20:01

Lieber Erich,

Es klingt Wehmut, Melancholie und ein Bogen von Empfindsamkeit.
Es öffnen sich viele Bilder. Es ist ein Sinnen um die Vergänglichkeit

Fragen wie: Was bleibt noch bis zum Lebensende...

Was bleibt sind Erinnerungen. Fange dir schöne Erich.:Blume:

Und die letzte S. ist einfach wunderbar.:Blume:

Die Strophenlänge und die Sprache gleitet, es klingt warm und bei Lautlesen erschließt sich ein poetische Welt.

Liebe Grüße sy

:Blume::Blume::Blume:

Erich Kykal 05.04.2018 20:10

Hi Chavi, Thomas, Sy!

Vielen Dank für die lieben Worte des Lobes! Das Analytische hat Chavi ja schon wunderbar erledigt.

Bei dem "zu treuen Händen" dachte ich an einen Lebenspartner - vielen Dank für die potentielle Erweiterung dieser Phrase! :)

Die Zeit der Besinnlichkeit gesetzter Lebensjahre - man hat keine Eile mehr, irgendwo anzkommen, man ist dankbar für die kleinen Perlen des Alltags und des Zufalls.
Die Welt neigt sich nicht mehr einem jugendlichen Willen, der sie beugen, biegen, besiegen möchte - man nimmt, was geschieht, an und reift weiter daran mit der Geduld einer Frucht am Baume.

Nochmals Dank! :Blume:

LG, eKy


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