Gedichte-Eiland

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Dana 10.10.2012 18:29

Tränen II
 
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Er weiß nicht mehr wie Tränen schmecken,
denn echte Männer weinen nicht.
Ein jeder Schmerz und jeder Schrecken,
sie kerbten sich in sein Gesicht

wie Zeichen ein, in Stein geschlagen
und unlesbar für jedermann;
doch ihn begann die Angst zu plagen,
dass Mutter sie entziffern kann.

Sie konnte - ohne jede Trauer
sprach sie vom Mord, der keiner war;
zu spät vielleicht, denn nie genauer
hat er erfahren, was geschah.

Sie war zu alt für solche Fragen
und er schon lange nicht mehr Kind
genug, um ihr sein Leid zu klagen;
die Tränen trocknete der Wind.
.
.

Chavali 10.10.2012 18:49

Ach, liebe Dana,

was für schöne Gedichte, die von Tränen handeln, die man weinte oder auch nicht mehr weinen konnte oder wollte.
Ich las gestern von dir Tränen I und war ebenfalls begeistert, so wie auch hier.

Die Zeilen fließen und besonders durch die übergreifenden Reime spürt man das tiefe Gefühl und die Nähe
zu den Menschen, von denen die Gedichte sprechen.

Ich mag meine Interpretation hier nicht offenlegen, aber sei gewiss, dass dieses Gedicht
mich in ganz besonderer Weise anspricht.

Lediglich hier komme ich etwas ins Grübeln:
Zitat:

Sie konnte, ohne jede Trauer
sprach sie vom Mord, der keiner war;
Was konnte sie (die Mutter)?
Da bringe ich die nachfolgende Aussage nicht in Zusammenhang.
Vielleicht magst du es mir erklären?

Ein tolles Werk!

Lieben Gruß,
Chavali

ginTon 10.10.2012 19:04

hallo dana,,

ich schließe mich chavilein an, gutes Werk...es ist offen für eine vielfache Interpredationsweise
(finde aber keinen eindeutigen Ansatz) , wobei ich der dritten Strophe nicht mehr folgen kann.
Ich gehe davon aus, dass es sich um einen Mörder oder ähnlich handelt, aber echt schwer zu
sagen...

ansonsten, von der Sprachmelodei her gutes Werk,

gerne mit beschäftigt..liebe Grüße gin

Dana 10.10.2012 21:20

Liebe Chavali,

so wie das Lachen oberflächlich und innig sein kann, so sind es auch die Tränen. Die "ungeweinten" sind die schmerzhaften, weil sie unsichtbar bleiben und meist falsch interpretiert werden.

Ich habe die Betonung bei "Sie konnte" mit einem Bindestrich gezeichnet.

Er, der Sohn, fürchtet, dass Mutter die Härtezeichen (hier Ängste) in seinem Gesicht und Verhalten entziffern kann. Darin sind Ahnungen und Verbundenheiten enthalten.

Sie konnte, hat sich aber zu spät erklärt. Wieder spielen Liebe und Verbundenheiten mit ein. Das Leben wertet nicht, es wird gelebt.
Zu spät habe ich bewusst mit vielleicht begrenzt, denn oft ist der Zeitpunkt entscheident. Es liegen Welten dazwischen, ob man einem Kind oder einem Erwachsenen erzählt.


Lieber ginTon,

mir war nach tief Finsterem - wer der Mörder war, verrate ich nicht.;)
Wer hier wen schützt, soll nach wie vor frei interpretierbar bleiben.
Eine "Tragödie", in der Täter unbenannt bleiben, weil sie es selbst nicht mehr erkennen.:cool:

Ich danke euch beiden,
liebe Grüße
Dana

Falderwald 29.06.2013 18:46

Liebe Dana,

noch eine tragische Geschichte über jemanden, der nicht mehr wusste, wie Tränen schmecken.

Der Protagonist möchte sich gerne als "ganzen Kerl" sehen, obwohl die Spuren seiner Gefühle in seinem Gesicht nachzulesen sind.
Doch da ist noch die Angst, dass seine Mutter durchaus in der Lage sein würde, diese Spuren bei ihm zu finden und wie sich heraustellte, war diese Furcht nicht unbegründet.

Ab hier bedarf es allerdings einer freien Interpretation denn was wirklich geschehen ist, wird nicht ganz klar, soll es wohl auch nicht.

Es bleibt also spekulativ, denn wir wissen nicht einmal, ob es sich bei diesem "Mord" um einen echten handelt, ob er einen Menschen betraf oder eine Begebenheit, es gäbe da vielfältige Möglichkeiten, wenn man z. B. enmal das Klischee der bösen Schwiegermutter bemühen würde, die schon viel Leid über manche Familien gebracht hat.

Wie auch immer, was geschehen ist, ist geschehen, die Einsicht hätte früher erfolgen müssen.

So hat sich nun jeder auf seine Weise mit den daraus resultierenden Konsequenzen abzufinden.

Das Leben geht weiter.


Kein fröhliches Ende und deshalb steht es zurecht in dieser Rubrik, denn das kann schon traurig machen.

In diesem Sinne gerne gelesen und kommentiert. .. .:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Dana 29.06.2013 19:46

Lieber Faldi,

du hast sehr einfühlsam und treffend "gerätselt". Ein Mord muss nicht immer ein Menschenleben kosten. Ein gedrücktes, unfreies Leben kann schlimmer als der Tod sein.

In diesem Gedicht ging meine psychologische Lebensbetrachtung in grenzenlose Tiefen.
Manchmal "mordeten" Menschen und nur weil keine "Leiche" da war, wurden sie nie angeklagt. Ob eine Anklage sinnvoll wäre, bleibt eine unbeantwortete Frage.
Ich habe zu oft "Gefühlsversteinerungen" beobachtet - dabei fehlte meistens nur ein einziges erlösendes Wort.

Menschen, die nie weinen, stimmen mich meist nachdenklich - es sei denn, sie haben keinen Grund dafür.;)

Danke und liebe Grüße
Dana


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