Gedichte-Eiland

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Falderwald 15.10.2012 14:16

Lupus
 


Lupus


Das Vollmondlicht schien über Silberbrücken
gespensterhaft die Szene zu umsäumen,
als malte sich die Nacht aus Sonnenträumen
den Tag auf eines nackten Hügels Rücken.

Magie verströmte zwischen allen Räumen,
schon seufzte unter diesen Zauberstücken
des unsichtbaren Publikums Entzücken
wie hohles Wispern in den schwarzen Bäumen.

Ein Schemen trat beim Spiel der Lichtersäulen
ins Bühnenbild des schlafenden Planeten
und sang sein Lied zum Todesruf der Eulen.

Im Augenblick des schwärmenden Poeten
begann ein Schattenwolf mit hellem Heulen
die Nacht in Mondsonetten anzubeten.


Falderwald
. .. .



Erich Kykal 15.10.2012 18:12

Hi, Faldi!

WOW! Das ist mal echte Schwergewichtslyrik!!!

Stimmig und perfekt in Reimschema, Reimfolge, Metrik und Sprache!
Ein wunderschönes Sonett auf Lehrbuchniveau (für Fortgeschrittenste!), dessen Konsum beim Lesen Gänsehautschauer verursacht - nicht des Gruselns, sondern der wunderbar bildbeschwörenden Sprache wegen.

Ein in jeglicher Hinsicht ehrlich verdientes "Chapeau"!!!

Ausgesprochen gern gelesen und genossen!

LG, eKy

Cebrail 15.10.2012 22:09

Hallo Faldi,
mir gefällt hier dein Spiel mit der Sprache ausserordentlich gut.

Allein die Inversion;
"den Tag auf eines nackten Hügels Rücken."

Sehr schön.

Oder hier;
"die Nacht in Mondsonetten anzubeten."

Mondsonett wäre aus meiner Sicht auch wunderbar als Titel geeignet.

Hier triffst du wirklich einiges was ich an der Poesie mag auf den Punkt.
Die Mystik, das Spiel mit den Worten, der Protagonist der erst dann die Bühne betritt, wenn der Leser sich mitten im Szenario befindet und dann mit seinem
Auftritt den Höhepunkt der Geschichte bildet.

Gutes Kino.

Dass die Eule immer als Todesbote eingesetzt werden muss ;-).

Gerne gelesen.

Liebe Grüße
C.

Chavali 16.10.2012 16:05

Lieber Faldi,

Eulen sind das Sinnbild für Weisheit - ihre Rufe bedeuten ganz und gar nicht den Tod :o
Aber die Metapher passt hier schon, so wie alles passt, was du wieder gezaubert hast.

Wunderbar! Und mal nicht diese Zornes-Gedichte mit politischem Inhalt ;)
Kann mich Erichs und Cebis Lob nur anschließen - dieses Gedicht gehört in die allererste Reihe
der schönen Lyrik!

Lieben Gruß,
Chavali

ginTon 16.10.2012 20:55

Hallo Faldi,,

ach ja, dass ist aber Romantik pur. Gefällt mir außerordentlich gut.
Du wirst lachen, als neues Bild werde ich morgen einen Lupus posten,
noch nicht hier, da musst du dich ein wenig gedulden, aber sicher bald.

Der Todesruf der Eulen, holla, als Tierschützer müsste ich jetzt auch
dreimal überlegen, ob die Tiere der Nacht nicht insofern zu dunkel dar-
gestellt sind und auch wurden, was ja zu ihrer Verminderung schließ-
lich und endlich führte, aber ich sehe es eher vom dichterischen
Potential und freue mich das der Wolf ja nunmehr wieder erfolgreich
angesiedelt wurde..

in dem Sinne ahuuu :D liebe Grüße gin

Falderwald 25.10.2012 21:33

Entschuldigt, daß meine Antwort so lange auf sich warten ließ.
Ich versuche mich ja zu bemühen, aber ihr wisst ja...:rolleyes:
Gelesen habe ich euch aber alle schon und gefreut habe ich mich ebenfalls...:)


Servus Erich,

was soll ich dazu sagen?
Ich kann nur leicht errötend mein Dankeschön für dieses Kompliment darbieten.
Aber ein wenig stolz gemacht hat es mich auch, kommt es doch aus berufenem Munde. ;)

Dankeschön...:)


Hi Cebrail,

auch dir danke ich für deine netten Worte.

Mondsonett als Titel, mit dem Gedanken habe ich auch kurz gespielt, aber ich nehme nicht gerne Metaphern aus dem Text dafür, so daß ich das wieder verwarf, vor allem, da ich ja ein genaues Bild vor Augen hatte und der Titel eigentlich schon feststand.

Und eines muss ich dir noch sagen *lach*:

"den Tag auf eines nackten Hügels Rücken." ist keineswegs eine Inversion, sondern ein ganz konsequent angewandter Genitiv.
Der ist ja heutzutage ziemlich rar geworden und feiert gerade in diesem Text mehrfache Wiedergeburt. :rolleyes:

Zu den Eulen sage ich noch später was (s. u.) ;)

Auch dir ein Dankeschön...:)


Hi Chavi,

also zu den Eulen werde ich mich gleich noch äußern (s.u.), ok?

Nein, kein Zornesgedicht dieses Mal, aber warte mal ab.
Ich lese gerade die "Philosophie des verbotenen Wissens".
Das kann sich also ganz schnell auch wieder ändern...:D

Dankefein auch dir für das nette Lob...:)


Moin gin,

hast du den Lupus schon gepostet?

Also ich sehe mich eigentlich auch als Tierschützer, bin aber auch der mythisch dunklen Seite des Tierreichs verbunden, denn gerade daraus kann man ja manchmal die schönste Romantik ziehen, findest du nicht?

Es geht ja auch gar nicht darum, ein Tier schlecht darzustellen, sondern es wird als Metapher gebraucht und außerdem ist es ihm wohl sowieso egal. :D

Daß wieder einige Wölfe angesiedelt wurden, gefällt mir auch, solange sie nicht wieder Bären und Säbelzahntiger einführen...;)

Auch dir ein Dankeschön für dein Lob und deine Gedanken...:)


Sehr verehrte Eulenwesen,

es lag mir fern, euch besonders düster hinzustellen, aber über euch wird Dies und Das erzählt und ich habe mir nun etwas davon ausgesucht.

Ihr sollt ja Glück bringen, wenn euer Schrei in der Nähe eines Hauses einer Schwangeren ertönt, dann gibt es eine komplikationslose Geburt.
Oder wenn ihr in einen Taubenschlag flüchtet.
Im alten Griechenland hingegen galt euer Ruf als schlechtes Vorzeichen, in der Bibel gar taucht ihr nach stattgefundener Zerstörung auf.
Weit verbreitet ist auch euer Ruf als Todesbote, den ich mir dieses Mal von euch ausgeliehen habe.
Ihr seid Hexen-, Zauberer- und Teufelsvögel, denn nach einem Mythos hat sich sogar des Teufels Großmutter in eine Eule verwandelt. Na wenn das mal nichts ist.
Natürlich seid ihr als Begleiter der Athene, vor allem der Steinkauz, auch als Vögel der Weisheit bekannt, denn sogar in der Serie "Pu der Bär" taucht ihr mit Brille und Buch unter dem Flügel auf.
Aber die Inder haben eindeutig den Vogel abgeschossen, denn in Indien geltet ihr seit alten Zeiten schon als dumm, so daß ihr Name für euch ,"ullū", an einen Menschen gerichtet, schlicht und einfach Idiot bedeutet.

Nun haben wir also ein umfassendes Bild von euch schrägen Nachtvögeln.
Aber ich mag euch Vögel, denn ihr seid einfach nur schön und ästhetisch und habt so herrlich große Augen. ;)

Also nix für ungut...:)


Ich danke euch für eure Rückmeldungen und den Eulen für ihre Toleranz...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Thomas 03.11.2012 15:01

Hallo Falderwald,

ich bin mir über die Intention dieses Gedichtes sehr im Unklaren, was wohl daran liegt, dass es extrem verdichtet geschrieben ist. Auch die bisherigen Kommentare haben mir in dieser Beziehung wenig erklären können. Lediglich der Hinweis, dass der Autor gerade die "Philosophie des verbotenen Wissens" liest, (gemeint ist wohl das Buch von Konrad Paul Liessmann, welches ich nicht kenne, gibt vielleicht einen Hinweis - vielleicht. Nachdem ich nun also seit einiger Zeit ich um dieses Gedicht herum geschlichen bin, möchte ich wagen, einen Kommentar und hoffe, dass ich nicht völlig daneben liege.

Meine Annahme ist also: Der Autor versucht den emotionalen Gehalt einer philosophischen Aussage zu vermitteln, bzw. die durch die Beschäftigung mit bestimmten Ideen des "verbotenen Wissens" hervorgerufenen Gefühle zu beschreiben.

Das Sonett ruft eine Unwirklichkeit hervor "gespensterhaft, Schemen", etc., was in der Poesie an sich gar nichts Besonderes ist. Besonders ist hier, das die Unwirklichkeit sich selbst (und übe sich selbst) zu reflektieren schein. "Die Vollmondlicht-beschienene Nacht malt Sonnenträume" etc. Eine Reflektion, die schließlich sogar das Gedicht als Ganzes umfasst, wenn am Schluss herauskommt, dass das "Mond"-Sonett durch den nicht existenten, eben den "Schattenwolf" geheult wird – und das für für ein nichtexistentes Publikum.

Der Autor mutet meiner Meinung nach dem Leser etwas zu viel zu. Denn ich könnte, wie bereits erwähnt, trotz redlichem Bemühen total daneben liegen. Meiner Meinung nach, sollte bei aller Dunkelheit und erlaubten, ja gewünschten Verschleierung in der Poesie der Leser die Chance haben, die wesentliche Intention des Autors zu erfahren. Das ist nur meine Meinung und vielleicht gibt es Gedanken und Erfahrungen, welche das nur sehr schwer möglich machen, zumal in einer sehr strengen Form, wie sie das Sonett nun einmal ist.

Liebe Grüße
Thomas

Falderwald 07.11.2012 19:10

Moin Thomas,

also erst mal vorweg, die "Phillosophie des verbotenen Wissens" spielte in Bezug auf diesen Text keine Rolle.

Dies war nur eine humorvoll angedachte Antwort auf Chavalis Feststellung, daß dies endlich mal wieder kein Zornesgedicht sei, worauf ich zustimmte, aber gleichzeitig anmerkte, daß ich das o. a. Buch gerade lese und sich das auch schnell wieder ändern könne. ;)

Aber da du ja unbefleckt durch dieses Buch bist ;), macht das überhaupt nichts für deinen weiteren Kommentar.

Zitat:

Meine Annahme ist also: Der Autor versucht den emotionalen Gehalt einer philosophischen Aussage zu vermitteln, bzw. die durch die Beschäftigung mit bestimmten Ideen des "verbotenen Wissens" hervorgerufenen Gefühle zu beschreiben.
Über das "verbotene Wissen" sprachen wir ja bereits.
Trotzdem will ich gerne darauf eingehen, denn vielleicht ist ja doch unterbewusst etwas von meiner derzeitigen Lektüre mit eingeflossen.
Denn die Szenerie des Textes entwickelt sich aus einer dunklen Perspektive und das Thema des Buches betrachtet und erörtert schwerpunktmäßig eben die dunklen Seiten des Menschseins.
Sehr interessant übrigens, Herr Ließmann erhebt den Anspruch, Nitzsches Philosophie weiter geführt zu haben.
Ich kann zwar nicht beurteilen, ob ihm das gelungen ist, aber es ist sehr interessant und im Nachhinein escheinen mir einige Passagen aus "Zarathustra" in einem ganz anderem Lichte, der dieses Buch in ein völlig anderes, nie gekanntes Gewand kleidet. Das schnappe ich mir als nächstes noch einmal.

Zitat:

Das Sonett ruft eine Unwirklichkeit hervor "gespensterhaft, Schemen", etc., was in der Poesie an sich gar nichts Besonderes ist. Besonders ist hier, das die Unwirklichkeit sich selbst (und übe sich selbst) zu reflektieren schein. "Die Vollmondlicht-beschienene Nacht malt Sonnenträume" etc. Eine Reflektion, die schließlich sogar das Gedicht als Ganzes umfasst, wenn am Schluss herauskommt, dass das "Mond"-Sonett durch den nicht existenten, eben den "Schattenwolf" geheult wird – und das für für ein nichtexistentes Publikum.
Ja, das ist richtig.
Die Szene wird vorbereitet, um den Leser in eine "unwirkliche Wirklichkeit" zu entführen.
Die ersten zwei Quartette bleiben hauptsächlich beschreibend.

Es geschieht in einer Vollmondnacht.
Eine Wolke gibt nach und nach den Himmel frei und das Vollmondlicht erhellt einen nackten Hügelrücken.
Mit Hilfe des vom vollen Mond reflektierten Sonnenlichtes schafft die Nacht sich einen tagähnlichen Zustand, das sind die Sonnenträume, denn die Szene findet ja auf der sonnenabgewandten Seite statt.

Im zweiten Quartett entfaltet sich eine Magie in der Szene, denn die Bäume, zwar erst in der letzten Zeile erwähnt, lassen auf einen Wald schließen. Nur die sich im leichten Wind wiegenden und rauschenden Baumwipfel sind vor dem Hügel zu erkennen und in diesem Wald befinden sich unzählige unsichtbare Zuschauer, Rehe, Füchse, Vögel und was alles sonst noch in der Lage ist, eine solche Szenerie zu erfassen und natürlich nicht zuletzt der Beobachter und Erzähler selbst.
Sie alle bleiben unsichtbar, sind aber zweifellos existent.

Im ersten Terzett geschieht die erste Aktion.
Es mutet wie ein Trugbild an, ein Schemen tritt in Erscheinung, man kann es noch nicht genau erkennen, aber etwas zeigt sich dort auf dem erleuchteten Hügelrücken.

Im zweiten Quartett erfahren wir, daß ein Poet diese Szene beobachtet und plötzlich in dem Schemen einen Schattenwolf erkennt.
Das kann man sich vorstellen wie einen Scherenschnitt, also nur ein schwarzer Umriss.
Dieser Wolf erhebt den Kopf Richtung Vollmond und beginnt ihn anzuheulen.
Das ist natürlich nur ein Klischee, denn das nächtliche Heulen des Wolfes hat ja einen ganz anderen Hintergrund, nicht aber für den Poeten, der etwas ganz anders dort hinein interpretiert.
Sein Fazit: Wäre er der Wolf, würde er den Mond mit Mondsonetten verehren.
Also sieht er in ihm den tierischen Kollegen, der das so praktiziert.
Und deshalb steht es auch in dieser Rubrik.


Das war einfach die Idee dahinter.

Ich stellte mir hinter einem schwarzen Wald einen kahlen Hügelrücken vor, auf den der Vollmond hoch oben vom Himmel herunterleuchtet und auf dem ein den Mond anheulender Wolf steht. Auch nur ein Klischeebild.
Das habe ich versucht in Metaphern zu beschreiben.

Dabei habe ich noch ziemlich gewöhnliche Reime verwendet, denen ich aber ein neuen Anstrich verleihen wollte.

Ich habe also mehrere Klischees, auch das Bild der Eule als Todesbote, hier verwendet und das alles in ein poetisches Gewand gekleidet, was ich versucht habe, mit einer gehobenen Sprache zu stricken.

Vielleicht war die Idee zu gut versteckt, ich kann das leider als Urheber nicht beurteilen.

Aber zumindest konnte ich meine Intentionen widergeben.


Ich danke dir ganz herzlich für deinen Kommentar und die Auseinandersetzung mit dem Text. Deine Kritik hat mir zu denken gegeben...:)


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

Dana 27.11.2012 19:31

Lieber Faldi,
gelesen habe ich schon viele Male (auch vorgelesen bekommen ;)) - aber ein offizielles Lob stand noch aus.

Für mich hat es eKy sehr treffend ausgedrückt: Gänsehautschauer beim Lesen.

Ein zauberhaftes Sonett!

Ich weiß nicht mehr wann und wo ich solche "Vollmond-Wolf-Bilder" gesehen habe. Es können alte Märchenbücher gewesen sein, Wandteppiche in Stuben oder große Gemälde in großen Wohzimmern oder gar Herrenhäusern.
Ich habe sie damals schon fasziniert betrachtet und jetzt kamen sie alle wieder.

Diesmal umrahmt von einer schönen, bildreichen und total lyrischen Sprache.
Ich bin wieder fasziniert.:)

Liebe Grüße
Dana

Gert-Henrik 28.11.2012 17:28

salve Faldi :)

Ein Sonett in der Idealform, wenn ich das so lese - macht Spaß. Es ist hier schon viel getippt worden, da fiele mir nichts weiteres ein - daher zur Info für Dich, aus dem mE immer wieder empfehlenswerten Lexikon der Tiersymbolik von Clemens Zerling und Wolfgang Bauer zum Lupus: ..."Grundbedeutungen: die lebensbedrohenden und für Ausgleich sorgenden Kräfte der Natur; natürliche (naturhafte) Bedingungen und Ressourcen, die wir - umgeformt - nutzen können "...

LGv
Lipiwig


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